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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg
Autoren: Wolfgang David
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Verfügung.«
    »Das leuchtet ein«, sagte der König. »Aber da ist noch etwas. Es wird behauptet, daß sich deine Männer während des Überfalls der slawischen Sprache bedient hätten.«
    »Einige von ihnen, ja. Ich hatte es ihnen befohlen, in der Hoffnung, daß es auf diese Weise gelingen könnte, die Häuptlinge kampflos zu überwältigen.«
    »Es ist dir jedoch nicht gelungen! Trotzdem ließest du hinterher verbreiten, die Eindringlinge seien Slawen gewesen. Weshalb?«
    Der Graf nickte bekümmert. »Ich begreife es ja selbst kaum mehr. Ich sah natürlich voraus, daß man mich verleumden würde und daß ich mich nur schlecht dagegen würde wehren können. Erbittert darüber, daß ich, nachdem ich dem Anschlag mit knapper Not entronnen war, nun womöglich meiner Ehre verlustig gehen sollte, beschloß ich, jede Beteiligung an dem Geschehen abzustreiten. Ich räume ein, dies war ein verhängnisvoller Fehler. Ich hätte mich zu dem, was ich getan hatte, bekennen müssen. Aber bedenke, Herr König, wie rasch ich mich entscheiden mußte und in welcher Verfassung ich mich nach jener schrecklichen Nacht befand. Ich war noch Tage danach wie von Sinnen.«
    »Ich bedenke es«, erwiderte Otto. »Und dennoch …«
    Er erhob sich, trat hinter seinen Stuhl und drehte sich um.
    »So, wie du uns das Vorgefallene geschildert hast, könnte es gewesen sein«, sprach er, sich auf die Lehne stützend, weiter. »Es könnte sich aber auch alles ganz anders zugetragen haben. Nicht dich wollte man töten, sondern du hattest es auf das Leben der Fürsten abgesehen, und um von dir abzulenken, kamst du auf den Gedanken, alles so einzurichten, daß der Verdacht auf Slawen fiel. Deshalb ließest du die Männer von den sorbischen Burgen abziehen und wieder dorthin zurückkehren, so daß die Spuren der Angreifer unvermeidlich zur Saale führten. Deshalb befahlst du ihnen, auf dem Hof slawische Worte zu rufen, denn jetzt konnte das Gesinde bezeugen, daß sie keine Sachsen gewesen waren. Nein, schweig, spare dir deine Beteuerungen, denn ob du nun schuldig bist oder nicht, um diese wirst du in beiden Fällen mit Sicherheit nicht verlegen sein! Doch mit Schwüren ist weder dir noch uns gedient. Was wir brauchen, ist Gewißheit oder zumindest etwas, das ihr sehr nahe kommt.«
    Er nahm wieder Platz, kniff die Augen zusammen, und als spräche er zu sich selbst, fuhr er mit leiser Stimme fort: »Aber wie sie gewinnen? Diejenigen, welche die Fürsten töteten, sind inzwischen gleichfalls tot oder gefangen. Jeder Gefolgsmann des Grafen wurde gründlich befragt, ebenso alle anderen, die sich während jener Nacht in der Nähe des Hofes befanden. Ihre Aussagen weichen in keinem einzigen Punkt von denen Graf Geros ab. Doch – die Fürsten wurden auf seinem Anwesen umgebracht, von seinen Leuten, und er kann nicht beweisen, daß dies lediglich aus Notwehr geschah. Schlimmer noch: Das Gerücht hält ihn für schuldig. Ein Urteil läßt sich darauf nicht gründen, es einfach zu mißachten, ist indes genausowenig möglich. Schließlich stehen mein Ansehen und das des Reiches auf dem Spiel. Wie also soll ich mich verhalten? Glaube ich Graf Gero, dulde ich vielleicht einen ehrlosen Mörder an meiner Seite. Verstoße ich ihn, versündige ich mich vielleicht an einem braven Mann, der schuldlos in Verdacht geriet. Wiederum darf ich auch nicht warten, bis die Wahrheit – abermals vielleicht! – eines Tages ans Licht gelangt. Die Gerüchte müssen verstummen, bevor sie sich in den Köpfen festsetzen. Überlegen wir daher gemeinsam, wie wir zu einem Urteil kommen können, daß niemand in Zweifel zu ziehen vermag. Bleiben wir allerdings erfolglos«, fügte er nach einer winzigen Pause hinzu, »wäre ich gezwungen, mich von dir zu trennen. Dein Besitz bliebe dir in diesem Fall selbstverständlich erhalten.«
    Auf den Mienen der drei Männer neben ihm spiegelte sich Erstaunen. Keiner von ihnen hatte offenbar erwartet, daß er mit jemandem, um dessentwillen er so viele Scherereien in Kauf genommen hatte, ausgerechnet wegen einiger Barbarenhäuptlinge derart hart ins Gericht gehen würde. Sichtlich beeindruckt, machten sie sich daran, Ottos Aufforderung Folge zu leisten oder doch zumindest so zu tun. Poppo rang die Hände vor der Brust und schaute heftig zwinkernd zur Decke empor. Mit gefurchter Stirn starrte Bischof Bernhard vor sich hin. Von Wichmanns Gesicht waren aller Spott und alle Herablassung gewichen; er legte den Kopf in den Nacken und strich sich mehrmals
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