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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen
Autoren: Dean R. Koontz
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Waschküche zurück, stellte den Karren dort hin, wo er hingehörte, und sah sich nach Spuren von Gewalttätigkeit um. Dann schloß er befriedigt die Tür des gelb-weißen Raumes und sperrte sie mit Weatherbys Schlüsseln ab. Er schaltete die Garagenbeleuchtung aus, durchquerte die dunkle Garage und ging durch die Seitentür hinaus, durch die er sich während der Nacht Zutritt verschafft hatte, indem er das klägliche Schloß mit Hilfe einer Kreditkarte lautlos geöffnet hatte. Jetzt versperrte er die Tür mit den Schlüsseln des Doktors wieder und entfernte sich. Davis Weatherby wohnte in Corona Del Mär, in Sichtweite des Pazifischen Ozeans. Vince hatte seinen zwei Jahre alten Ford-Lieferwagen drei Straßen vom Haus des Arztes entfernt abgestellt. Der Fußmarsch zurück zum Lieferwagen war äußerst angenehm und belebend. Dies hier war eine feine Wohngegend mit einer Vielfalt architektonischer Stile. Teure Casas im spanischen Stil standen neben bis ins Detail gestalteten Cape-Cod-Häusern, in einer Harmonie, die man gesehen haben mußte, um sie für wahr zu halten. Gärten und Parks waren üppig bepflanzt und wohlgepflegt. Palmen, Feigen- und Olivenbäume lieferten den Gehsteigen Schatten. Rote, korallenfarbene, gelbe und orangefarbene Bougainvillen standen in Flammen. Die Flaschenbürstenbäume blühten. Die Zweige der Jacarandas troffen von purpurnen Blütentrauben. Der Duft von Jasmin hing in der Luft. Vincent Nasco fühlte sich großartig. Stark, mächtig, und so lebendig.
    Manchmal führte der Hund an,dann wiederum übernahm Travis die Führung. Sie legten ein langes Stück Weges zurück, ehe Travis klarwurde, daß er total aus der Verzweiflung und der ausweglosen Einsamkeit gerissen worden war, die ihn vor allem anderen in die Ausläufer der Santa-Ana-Berge getrieben hatten. Der große, arg zerzauste Hund blieb auf dem ganzen Weg bis zu seinem Pick-up, den er neben der Schotterstraße unter den überhängenden Zweigen eines riesigen Nadelbaums geparkt hatte, bei ihm. Als sie beim Wagen stehenblieben, blickte der Retriever den Weg zurück, den sie gekommen waren. Hinter ihnen stießen schwarze Vögel am wolkenlosen Himmel in die Tiefe, als wären sie im Dienste irgendeines Bergzauberers auf Aufklärungsflug. Eine dunkle Wand aus Bäumen ragte empor gleich dem Mauerwerk eines unheimlichen Schlosses. Obwohl es im Wald dunkel war, lag die Schotterstraße, auf die Travis hinausgetreten war, im vollen Sonnenlicht da, ausgedörrt zu einem fahlen Braun und eingehüllt in feinen, weichen Staub, der bei jedem Schritt rund um seine Stiefel hochwirbelte. Es überraschte ihn, daß ein strahlend heller Tag unvermittelt erfüllt sein sollte vom alles überwältigenden, greifbaren Bösen. Der Hund musterte suchend den Wald, aus dem sie geflohen waren, und bellte zum ersten Mal seit einer halben Stunde.
    »Kommt immer noch, wie?« sagte Travis. Der Hund sah ihn an und gab einen unglücklich wirkenden Klagelaut von sich.
    »Ja«, sagte er.
    »Ich spüre es auch. Verrückt... und doch spür' auch ich es. Aber was, zum Teufel, ist das dort hinten, Junge? Hm? Was, zum Teufel, ist es?« Der Hund zitterte heftig. Seine Angst verstärkte sich jedesmal, wenn er sah, wie sich der Schrecken am Hund zeigte. Er klappte die Ladebrücke nach unten und sagte:
    »Komm! Ich nehm' dich mit.« Der Hund sprang in den Laderaum. Travis knallte die Klappe zu und ging um den Laster herum. Als er die Fahrertür aufzog, war ihm, als würde er im nahen Gebüsch Bewegung entdecken. Nicht hinter ihnen, in Richtung Wald, sondern auf der anderen Seite der Schotterstraße. Dort drüben war ein schmales Feld, auf dem hüfthohes braunes Gras stand, trocken wie Heu, ein paar stachelige Mesquitebüsche und ein paar weit auswuchernde Oleander, mit Wurzeln, die tief genug in den Boden reichten, um sie grün zu halten. Als er direkt zu dem Feld hinüberstarrte, sah er nichts mehr von der Bewegung, die er aus dem Augenwinkel wahrgenommen zu haben glaubte. Aber er vermutete dennoch, daß es keine Einbildung gewesen war. Mit dem aufs neue erwachten Gefühl, nicht viel Zeit zu haben, kletterte er auf den Fahrersitz und legte den Revolver neben sich. Er fuhr so schnell davon, wie der waschbrettartige Weg und die Rücksichtnahme auf den vierbeinigen Passagier hinten im Laderaum das erlaubten. Zwanzig Minuten später, als er an der Santiago Canyon Road anhielt, zurückgekehrt in die Welt des Asphalts und der Zivilisation, fühlte er sich immer noch schwach und zitterig.
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