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Breakfast on Pluto

Breakfast on Pluto

Titel: Breakfast on Pluto
Autoren: Patrick McCabe
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das also seine Haushälterin wie stets zierlich und zärtlich für ihn gewaschen hatte. Seufzend überprüfte er ein letztes Mal seine Habseligkeiten – manchmal war ihm die eigene Pedanterie verhaßt –, dann schloß er die Türe und machte sich auf den Weg den Hügel hinauf zur Kirche vom Heiligen Erlöser.
    Das erste Beichtkind, auf das sein Blick fiel, war Mrs. McGivney, eine fromme Frau in den Sechzigern, die, Gott segne sie, im Leben keine schwerere Sünde begangen hatte, als lieblose Gedanken gegen ihre Nachbarn zu hegen. In der Nähe saß P. Counihan, ein Anwalt fortgeschrittenen Alters, der noch nie die tägliche Messe versäumt hatte, solange Vater Bernard zurückdenken konnte.
    Diese beiden guten Christenmenschen bedachte Vater Bernard mit einem freundlichen und dankbaren Nicken, ehe er vor seinem Beichtstuhl stehenblieb und die Tür öffnete. Beiläufig fragte er sich, wer wohl die Fremde sein mochte, die Frau mit Kopftuch und Mantel, die da, den Kopf in den Händen vergraben und in ein inbrünstiges Gebet vertieft, im Seitenschiff kniete. Als er im Beichtstuhl Platz nahm, sagte er sich, daß er sie begrüßen mußte, bevor er ging – falls sie dann noch da war.
    Was sie in der Tat noch war! Schließlich kommt man nicht von so weit her, weil man sich etwas vorgenommen hat, und macht dann im letzten Augenblick kehrt und läßt es bleiben! Jedenfalls nicht die finstere, traumverlorene Rächerin! Nicht nach allem, was sie durchgemacht hat!
    Deswegen war sie jetzt so aufgedreht wie ein Zicklein! Ihr dürft nicht vergessen – es war das erste Mal, daß sie ihren Vater sah, seit sie von der Schule verwiesen worden und nach England gegangen war! Und davor hatte sie herzlich wenig von ihm zu sehen bekommen, nur die fliegenden Schöße seiner Soutane oder ein scheues Lächeln, wenn Papi auf der Straße seine Schritte beschleunigte und bei sich dachte: »O nein! Nicht der! Mein dubioser Sohnemann! Jetzt kommt er auch noch auf mich zu, um mit mir zu reden!«
    Was natürlich die Frage aufwirft, was das heißen sollte – der!
    »Was soll das heißen – der?« hatte Pussy vorgehabt zu fragen – und just in diesem Augenblick ihren Mantel auseinanderzuschlagen!
    Ohne Zweifel würde ihm das einen kleinen Schrecken einjagen! Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, daß man Mitte der fünfziger Jahre eine Frau in einem alten Hauskittel und Kopftuch sieht, und plötzlich begegnet man ihr wieder im Jahre 1974, und sie trägt gelbkarierte Blusen und Caprihosen à la Mitzi Gaynor! Natürlich nicht!
    Wen wundert’s da, daß er anfing zu weinen, der arme Vater Bernard: »Wer – wer in aller Welt bist du denn? Und was hast du in meiner Kirche zu suchen?«
     
     
    Was natürlich schon langte, denn inzwischen hatte Muschi, und wer könnte’s ihr verdenken, genug von dieser Art Verhör, ganz zu schweigen von Fragen wie »Was bist du denn?«, die sie ebenfalls über sich ergehen lassen mußte. Jetzt reichte es ihr, und so zerkratzte sie ihm das Gesicht und zerkratzte es noch einmal, und er rief nein, nein, nein! »O nein!« zischte sie, »stimmt, ich bin nicht dein Sohn, mein Vater, ich bin nämlich deine Tochter, ist dir das noch nicht aufgefallen, du herrlicher Mann in Spitze und Serge, du bist mir auf deinen Reisen begegnet«, und sie hob die Hand, um ihm das Auge auszudrücken. Da fiel er in die brennenden Kerzen und flehte um Gnade, genau wie »Ach!«, der arme Heiland am Kreuz, aber ich fürchte, es wurde ihm keine zuteil, nicht ein Fitzelchen fand sich, als draußen in der Nacht eine böse Schlampe wütete und die Kirche niederbrannte: das Portal mit Benzin bespritzte und eine Wachskerze mit blauer Flamme ins Innere schleuderte. Durch das Tal schwebte ihr Wahnsinn – wie wollt ihr es sonst nennen? – wie ein krächzender Nachtvogel von schwärzester Farbe. Die Flammen schlugen in die Höhe, und vor ihren wilden, verwegenen Augen schmolz das Fleisch auf den Knochen eines alten Mannes.
    »Du verfluchtes Schwein!« kreischte sie, ein böser Kobold auf einem farn- und ginsterbewachsenen Hügel. »Du gottverdammtes Schwein! Nie werde ich dir verzeihen! Nie, nie,nie!«

Neunundvierzigstes Kapitel
    Plötzlich Maschinengewehrgarben
     
     
     
    Bei Mulvey’s ist nicht viel los. Die Leute kommen in der Regel erst so gegen neun. Weswegen es auch überhaupt kein Gedränge gibt, nur der Nachrichtensprecher verliest wieder einmal Einzelheiten über irgendwelche Mordfälle im Norden und bittet die Ladeninhaber von Ballymena,
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