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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte
Autoren: Wolfgang Schorlau
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aus.«
    Und dann: »Komm doch einfach mit. Du bleibst in der Nähe oder sitzt in einem Café, während ich, nun ja ... arbeite.«
    Das hatte sie ihm noch nie angeboten. Und noch nie hatte sie ihm das Ziel ihrer Reisen verraten. Gerade, als er ihr zusagen wollte, fiel ihm jedoch ein: »Verdammt! Mein Reisepass ist abgelaufen.«
    Er verfluchte sich innerlich.
    »Dann kommst du eben das nächste Mal mit«, sagte sie leicht dahin.
    Und dann, betont locker: »Und was machst du? Wie sieht dein Plan für den heutigen Tag aus?«
    Dengler stocherte missmutig in seiner Weißwurst.
    »Ich treffe eine neue Klientin«, sagte er. »Offenbar ist ihr Mann verschwunden.«

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    Ein neuer Fall
    Sie zog an der Zigarette, als hinge ihr Leben davon ab. Und als sie sprach, verharrte sie nach jedem Satz, als müsse sie neu überlegen.
    »Zitternd saß er in einer Ecke des Supermarktes, als Polizei und Krankenwagen eintrafen«, sagte sie.
    »Wie Espenlaub.«
    »Er starrte vor sich hin, die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen«, sagte sie.
    »Blutunterlaufene Augen«, sagte sie.
    »Trauten sich nicht, ihn anzufassen.«
    »Eine halbe Stunde später war ich da. Um ihn herum standen sie im Halbkreis. Ließen ihn nicht aus den Augen. Mit ihren Waffen zielten sie auf seinen Kopf.«
    Noch einmal zog sie kräftig an der Zigarette. Dann drückte sie die Kippe mit einer beiläufigen Bewegung aus.
    »Er sah mich an – aber ich glaube, er erkannte mich nicht«, sagte sie.
    »Inmitten eines unvorstellbaren Chaos saß er. Zwei Regale waren umgerissen, und den Leiter des Supermarktes hatte er zusammengeschlagen. Ein Krankenwagen hatte den Mann schon in die Notaufnahme des Katharinenhospitals gebracht.«
    »Ich setzte mich neben ihn und nahm ihn in den Arm.«
    »Am ganzen Leib zitterte er«, sagte sie.
    »Überraschend war das nicht. Weiß Gott. Überraschend war das wirklich nicht.«
    Ihre Unterlippe zitterte.
    »Sie nahmen ihn mit«, sagte sie und zündete sich eine neue Zigarette an, »und brachten ihn nach Hamburg.«
    »In die Militärpsychiatrie. Habe ich schon gesagt, dass er Soldat ist?«
    »Zwei Monate blieb er dort.«
    »Und vor zwei Wochen ist er abgehauen.«
    Sie zog erneut an dem Glimmstängel, als wäre es der letzte auf der Welt.
    »Bitte finden Sie ihn«, sagte sie. »Bevor es zu spät ist.«
    Erneut betrachtete Georg Dengler ihre Unterlippe. Sie zitterte immer noch ein wenig. Ihre Zungenspitze fuhr über ihre Lippen und hinterließ einen dünnen feuchten Film.
    Sarah Singer richtete sich auf, und Dengler sah, wie sie das Kreuz durchdrückte, als wolle sie sich für das Kommende wappnen. Sie starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an. Langsam legte sie ihre Hand auf die seine. Sie war warm, und Georg Dengler fand die Berührung angenehm.
    »Finden Sie ihn«, wiederholte sie und beugte sich zu ihm über den Tisch.
    Eine attraktive Frau.
    Lösch diesen Gedanken sofort, sagte eine innere Stimme, diese Frau hat andere Sorgen.
    Er versuchte es.
    Es gelang ihm nicht.
    Sie zündete sich mit einer fahrigen Bewegung eine neue Zigarette an. Eine Haarsträhne fiel ihr dabei ins Gesicht.
    Blond.
    Schulterlanges blondes Haar, notierte er innerlich. Anfang dreißig. Graue Augen. Pupillen geweitet. Gerade Nase. Voller Mund. Kein Schmuck. Aber zwei Löcher in jedem Ohrläppchen.
    Sitzt vornübergebeugt, wie unter einer schweren Last. Weißes Sweatshirt. Dünne schwarze Lederjacke. Dunkelblaue Jeans von Joop. Männerjeans. Die Brüste nicht sehr groß.
    Einen kurzen Moment versuchte er, sie sich nackt vorzustellen. Eine erregende Vorstellung. Sofort meldete sich die innere Stimme. Diese Frau hat massive Probleme – und du geilst dich an ihr auf, sagte sie. Ich mache nur meine Arbeit,antwortete er sich selbst. Personenbeschreibung. Wie ich's als Polizist gelernt habe.
    Sehr witzig, sagte die innere Stimme. Mir brauchst du nichts vorzumachen.
    »O. k. Ich brauche dann Ihre Daten«, sagte er. »Wir werden uns noch öfter sehen.«
    Sie nickte und drückte die Zigarette aus.
    »Ich weiß«, sagte sie.
    Er zog das schwarze Notizbuch aus der Innentasche seines Jacketts.
    »Bitte geben Sie mir Ihre Adresse mit Telefon, E-Mail, Fax, falls Sie eines haben«, sagte er.
    »Sarah Singer«, sagte sie. »Wir wohnen in einem Vorort von Calw. Mein Mann ist dort stationiert.«
    Sie nannte ihre Telefonnummer, ihre Handynummer und ihre E-Mail-Adresse.
    »Ein Bild von Florian habe ich auch dabei«, sagte sie.
    Sie hob eine hellbraune Wildledertasche, die sie auf
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