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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Dosen trafen seinen Kopf. Erbsen, dachte er verwundert. Dann traf ihn noch etwas am Kopf. Er hatte so schreckliche Angst. Inmitten einer verheerenden Verwüstung ging er zu Boden.

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    Stuttgart, das Ödland
    »Großartig«, sagte Nolte.
    Mit einer ausholenden Armbewegung deutete er auf ein gelbbraunes Ödland, das vor ihnen lag wie ein schmutziges Meer. Der Sommerregen hatte auf dem Gelände mehrere Lachen in der Größe von Dorfweihern hinterlassen, die dunkel in der Sonne glänzten. Zwischen zerplatzten Bodenplatten kämpfte sich hellgrünes Unkraut erbittert durch bereits Verrottendes ans Licht. In der Ferne zog ein ICE vorbei, klein wie eine Modelleisenbahn. Das geordnete Chaos eines vielgleisigen Schienennetzes sah man dahinter und dann den Bahnhof. Rechts wurde der Blick von misslungener Architektur eingerahmt, einem Ensemble aus grauen, riesenhaft fabrikartigen Gebäuden, in denen zwei Banken untergebracht waren.
    Sie standen am Rand einer Schnellstraße und schauten hinunter auf das Gelände.
    »Großartig«, sagte Nolte. »Beste Lage. Mitten in der Stadt.« Er zeigte auf das riesige Brachland.
    »Drei Milliarden werden hier in den nächsten zehn Jahren vergraben. Milliarden, nicht Millionen.«
    »Und da wird auch für uns einiges zu holen sein«, sagte er. Und grinste.
    Die Stadt war unter die Räuber gefallen. Eine große Koalition von Politikern hatte das Zentrum endgültig einer Bande von Immobilien- und Finanzhaien zum Fraß vorgeworfen. Sie planten, den Bahnhof der Stadt unter die Erde zu verlegen, um in dem oberirdisch gewonnenen Territorium einen neuen Stadtteil zu bauen. Vor allem Büros. Der historische Kopfbahnhof würde einem unterirdischen Durchgangsbahnhof weichen, und in Zukunft würden die Fahrgäste unter der Erde in die Züge ein- und aussteigen. Vonden jetzt noch vorhandenen sechzehn Gleisen würden dann nur noch acht übrig bleiben, und damit würde das Warten auf verspätete Züge vorbei sein. Die Stadt würde zwölf Jahre lang die größte Baustelle Europas sein, und das Leben in Stuttgart würde unerträglich werden.
    »Wir müssen zusehen, dass wir unser Stück vom Kuchen abbekommen«, sagte Richard Nolte, der Eigentümer von Security Services Nolte & Partners, der größten Stuttgarter Detektei.
    Er klopfte Dengler auf die Schulter und schob ihn in die Mercedeslimousine zurück, die am Straßenrand wartete. In dem Wagen roch es nach frischem Leder. Der Boden sah aus, als habe eben erst jemand mit dem Staubsauger die Fußmatten gereinigt. Kein Staubfaden zu sehen.
    Eine halbe Stunde später saßen sie in Noltes Büro. Eine Sekretärin stellte italienisches Mineralwasser, Kaffee und einige belegte Laugenbrötchen auf den Tisch. Dann zog sie sich zurück.
    Alles an Nolte war perfekt. Sein Anzug war perfekt, sein Auto war perfekt, sein Büro war perfekt, seine Sekretärin, eine selten anzutreffende Kombination von Eleganz und Tüchtigkeit, war perfekt. Der Kaffee war perfekt, und sogar die Laugenbrötchen – frisch und perfekt. Die Art des Mannes zu sprechen, dieses überdeutliche Honoratioren-Schwäbisch, diese vollkommene Höflichkeit mit dem richtig dosierten Schuss Vertraulichkeit – perfekt. Georg Dengler hasste alles, was so vollkommen war. Viel zu oft hatte er erfahren müssen, dass alles Makellose nur Fassade war, und mehr noch: Seine Lebenserfahrung sagte ihm, dass die Abgründe, das Giftige, das Verbrechen umso gefährlicher waren, je fehlerfreier die Fassaden davor gemauert waren. Dengler hatte Perfektion noch nie gemocht. Und er mochte diesen Mann nicht.
    »Wir brauchen in einer prekären Sache Ihre Hilfe«, sagte Nolte und führte elegant ein Lachsbrötchen an den Mund. »Sie haben ja beste Referenzen«, sagte er.
    Dengler runzelte die Stirn. Von welchen Referenzen sprach der Mann? Er hatte früher einmal für Nolte gearbeitet. Aber das war einige Jahre her.
    »Sie sind genau der Mann, den wir brauchen.«
    Dengler hoffte, Nolte würde nun langsam zur Sache kommen. Seit drei Stunden führte er ihn schon durch die Stadt, und Dengler wusste immer noch nicht, was er von ihm wollte.
    »Es gibt da gewisse Probleme. Sie wissen das vielleicht.«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Nichts gehört von diesen ..?«
    »Von was?«
    »Tja.« Nolte sprang auf. In vier Schritten stand er am Fenster.
    »Es gibt da gewisse Leute, die machen uns Probleme.«
    »Konkurrenz?«
    »Quatsch, bei dem Projekt sind wir doch alle in einem Boot.«
    Er grinste dreckig. Wie im Film. Selbst wenn er den
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