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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg
Autoren: Wolfgang David
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Glückte es, Wichmann in die Irre zu führen, war das Spiel so gut wie gewonnen …
    »Du weigerst dich, dem Bischof zu antworten?« sagte Otto finster. »So nimm an, ich hätte dich gefragt. Nun?«
    Der Graf tat, als litte er Höllenqualen. Er öffnete den Mund, schloß ihn wieder, trat schweratmend von einem Fuß auf den anderen. Und da die Lage, in der er sich befand, tatsächlich heikel war, geriet ihm dies alles, wie er fühlte, ganz natürlich.
    »Deine Weigerung nützt dir nichts!« rief in diesem Moment Werner aus. »Ich habe auch Graf Thietmar verhört, und weil mir das, was er hierzu sagte, besonders wichtig dünkte, habe ich es Adalmann aufschreiben lassen.« Er hielt ein Pergament hoch. »Befiehlst du, daß er es vorliest, Herr König?«
    »Lies!« entgegnete Otto, und Adalmann begann: »Nachdem die Heveller angekommen waren, sagte einer der Häuptlinge zu seinen Gefährten: So haust also der Mann, den uns ihr König vor die Nase gesetzt hat! Verflucht sei jede Stunde, in der wir ihn über uns duldeten. Allein für diese Schmach soll er mir büßen! Und ein zweiter: Wozu überhaupt so viele Umstände? Laßt uns diese Hütte doch lieber stürmen.«
    Adalmann hob den Kopf, legte das Pergament jedoch nicht aus der Hand. Fragend schaute er zum König.
    »Was hast du?«
    »Hier steht noch mehr, Herr König. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es angebracht ist, dies –«
    »Lies schon!« unterbrach ihn Otto gereizt.
    »Ja«, erwiderte Adalmann, seufzte leise und fuhr fort: »Ein dritter sagte: Schön dumm wären sie, wenn sie uns diesen Hänfling gegen einen ausgewachsenen Fürsten eintauschten. Werden ihm wohl den Hals umdrehen oder ihn bis an das Ende seiner Tage füttern müssen.«
    Stille breitete sich aus. Gero spürte, daß er errötete. Der Hänfling, obzwar von ihm selbst ersonnen, hatte ihn stärker getroffen, als er erwartet hatte. Erneut musterte er die Mienen der anderen, wobei er sich den Anschein gab, als zwinge er sich, ihnen trotzig in die Augen zu schauen. Was er dabei wahrnahm, ließ ihn hoffen, daß er sich nicht umsonst erniedrigt hatte. Auf Bernhards wachsfarbenem Gesicht rangen Genugtuung und Hohn mit dem vergeblichen Versuch, diese Gefühle zu verbergen. Poppo blickte so angespannt ausdruckslos drein, wie nur ein Mensch blicken konnte, der seine Umgebung unter Aufbietung aller Kräfte glauben machen will, er habe nichts gehört. Auf Wichmanns Miene malten sich Ekel und Zorn; vermutlich hielt er es für unter seiner Würde, Zeuge einer solchen Demütigung zu sein. Und selbst Otto, der ja die Wahrheit kannte, betrachtete Gero, als sähe er ihn heute zum erstenmal.
    Zuerst faßte sich Bernhard. Sich zuvor räuspernd, sagte er: »Es ist nur allzu begreiflich, Graf Gero, daß du gegenüber denen, die auf diese Weise von dir sprachen, keine sonderliche Zuneigung empfandest. Sollte dies dein Verlangen, ihr Leben zu schonen, nicht vermindert haben?«
    Gero zuckte die Schultern. »Ich weine ihnen keine Träne nach«, sagte er ruhig, »weder denen, die mich schmähten, noch denen, die mir schmeichelten. Beide waren schließlich unsere Feinde. An jenem Abend aber waren sie meine Gäste, weswegen der Schaden, der mir durch ihren Tod entstand, unermeßlich groß ist. Und da ich als jemand bekannt bin, der die Folgen seiner Handlungen vorher zu bedenken pflegt, solltest du mir –«
    »Genug!« unterbrach ihn Otto. »Das führt uns nicht weiter. Statt über Gefühle sollten wir besser von Tatsachen reden. Und eine Tatsache, Graf Gero, ist es, daß die Krieger, die deine Gäste töteten, von den besetzten slawischen Burgen kamen. Warum zogst du gerade diese Männer zu deinem Schutz heran und nicht unsere Leute von den Burgen diesseits der Grenze?«
    Wichmann, Poppo und der Bischof, denen dieser Sachverhalt bislang nicht bekannt war, schauten den König verwundert an, und Gero ließ ihnen die Zeit, sich über die Bedeutung des soeben Gesagten klarzuwerden. Dann entgegnete er: »Ich durfte nicht ausschließen, daß Verrat im Spiel war oder aber ganz zufällig am gleichen Tag ein böhmischer oder sogar ungarischer Angriff erfolgte. Daher schien es mir notwendig, den Burgen ihre volle Kampfkraft zu belassen.«
    »Die Burgen im Lande der Colodici erschienen dir nicht schutzbedürftig?«
    »Nicht im gleichen Maße. Zum einen nicht, weil sicherlich kaum jemand damit gerechnet hätte, daß ich ausgerechnet sie schwächen würde. Zum anderen standen ja mit dem Burgherrn und seiner Familie Geiseln zur
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