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Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente
Autoren: Markus Heitz
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damit er nicht von den schweren Trümmern getroffen wurde. Die Kammer lag frei. »Verzeih ihnen. Ist meine Schuld.« Er ging nach vorn und zog die Bahre heraus, auf der Lakastras verweste Überreste ruhten. Von ihrer Loche und den Kleidern war kaum mehr etwas übrig. Er betrachtete den Kadaver, dann schob er ihn zurück. »Wo ist Amulett?«
    Pashtak war noch viel zu aufgebracht, um klar zu denken. Er wischte sich den Staub vom Kopf, schüttelte sich, um ihn aus dem linken Ohr zu bekommen. »Ihr seid
    Der Nicti machte einen Schritt auf ihn zu, die Augen wurden schlagartig zu gelben, leuchtenden Kugeln* »Das Amulett! Wo?«, verlangte er drohend zu wissen.
    Pashtak knurrte und duckte sich kampfbereit, die Linke griff nach dem Kurzschwert. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.« Wieder eine Lüge aus seinem Munde, denn er erinnerte sich genau an das Schmuckstück, das sie ihm kurz vor ihrem Tod gezeigt hatte. Und er erinnerte sich, wer es nun um den Hals trug. So gab er sich absichtlich unfreundlich und enthielt sich jeder Höflichkeit, in der Hoffnung, Simar damit ablenken zu können.
    Der Nicti beugte sich nach vorn und fauchte ihn an; sein
    Gesicht verzerrte sich zu einer unheilvollen Fratze, die selbst
    bei Pashtak Schrecken verbreitete. Dann schloss er die Eckzähne wieder hinter den Lippen ein und richtete sich auf. Die Wildheit verflog. »Ich entschuldige mich«, sprach er mühsam und peinlich berührt. »Ist wegen ... Wichtigkeit für uns. Ist ein Geschenk von ...« Er suchte nach einem Ausdruck oder einem Namen. »Heilig«, wich er aus, »ist heilig für uns.«
    »Und was wollt ihr damit?« Pashtak blieb angespannt, nahm die Finger noch nicht von der Waffe.
    »Es haben. Wollen es verehren, wie wir sie verehrt hätten, wenn noch lebendig.« Simar senkte den Kopf. »Ist es erlaubt, Lakastre zu nehmen? Sie ist eine von uns.«
    Was hat das nur wieder zu bedeuten? Pashtak schüttelte den Kopf. »Erklär es mir, Simar.«
    »Eine von uns. Eine Nicti.«
    Er gestand es sich ungern selbst ein, aber er verstand immer weniger. Er musste dringend nachdenken, und dazu benötigte er Zeit. Und Estra, die ihm mehr über ihre Mutter erklären müsste. »Das kann ich nicht allein entscheiden. Darüber muss abgestimmt werden.« Er war nicht stolz auf seine einfallslose Notlüge und wunderte sich umso mehr, dass Simar einwilligte, auf die Entscheidung zu warten.
    »Danke. Sind glücklich, Ammtara gefunden zu haben«, sagte er bewegt. »Viele Gefühle, starke Gefühle. Wird Heimat freuen und viele hierher führen.« »Viele!« Pashtak hatte so etwas beinahe befürchtet. »Zehn Schiffe nur Anfang«, nickte Simar. »Haben Kontinent um Kontinent untersucht. Niemals gedacht, dass es sie hier gibt, auf Land mit Abtrünnigen. Wird neue heilige Stätte von Nicti, wenn Ammtara wieder errichtet ist wie von Lakastre vorgesehen.« Er kratzte sich über der Augenbraue. »Ihr zu sehr von eurem Glück benommen, nicht wahr? Ich sehe das.«
    »Glück mag man es nicht nennen«, grummelte Pashtak.
    Simar hatte inzwischen gemerkt, dass er über die Köpfe derer hinweg entschied, welche die eigentlichen Bewohner waren. »Ihr seid auch heilig. Von Lakastre geführt und berührt«, versicherte er rasch. »Es wundert uns, dass ihr euch nicht freut. Ganz, ganz hohe Ehre!«
    Es wurde allerhöchste Zeit für eine Einberufung der Versammlung. Pashtak lächelte in die Runde der verzückten Nicti, die seine Vorbehalte gar nicht verstanden. »Wir beraten noch darüber, ob wir uns freuen«, sagte er beschwichtigend und sah eine Invasion von Pilgern vor sich, die sich in die Straßen Ammtaras ergossen. »Ich lasse es euch wissen, wie wir entschieden haben.« Er schritt zum Ausgang. Nein, er vermochte es beim besten Willen nicht, sich über derart viel Heiligkeit zu freuen. Die Nicti blieben im Mausoleum zurück und knieten erneut vor der Grabkammer Lakastras nieder.
    »Boktor«, traf Pashtak die Stimme Simars in den Rücken. »Sie hatte Mann. Hatte sie auch Nachkommen?«
    »Ich ... muss weg. Wir reden morgen weiter.« Er eilte hinaus. Noch eine Lüge aus seinem Mund ... Ihn beschlich die Ahnung, dass er in nächster Zeit zum Schutz der Stadt und ihrer Bewohner noch viele Male die Unwahrheit würde sagen müssen.

    Kontinent Ulldart, Königreich Tarpol, 81 Warst östlich von Granburg, Winter im Jahr 1/2 Ulldrael des Gerechten (460/461 n.S.)
    Waljakov kehrte aus dem Haupthaus des Gehöftes zurück, während Stoiko und Lodrik ungeduldig im Schlitten gewartet hatten.
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