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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger
Autoren: Will Berthold
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werden soll, nach dem Krieg?«
    »Be … be … Ich war betrunken, Sturmbannführer.«
    »Standartenführer, seit heute … Wieviel haben Sie getrunken?«
    »Einen halben Liter Schnaps … Standartenführer.«
    »Und vertragen tun Sie auch nichts …«Er nickt. »Daß Sie etwas gegen mich haben, nehm' ich Ihnen nicht übel«, versetzt Dirlewanger, »aber daß Sie an unserem Endsieg zweifeln, das ist Verrat, Defätismus! … Was steht darauf?« dreht er sich zu Kordt um.
    »Der Tod«, entgegnet der Junge sofort.
    »Erraten«, sagt der Chef des Sonderkommandos und geht ein paar Schritte auf und ab, lächelt dabei seinen Gästen zu. »Und Sie haben dem Kerl zugestimmt? … Sie sind doch auch dafür, daß man mich hängt?«
    »Nein, Sturmba … Standartenführer«, verbessert sich der Junge, wie gerädert von der Angst.
    »Daß Sie mir einen Strick um den Hals legen wollen, verzeih' ich Ihnen«, erwidert Dirlewanger launig, »aber daß Sie viermal danebenschießen, dafür gibt es kein Pardon … Kommen Sie, meine Herren …«, winkt er seinen Gästen und Günstlingen zu, »machen wir einen kleinen Spaziergang zum Appellplatz …« Er nimmt einen Wehrmachtsoberst beiseite und kommentiert: »Ein altes Steckenpferd von mir … Truppenführung, angewandte Psychologie … Passen Sie mal auf, wie wir solche Dinge hier erledigen.«
    Der rundliche Müller folgt den Burggendarmen willig. Kordt muß erst mit einem Fußtritt zur Raison gebracht werden. Er sieht wie tot aus, als er den Stehbunker erreicht.
    »So …«, sagt Dirlewanger, »und jetzt werden wir Ihre Wehrkraft etwas heben.« Er lacht und deutet auf Kordt. »Los, ausziehen!« fährt er ihn an.
    Wenigstens nicht Erschießung, denkt der Junge und reißt sich beflissen die lumpigen Klamotten vom Körper. Alles ist besser als das, überlegt er, während sie ihn auf dem Bock anschnallen.
    »Ich verurteile Sie lediglich zu fünfundzwanzig«, sagt Dirlewanger sachlich, »meine Beförderung ist Ihr Schwein …« Er läßt sich die Peitsche geben und reicht sie Müller. »Mal sehen, wie es mit Ihrem Mumm steht«, sagt er. »Sparen Sie mit nichts, mein Lieber.« Er lacht albern. »Stellen Sie sich vor, ich wäre das.« Er deutet auf den angeschnallten Kordt. »Wenn Sie Ihre Sache ordentlich machen«, setzt er hinzu und poliert seine Toleranz, »lasse ich noch einmal Gnade vor Recht ergehen, und Sie kommen mit Bau davon …«
    Müller begreift. Er holt weit mit der Lederknute aus. Kordt muß laut mitzählen. Er kommt bloß bis sieben. Aber jeder im Waldlager hört das entfesselte Geschrei, spürt entfernt die Schläge auf seinem Rücken, nummeriert sie, zieht den Kopf ein, fragt sich, ob der Junge die anderen achtzehn überlebt. Bei acht geht Kordts Geheul in Wimmern über. Bei vierzehn ist er bewusstlos und röchelt.
    »Nur weiter so«, sagt Dirlewanger zu Müller, »bin zufrieden mit Ihnen … bis jetzt …« Er wendet sich an einen der Burggendarmen: »Schmeißt ihn hernach in den Bau … bis auf weiteres …«
    Kordt wimmert wieder, und Müller holt aus, so fest er kann. Weder ist er ein Sadist, noch will er sich an dem Kumpel rächen, aber er kämpft wieder um sein Leben.
    Jeder gegen jeden, das ist hier System, das bricht das Rückgrat, das macht Menschen zu Tieren.
    Dabei wertet jeder im Lager es als einmaligen Glücksfall, daß Dirlewanger die beiden nicht auf der Stelle hängen ließ. Die Beförderung, denken die Männer. Befördert wird der Standartenführer nicht alle Tage, aber geprügelt, erschossen und gehängt wird hier siebenmal in der Woche …
    Mitten in der Nacht reißt sie der Pfiff von ihren Strohlagern hoch. Alarm! Ausrücken! Rufe schwirren durcheinander. Die Vollzähligkeit wird gemeldet.
    Paul Vonwegh führt den ersten Zug. Sie marschieren stundenlang. Durch Wald. Über Schneefelder. Der neue Tag bricht an. Fahl und unlustig. Irgendwo am Horizont steht eine Rauchsäule. Schwächlich bricht die Sonne durch. Der erste Zug kommt näher.
    Neben dem Haus liegt eine Mutter und hält zärtlich ihr Kind im Arm. Mutter und Kind sind tot. Genickschuss. Der zweite Zug ist schon vorher durchgekommen.
    Ausschwärmen nach links. Sumpf. Gefroren. Einer hinter dem anderen. Beschuss.
    »Volle Deckung!« befiehlt Paul Vonwegh.
    Erste Feindberührung. Scharfschützen. Sie müssen hindurch.
    Paul Vonwegh steckt im Sumpf wie im Dilemma: Ist er an der Spitze, wird er von hinten umgelegt; hält er sich am Schluß seiner Lumpeneinheit auf, geht keiner nach
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