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Breakfast on Pluto

Breakfast on Pluto

Titel: Breakfast on Pluto
Autoren: Patrick McCabe
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ambulant behandelt), so außer mir, daß ich alles verbrennen wollte, was ich für ihn aufgeschrieben hatte und was mit ihm zu tun hat.
    Jetzt, wo einige Zeit vergangen ist, bin ich froh, daß ich’s nicht getan habe, weil ich ihn noch immer liebe, auf eine merkwürdige und ganz besondere Art. So wie ich jeden liebe, der mich in die Arme nimmt und sagt: »Pussy? Eins weißt du doch, nicht wahr? Du weißt, daß wir, du und ich, uns in dieser Welt ein gemeinsames Zuhause einrichten, nicht wahr?« Natürlich weiß ich das – nur daß es nie so weit kommt!
    Aber bei Charlie hat es geklappt, und ich finde, sie sieht jetzt tatsächlich jünger aus als damals! Ihre Haut ist pfirsichzart, und obwohl sie drei Kinder hat, ist sie immer noch genauso verrückt wie früher. Nein, nicht so – ich meine, nicht schlimm verrückt! Seit sie Doug kennengelernt hat – er war zur gleichen Zeit wie sie Kunststudent an der Slade School of Fine Arts –, ist sie wieder ganz die alte, und nichts ist schöner, als wenn’s draußen klingelt und ich den Klang ihrer Stimmen höre.
     
     
    Nur Mami habe ich nie gefunden, obwohl ich nach meinem Weggang aus Tyreelin ganz London nach ihr abgesucht habe. Meinen Begleitservice habe ich schon vor Urzeiten aufgegeben. Eines Abends bin ich in den Armen eines armen, unglücklichen Mannes zusammengebrochen und habe geheult: »Laß mich los! Du liebst mich nicht! Keiner von euch liebt mich!« Am Tag darauf habe ich dem »War On Want«-Laden in Kilburn den gesamten Inhalt meines entzückenden Kleiderschranks vermacht! Bis auf meinen Hauskittel und mein Kopftuch natürlich, die in diesem Heim für Tagelöhner mit Haarbüscheln auf den Nasen für soviel Belustigung sorgen. Neulich kam ich vom Einkaufen und begegnete einigen von ihnen im Treppenhaus. »Ah, da sind Sie ja, Mrs. Riley!« ruft einer von ihnen, und ein anderer flüstert: »Die ist nicht ganz richtig im Oberstübchen!«
    Ich mußte an mich halten, nicht zurückzugeben: »Tut mir leid, aber da muß ich euch enttäuschen, Jungs! Eher im Unterstübchen, fürchte ich!« Aber dann dachte ich, was soll’s, schloß auf und ging rein. Denn um die Wahrheit zu sagen, eigentlich stören sie mich kaum, nur wenn sie betrunken sind oder sich langweilen und sich abreagieren wollen. Ein-, zweimal haben sie mich sogar auf ‘ne Fete eingeladen! Da ging’s wieder voll mit mir durch, das kann ich nicht leugnen; ich malte mir aus, wie ich mit flatternden Röcken, nach Chanel duftend, die Treppe hinunterschweben, in ihre Wohnung stürzen und ihnen eine Dusty- oder Lulu-Nummer hinlegen würde, die diese unschuldigen Gemüter aus Sligo und Leitrim lange nicht vergessen würden!
    Aber am Ende schlug ich die Einladung doch aus, denn machen wir uns nichts vor, das liegt jetzt alles hinter mir, und eigentlich will ich nur in Ruhe gelassen werden, in meinen Illustrierten blättern, wieder nach Mitzi und ihren Krussellocken Ausschau halten, mir vielleicht irgendwann die Zeit nehmen, Terence zuliebe aufzuschreiben, was mein sehnlichster Wunsch ist (darum hatte er mich gebeten, auch wenn er es jetzt nicht mehr zu Gesicht bekommen wird): nämlich im Krankenhaus aufzuwachen, um mich herum meine Familie, vielleicht erschöpft von den Wehen, aber mit rosengleichen Wangen. Und dann streiche ich meinem kleinen Sohn über das weiche, zarte Köpfchen und betrachte meine Verwandten, wie sie strahlen vor Stolz, sich vielleicht ein, zwei Tränen aus den Augen wischen – na wenn schon! – und mit erstickter Stimme sagen: »Der gehört zu uns!«

Dem meinen nicht ganz unähnlich!
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