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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel
Autoren: Ellis Peters
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gingen Abt Heribert und Prior Robert und unterhielten sich leise. Es bedrückte sie, daß morgen ein Mensch sterben sollte, aber sie konnten nichts dagegen unternehmen. Zwei junge Männer hatten sich in bitterer Feindschaft den Tod geschworen. Wenn beide die Bedingungen für einen Kampf erst einmal angenommen hatten, gab es kein Zurück mehr; über den Verlierer hatte der Himmel seinen Urteilsspruch gefällt. Falls er das Schwert überlebte, wartete der Galgen auf ihn.
    »Ihr könnt mich einen Narren nennen«, schlug Hugh Beringar freundlich vor, »wenn Euch das Erleichterung verschafft.«
    Seine Stimme hatte immer noch ihren leichten, spöttischen Beiklang, aber Cadfael ließ sich nicht täuschen.
    »Gerade für mich ziemt es sich nicht, Euch zu tadeln oder zu bemitleiden«, antwortete er. »Was Ihr getan habt, tut mir nicht einmal leid.«
    »Sprecht Ihr als Mönch?« fragte die sanfte Stimme, in der ein Lächeln nur so eben mitschwang.
    »Ich spreche als Mann! Der Teufel soll Euch holen!«
    »Ich habe Euch wirklich gern, Bruder Cadfael«, sagte Hugh herzlich. »Ihr wißt so gut wie ich, daß Ihr an meiner Stelle dasselbe getan hättet.«
    »Das hätte ich nicht! Ich hätte mich nicht auf das undeutliche Gefühl eines alten Toren verlassen, den ich kaum kannte! Was würdet Ihr wohl sagen, wenn ich unrecht gehabt hätte?«
    »Aber Ihr hattet doch recht! Er ist der Mörder – ein Doppelmörder sogar! Hat er nicht ihren armen feigen Bruder genauso gemein dem Tode überantwortet, wie er Faintree erdrosselte? Vergeßt übrigens nicht, daß Aline von dieser Sache nichts erfahren darf, bis alles vorbei ist – so oder so.«
    »Wenn sie mich nicht fragt, werde ich ihr nichts sagen. Aber glaubt Ihr nicht, daß sich die Nachricht jetzt schon verbreitet hat?«
    »Das mag wohl sein, aber ich hoffe, daß sie schon lange schläft, und daß sie nichts davon erfährt, bis sie morgen um zehn Uhr zum Hochamt geht. Und wer weiß – bis dahin könnte alles schon entschieden sein.«
    »Und Ihr werdet jetzt auf Euren Knien Nachtwache halten und Euch mit Selbstzweifeln und Gebeten erschöpfen, noch bevor der Kampf beginnt?« fragte Bruder Cadfael sarkastisch. Er mußte dem Schmerz, den er verspürte, irgendwie Luft machen.
    »Nein, so dumm bin ich nicht«, sagte Beringar tadelnd und drohte seinem Freund mit dem Finger. »Schämt Euch, Cadfael!
    Ihr seid ein Mönch und könnt Gott nicht vertrauen, daß er Gerechtigkeit walten lassen wird? Nein, ich werde zu Bett gehen, gut schlafen und erfrischt aufstehen. Aber ich nehme an, daß Ihr die Nacht damit verbringen werdet, ein gutes Wort für mich im Himmel einzulegen.«
    »Nein«, erwiderte Cadfael mürrisch, »ich werde schlafen und erst aufstehen, wenn mich die Glocke weckt. Soll ich etwa weniger Gottvertrauen haben als ein mißratener Heide wie Ihr?«
    »So gefallt Ihr mir, Cadfael! Und doch könntet Ihr Gott bei Frühmette und Laudes das eine oder andere Wort zu meinen Gunsten zuflüstern«, gab Beringar zu. »Wenn er seine Ohren vor Euch verschließt, hat es ohnehin keinen Sinn, daß wir anderen uns die Knie wund scheuern.« Er beugte sich hinunter und berührte mit der Hand ganz leicht Cadfaels Tonsur, als wolle er ihn segnen. Dann gab er seinem Pferd die Sporen, grüßte den Abt im Vorbeireiten mit einer ehrerbietigen Verbeugung und verschwand im Dunkel der Nacht.
    Gleich nach der Prim erschien Bruder Cadfael beim Abt.
    Heribert schien nicht sehr verwundert über die Bitte, die er vorbrachte.
    »Vater, ich war es, der Hugh Beringar in dieser Sache geholfen hat. Meine Nachforschungen haben die Beweise zutage gefördert, auf die sich seine Beschuldigungen stützten. Daher erbitte ich von Euch die Erlaubnis, dem Kampf beiwohnen zu dürfen. Ganz gleich, ob ich ihm helfen kann oder nicht – ich muß dort sein. Ich darf meinen Freund jetzt nicht im Stich lassen.«
    Der Abt seufzte. »Auch mich hat diese Angelegenheit sehr aufgeregt«, sagte er. »Der Entscheidung des Königs zum Trotz kann ich nur beten, daß der Kampf nicht auf Leben und Tod ausgetragen wird.« Und ich, dachte Cadfael niedergeschlagen, wage nicht einmal dafür zu beten. Der Sinn dieses Gottesurteils ist es ja in diesem Fall, einen Menschen zum Schweigen zu bringen. »Sagt mir:« fuhr Heribert fort, »verhält es sich wirklich so, daß Courcelle diesen armen jungen Mann ermordet hat, den wir in der Kirche begraben haben?«
    »Ja, Vater, es kann keinen Zweifel daran geben. Er allein hatte den Dolch, und nur er kann den
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