Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
mich in Ruhe«, sagte er unfreundlich und drehte sich absichtlich weg von ihr. »Geh zu Lorin und lacht gemeinsam
    über mich.«
    Stroh raschelte, sie näherte sich ihm, dann hei ihr Schatten über ihn. »Mach es mir nicht schwerer, als es mir ohnehin
    fällt«, bat sie ihn leise.
    »Es gibt nichts mehr zu bereden«, wies er sie ab.
    »Du hast etwas gesehen und es dir zurechtgelegt, wie es deine eifersüchtigen Augen sehen wollten. Aber es ist nicht so.« Er spürte eine vorsichtige Berührung an der Schulter. »Ich brauche dich, Tokaro«, raunte sie.
    Ihr verzweifelter Unterton machte ihn stutzig.
    Gegen alle Vorsätze wandte er sich um und schaute sie an. Sie sah schlecht aus, müde und abgekämpft; unter den Augen lagen tiefe Schatten, und sie hatte an Gewicht verloren.
    »Du solltest mehr essen«, empfahl er rau.
    Sie schluckte. »Ich... verändere mich. Seit das Amulett zerbrochen ist, verändere ich mich. Als wäre etwas in mir aus seinem Schlummer erwacht... Es reckt sich, dehnt sich aus und stößt unaufhaltsam in mich vor.« Estra hielt ihre Hand hoch. Sie wirkte knöchern, sehnig, und die Fingernägel bogen sich.
    »Du hast die Zeichen gesehen. Und ich weiß, was aus meiner Mutter geworden ist. Was sie benötigte, um zu überleben.« Plötzlich schössen ihr die Tränen in die Augen, perlen gleich liefen sie die Wangen hinab. »Ich habe Angst. Schreckliche Angst.«
    »So zu werden wie sie?«, fragte er und setzte sich auf. Alle schlechten Empfindungen ihr gegenüber schwanden, weil er ihre Qual spürte.
    »Ja. Ich will kein mordendes Wesen sein.« Sie schluchzte
    und hielt sich die Hände vor das Gesicht. »Und ich will nicht, dass es zwischen uns so endet wie zwischen Nerestro und meiner Mutter.« Mit einem Mal weinte sie bitterlich. Tokaro überwand alle mahnenden Stimmen in sich. Die Zuneigung zu Estra war zu groß, und so nahm er sie in die Arme, drückte sie an seinen nackten Oberkörper und bot ihr den Halt, den sie suchte. Bei ihm suchte und nicht bei Lorin.
    Als er ihre Wärme spürte, fühlte er sich seit langer, langer Zeit wieder glücklich, doch irgendwo in seinem Verstand erklang die zweifelnde Stimme wie eine leise Glocke in stiller Nacht.
    »Sag, dass du mich nicht aufgibst«, bat sie ihn weinend. »Hilf mir, das Wesen in mir zu überwinden.«
    Sie senkte die Hände und schenkte ihm einen liebevollen Blick aus ihren karamellfarbenen Augen.
    »Ich will mit dir alt werden, mein Ritter.«
    »Ich auch mit dir«, antwortete er gerührt. »Ich gebe dich nicht auf.«
    »Ganz gleich, was andere von dir verlangen?«
    »Ganz gleich.« Gegen die bannende Wirkung ihres Blickes kam er nicht an, sein Mund, seine Zunge bewegten sich schneller, als sein Verstand die Worte fand. Er beugte sich nach vorn, gab ihr einen sanften Kuss auf die weichen Lippen und genoss das Prickeln.
    Estra erwiderte die Zärtlichkeit, dann wurde sie verlangender und leidenschaftlicher. Sie sehnte sich nach seinen Berührungen, ihre Hände glitten fordernd über seine Brust, bis sie ihn nach hinten ins Stroh drückte und ihr Gewand abstreifte. Darunter war sie nackt. »Wiederholen wir, was wir in Khömalin erlebt haben«, raunte sie und neigte sich über ihn.
    Tokaro ergab sich der Leidenschaft und genoss es, die junge
    Frau zu spüren, die sich recht wild gebärdete. Er küsste ihren
    Nacken, sie seinen Hals.
    Dann hob sie mitten im Liebesspiel den Blick, ihre Augen flammten gelb auf. »Ich habe Hunger, Geliebter«, fauchte sie und zeigte gefährlich lange Reißzähne.
    »Was ... ?« Er zuckte mit dem Kopf zur Seite ‐ und krachte gegen ein Hindernis. Sofort verlor er das Bewusstsein ...
    Tokaro erwachte von lautem Wiehern.
    Stöhnend richtete er sich von seinem Lager auf und bemerkte, dass er ganz am Rand, dicht an der Wand lag. Das Schiff hatte Schlagseite bekommen.
    Er erinnerte sich, was er gesehen hatte, und betastete seinen Hals. Die Haut fühlte sich bis auf vier kleine Kratzer unversehrt an.
    Ein Rütteln ging durch den Schiffsleib, die Galeere drehte sich zur Seite und richtete sich auf, ehe sie nach Backbord rollte. Tokaro wurde schlagartig übel. Es musste ein heftiger Sturm toben.
    »Ruhig«, sprach er zu Treskor und wankte zu ihm. Sanft streichelte er die Nüstern und stapfte breitbeinig zur Treppe. »Ich sehe nach, was los ist.«
    Mit dröhnendem Schädel erklomm er die steilen Stufen. Dabei sah er Estra vor sich, die veränderte Estra, die nach ihm verlangt hatte ‐ mehr als nur mit Leidenschaft. Gleichzeitig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher