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Bride 03 - Die Entfuehrte Braut

Bride 03 - Die Entfuehrte Braut

Titel: Bride 03 - Die Entfuehrte Braut
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Zeugen seines Todes sein würden - aber dadurch wurde das Ganze auch sehr viel schmerzlicher.
    Während sie auf die Tür zugingen, durch die jeder Verurteilte hindurch musste, hörte Gavin die Menge. »Sieben, acht, neun ...« Sie zählten die Schläge der Turmuhr.
    Beim zwölften Schlag, genau um zwölf Uhr mittags, trat Gavin mit seinen Bewachern aus dem Gebäude am Fuß des Schafotts. Dort standen zwei Reihen von Konstablern, die einen Gang durch die Menge absicherten. Vor Gavin tat sich die größte Menschenansammlung auf, die er je gesehen hatte. Bei seinem Anblick brüllte die Menge, bis die Fensterscheiben klirrten. Während er die Stufen zum Schafott emporstieg, spürte er, wie Wellen von barbarischer Vorfreude und krankhafter Neugier von der Menge ausgingen.
    In jedem Fenster der umliegenden Häuser waren die fröhlichen Gesichter der Leute zu sehen, die für eine gute Aussicht auf die Hinrichtung eine hübsche Summe bezahlt hatten. In der Menge waren Diebe, Arbeiter, betrunkene junge Burschen, Väter, die Kinder auf den Schultern trugen, und kleine Geschäftemacher, die ihre Karren an den Hauswänden abgestellt hatten und jetzt von den Schaulustigen, die sich darauf stellen wollten, einen hohen Preis verlangten.
    Einer der Polizisten sagte zu Gavin: »Bei einer Hinrichtung in Tyburn brach einmal ein solcher Aussichtsstand zusammen, und ein Dutzend Menschen wurden getötet. Der Verurteilte starb bei dem Anblick mit einem Lächeln auf den Lippen.« Das konnte Gavin gut verstehen.
    Auf dem Schafott waren der Vorsteher des Towers, der Gefängnisdirektor von Newgate, der Henker und sein Helfer sowie der grimmig blickende Lord St. Aubyn versammelt. Als Lordkanzler hatte St. Aubyn darauf hingewiesen, dass die Beweislage keineswegs eindeutig war. Aber es hatte nichts genützt. Jetzt musste er einem Urteil vorstehen, mit dem er nicht einverstanden war.
    Der Vikar war ebenfalls anwesend. »Wollen Sie mit mir beten, Lord Seabourne? Auch wenn Sie nicht möchten, ich werde es auf jeden Fall für Sie tun.«
    Dieses Mal nickte Gavin. Was letzte Nacht nicht so wichtig war, schien jetzt ein guter Einfall zu sein. Zwei schwarze Kissen wurden geholt, und er und der Vikar knieten sich hin und beteten gemeinsam. Gavin ging schon lange nicht mehr in die Kirche, aber sein Großvater hatte ihm beigebracht, getreu gewisser Prinzipien zu leben. War das genug gewesen? Er hoffte es, weil er immer der Überzeugung gewesen war, dass die Taten eines Mannes mehr zählten als seine Worte. Wenn er kein gutes Leben geführt hatte, würde Reue in der letzten Minute seine Seele auch nicht retten können.
    Als Gavin sich wieder erhob, merkte er, dass die Angst von ihm Besitz ergriffen hatte. Sie drückte sich körperlich aus. Sein Puls raste, seine Atmung war schneller, er hatte das Bedürfnis, körperlich aktiv zu sein — dies waren alles Reaktionen, die ihm im Kampf nützlich gewesen wären. Jetzt machten sie es ihm nur noch schwerer, ruhig zu bleiben.
    Während man ihm die Hände auf den Rücken fesselte, hoffte er nur, sich nicht zu blamieren. Wenn ihm auch nur noch der Tod blieb, so wollte er wenigstens aufrecht sterben.
    St. Aubyn sagte: »Möchten Sie noch ein paar letzte Worte sagen, Lord Seabourne?«
    Gavin hatte eigentlich schweigen wollen, aber jetzt hörte er sich sagen: »Möge Gott die Unschuldigen vor Unrecht schützen.«
    St. Auby n nickte mit zusammengepressten Lippen.
    »Die Kapuze, Mylord?«
    Gavin hätte das Angebot des Henkers beinahe abgelehnt. Er wollte sich nicht die Sicht auf den bleichen Herbsthimmel und die vorbeiziehenden Wolken nehmen lassen. Aber als er die gierigen Blicke der Menge sah, nickte er und ließ sich die Kapuze aufsetzen. Wenn ihm die Angst am Ende das Gesicht verzerren sollte, würde es wenigstens niemand sehen.
    Obwohl die Kapuze recht weit war, hatte er das Gefühl zu ersticken, als er nichts mehr sah. Nun war er bereits eines Sinnes beraubt. Noch konnte er hören. Das Pulsieren seines Blutes übertönte die Blutrünstigkeit der Menge. Er besann sich der Disziplin des Geistes und der Gefühle, die er von Suiyo erlernt hatte, als er die Kampfkunst der Inseln studierte. Es gelang ihm, sich loszulösen, und ein gewisser Frieden kehrte in seinem Herzen ein. Alle Menschen mussten sterben; er war dem Tod mehr als einmal entkommen, und nun war eben seine Zeit gekommen. Dann möge es eben so sein.
    Als die Schlinge um seinen Hals gelegt wurde, spürte er, wie kratzig der Strick war. Er fragte sich, ob der
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