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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta
Autoren: Berte Bratt
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durch die Säle gehen wollen, so dürfen Sie.“
    „Ich kenne Petit Trianon schon von früher her“, sagte Pierre.
    „Na, dann ist es ja nicht schlimm, dann können Sie ja Mademoiselle führen“, lächelte der Kontrolleur. Er lächelte, als ob er uns das Glück und die Freude dieses Tages ansehen konnte.
    Vielleicht konnte er es auch, wer weiß. So ein Billettkontrolleur wird vielleicht mit der Zeit ein guter Menschenkenner.
    Petit Trianon war wirklich „petit“. Ein kleiner Pavillon, ein kleiner Käfig für einen kostbaren Zimmervogel, den man sich in einer plötzlichen Laune angeschafft hatte.
    Wir standen allein in einem kleinen Raum mit zarten kleinen Stühlen und Kristall-Lampetten. Es war ganz still um uns, wir waren auf einmal so wunderbar allein.
    „Kannst du dir vorstellen, daß man solch winziges Haus baut, wenn man selbst ein riesengroßes Schloß besitzt?“ fragte ich.
    „So winzig klein ist es ja auch nicht“, sagte Pierre. „Es würde groß genug sein für zwei Menschen.“
    „Die müßten sich aber schrecklich liebhaben!“ sagte ich.
    „Ja“, sagte Pierre, „schrecklich liebhaben“, wiederholte er.
    Dann begegneten sich unsere Blicke.
    In diesem Raum im Petit Trianon sind wahrscheinlich schon viele Küsse gewechselt worden.
    Aber ich bin ganz sicher, daß kein einziger Kuß mit einem so jubelnden Glück verbunden war, wie unserer. Und ich bin noch sicherer, daß es das allererste Mal war, daß ein Mädchen seinen allerersten Kuß im Petit Trianon bekam.

Es klingelt an der Tür
    Ganz besonders lieb in der Erinnerung an diese Zeit sind seltsamerweise meine einsamen Abende.
    Hatte ich nach Tisch abgewaschen - ich aß jetzt wie ein normaler Mensch -, und die Katzen gefüttert und wurde alles um mich ruhig und gemütlich, dann setzte ich mich in den Lehnstuhl in der Stube und „hörte“ förmlich die Stille um mich. Rajah sprang auf meine Schultern. Er hatte sich angewöhnt, mein Pelzkragen zu sein. Bajadere sprang auf meinen Schoß, und so saßen wir drei zusammen. Dann schloß ich meine Augen und dachte an alles, was der Tag mir gebracht hatte, dachte an jedes Wort und an jedes Lächeln von Pierre, dachte an alles, was wir geplant und gesprochen hatten, und worüber wir uns gemeinsam gefreut hatten. Wenn ich eine halbe Stunde so gesessen hatte und der Tag gleichsam an mir vorübergezogen war, drehte ich das Radio an. irgend etwas. wenn es nur französisch war. Ich holte die Grammatik und das Lexikon, ich lernte konzentriert, wie ich es niemals in der Schule bei meinen Aufgaben getan hatte.
    Jetzt machte es mir einen Heidenspaß, Französisch zu lernen. Es war nicht mehr ein unverständliches Schulfach, sondern eine lebendige Sprache, die ich jeden Tag brauchte, um verstanden zu werden. Ich schrieb und bildete Sätze, die ich selbst übersetzte, und nachher kontrollierte ich sie und verbesserte meine eigenen Fehler. Es war ja Pierres Sprache! Wenn alles nach meinem persönlichen, heimlichen Wunsch ginge, würde es eines Tages auch meine Sprache sein.
    Ich verstand bald, daß man eine Sprache nicht nur durch das Ohr lernt, man muß auch die Grammatik können. Allmählich wurde es mir klar, was für schreckliche Fehler ich oft gemacht hatte. Am Anfang war ich nur froh gewesen, wenn die Leute mich verstanden, aber nun stellte ich mir selber die Aufgabe, mit richtiger Aussprache und richtiger Grammatik zu reden.
    Es ist unglaublich, wozu die Liebe ein junges Mädchen bringen kann. Mich brachte sie dazu, täglich jeden Abend mindestens zwei Stunden Französisch zu lernen. Herrlich friedliche Abende, wo nichts störte und wo nichts mich unterbrach. Wie recht hatte Tante Edda doch mit der Einsamkeit, die Gold wert sei.
    Meine täglichen Karten an Tante Edda schrieb ich. Aber zu viel anderem reichte es nicht.
    Ich war so von Glück erfüllt, von Pierre, von Touristenautobussen und Versailles-Erinnerungen, daß beinahe nichts anderes in meinem Herzen und in meinem Gehirn mehr Platz hatte.
    Es war eine gute Zeit, eine gute, reiche Zeit, an die ich immer gern zurückdenke.
    „Britta“, sagte Pierre eines Tages, „meine Mutter möchte dich gern kennenlernen. Willst du morgen bei uns Tee trinken?“
    „Und ob ich will! Aber kannst du denn?“
    „Du weißt ja, daß ich am Nachmittag kurze Zeit frei habe. So können wir diese Zeit benutzen, ehe ich in meinen sündigen Nachtklub muß.“
    „Wenn du nur selbst nicht sündigst, so ist alles in bester Ordnung.“
    „Nein, dazu habe ich weder Zeit
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