Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Broken (German Edition)

Broken (German Edition)

Titel: Broken (German Edition)
Autoren: Amanda Kyle Williams
Vom Netzwerk:
Unwetters, hatte man mir immer gesagt.
    Ich wartete mit hämmerndem Puls, dann schob ich mich hoch, spähte hinein. Und wäre fast hintenübergefallen.
    Da war er. Mr.  R . Sein Gesicht leuchtete im tanzenden Schein von Geburtstagskerzen. Er trug einen glänzenden Hut aus Goldfolie, mit rosafarbenen und blauen Ballons darauf. Unter dem Hut war sein Schädel geschoren. Auf dem großen Kopf wirkte der Kinderhut winzig. Das Gummiband grub sich in sein Kinn. Er saß zwischen Miki und Officer Jacobs. Sein Mund bewegte sich. Sein Gesichtsausdruck war ärgerlich, seine Hände gestikulierten, als würde er streiten.
    Der Schiedsrichter , begriff ich. Der Schiedsrichter bei dem Baseballspiel, der den Trainer angeschrien hatte, der Mann, der den Staub von seiner Mütze geklopft hatte und wütend davongestürmt war.
    Eine geballte Faust knallte auf den Tisch. Ich sah Mikis Körper zusammenzucken. Er beugte sich ganz dicht zu ihr und schrie etwas, das ich nicht verstehen konnte. Ihre Augen waren glasig vor Angst.
    Ich schaute zu dem Tisch hinüber, eine 9-mm lag neben den knallbunten Papptellern und Servietten, die passend zu den Partyhütchen mit kleinen rosafarbenen und blauen Ballons bedruckt waren, es waren fast genau die gleichen wie die auf den Tatortfotos von seinem achten Geburtstag.
    Er griff nach einem Messer, und ich erstarrte. Er schnitt ein Stück von der Torte ab, fing an, es mit den Händen zu essen, es grotesk zu verschlingen, als wäre er halb verhungert, das breite Gesicht erstarrt zu einer Maske der Trauer. Tränen liefen ihm über die Wangen, als er sich vorbeugte, um die Kerzen auszupusten. Wangen, Mund und Hemd waren mit Zuckerguss und Kuchen beschmiert, die Zähne mit blauer Lebensmittelfarbe verfärbt. Er packte Mikis Haare am Hinterkopf und riss sie nach hinten. Zum ersten Mal bemerkte ich das getrocknete Blut auf ihrem Gesicht, die dunkle Prellung an ihrem Wangenknochen und ums rechte Auge. Wie lange quälte er sie schon? Ich sah zu Officer Jacobs hinüber. Er schaute in meine Richtung, aber seine Haut war sehr blass, und seine Augen wirkten blicklos. Er war verletzt, erkannte ich. Anders wäre Richards nie an ihm vorbeigekommen.
    Richards brüllte wieder irgendwas, aber bei dem Unwetter konnte ich ihn durch die Glasscheibe nicht verstehen. Er griff nach der Pistole. Ich musste da rein.
    Ich rannte zurück unter die Veranda vor dem Schlafzimmer und zog eine Schubkarre aus dem Hohlraum darunter. Überall in der Stadt heulten Alarmsirenen in jeder Tonhöhe – Krankenwagen und Polizeiwagen, Tornadowarnungen. Das Gewitter musste irgendwo in der Stadt ein Chaos verursacht haben. Ich hoffte, dass Rauser mich gehört hatte. Ich hoffte, dass einige Cops auf dem Weg hierher waren. Aber ich konnte nicht warten. Richards hatte angefangen zu weinen – sein Ritual, sein Loslassen. Er würde sie töten.
    Ich stieg auf die Schubkarre und sah das Blut, das in mein Hosenbein gesickert war, aber ich spürte jetzt keinerlei Schmerz. Stresshormone, Training, Instinkt, alles zusammen leistete mir gute Dienste.
    Ich packte die Brüstung der Veranda, schloss die Augen gegen den prasselnden Regen und zog mich hoch. Die Fliegentür war arretiert. Ich schlug das Fliegengitter heraus, hob den Haken aus der Öse und stieß die Holztür auf. Der Wind toste. Und ich wusste, dass sich der Druck im Haus verändert hatte. Richards würde wissen, dass irgendwo eine Tür geöffnet worden war. Ich ließ sie offen, hoffte, er würde denken, es war bloß der Sturm. Vielleicht würde er nachschauen kommen.
    Ich blieb stehen, lauschte. Kein Weinen. Kein Toben. Kein Laut, der zu der widerwärtigen Szene passte, die ich durchs Fenster gesehen hatte. Richards’ perverse Geburtstagsparty mit Tellerchen und Servietten und Torte und spitzen Hütchen mit Gummiband war verstummt.
    Ich streifte meine nassen Schuhe ab und schob sie unters Bett, wartete zitternd hinter der Schlafzimmertür. Ich wog meine Chancen ab. Richards war ein kräftiger Bursche. Körperlich konnte ich es nicht mit ihm aufnehmen. Er hatte seine 9-mm und die Dienstwaffe von Officer Jacobs. Ich schloss die Augen, atmete tief aus, um mich zu beruhigen, wartete.
    Fünf Sekunden, zehn, fünfzehn. Nichts.
    Ich trat um die Tür herum und schlich den Flur hinunter, machte auf dem knarrenden Parkett einen großen Schritt über ein altes Lüftungsgitter im Boden. Meine Kleidung war schwer und tropfnass. Ich schaute in das Gästezimmer. Die Bettdecke war halb runtergerissen. Er hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher