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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen
Autoren: Dean R. Koontz
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der Ton, den ein wütender Mensch von sich geben würde. Je mehr er lauschte, desto mehr kam Travis zu dem Schluß, daß es weder eindeutig ein tierisches noch ein menschliches Geräusch war. Aber wenn es keines von beiden war... was, zum Teufel, war es dann? Er sah, wie die hohen Büsche sich bewegten. Genau vor ihm. Etwas kam auf ihn zu.
    »Halt!« sagte er scharf.
    »Keinen Schritt weiter!« Doch es kam näher. Jetzt war es noch zehn Meter entfernt. Rückte langsam vor. Vielleicht etwas vorsichtig geworden. Verringerte nichtsdestoweniger den Abstand. Der Golden Retriever begann drohend zu knurren, warnte erneut das Geschöpf, das sich an sie heranpirschte. Aber man konnte sehen, wie seine Flanken bebten, und auch sein Kopf zitterte. Obwohl er das Ding im Gebüsch zum Kampf aufforderte, hatte er im Innersten Furcht davor. Die Furcht des Hundes war entnervend. Retriever waren für ihren Mut und ihre Kühnheit bekannt. Man hatte sie als Begleiter für Jäger gezüchtet und setzte sie häufg bei gefährlichen Rettungsoperationen ein. Welche Gefahr, welcher Widersacher konnte einem starken, stolzen Hund wie diesem solche Angst einjagen? Das Ding im Busch rückte immer noch näher, war jetzt höchstens sieben Meter entfernt.
    Obwohl bis jetzt nichts Ungewöhnliches in Erscheinung getreten war, erfüllte ihn abergläubische Angst, das Gefühl der Gegenwart von etwas nicht Bestimmbarem, Unheimlichem. Er versuchte sich immer wieder einzureden, er sei auf einen Kaguar gestoßen, bloß auf einen Berglöwen, der wahrscheinlich viel mehr Angst hatte als er. Aber das eisige Prickeln, das vom Ansatz seiner Wirbelsäule ausging und sich bis über seine Kopfhaut ausbreitete, verstärkte sich jetzt. Seine Hand war schweißnaß, so daß er fürchtete, der Revolver könnte ihm entgleiten. Fünf Meter. Travis richtete die 38er nach oben und gab einen Warnschuß ab. Die Detonation peitschte durch den Wald, der Schall wanderte durch den langen Canyon hinunter. Der Retriever zuckte nicht einmal, aber das Ding im Gebüsch wandte sich sofort von ihnen ab und rannte davon, bergauf in nördlicher Richtung, auf den Canyonrand zu. Travis konnte es nicht sehen, aber an der Bewegung im hüfthohen Gebüsch deutlich seinen Weg verfolgen. Ein oder zwei Sekunden lang war er erleichtert, weil er glaubte, es verscheucht zu haben. Dann sah er, daß es eigentlich nicht davonrannte. Es schlug einen Bogen nach Nord-Nordwest, der es auf den Wildpfad über ihnen bringen würde. Travis spürte, daß das Geschöpf versuchte, ihnen den Weg abzuschneiden, um sie zu zwingen, den Canyon auf der unteren Route zu verlassen, wo sich ihm bessere Angriffsmöglichkeiten bieten würden. Er verstand zwar nicht, wie er das wissen konnte, er wußte es einfach. Sein ererbter Überlebensinstinkt trieb ihn zum Handeln, ohne daß er über jede seiner Bewegungen nachzudenken brauchte; er tat automatisch das, was nötig war. Diese animalische Instinktsicherheit hatte er seit seinem Militäreinsatz vor fast zehn Jahren nicht mehr verspürt. Bemüht, die verräterische Bewegung im Gebüsch rechts von ihm im Auge zu behalten, entledigte er sich des Rucksacks, behielt nur die Waffe und hetzte den steilen Pfad hinauf. Der Retriever rannte hinter ihm her. Aber so schnell er auch war, er war nicht schnell genug, um den unbekannten Feind zu überholen. Als ihm klar wurde, daß die Kreatur den Pfad ein gutes Stück weiter oben erreichen würde, gab er noch einen Warnschuß ab, der aber diesmal den Widersacher weder erschreckte noch vom Weg abbrachte. Zweimal feuerte er in die Büsche selbst, dorthin, wo sich Bewegung zeigte, ohne Rücksicht darauf, ob das dort ein Mensch war. Und es wirkte. Er glaubte nicht, daß er getroffen hatte, aber er hatte ihm endlich Angst gemacht, und es wandte sich in eine andere Richtung. Travis rannte weiter, wollte unbedingt den Canyonrand erreichen, wo entlang des Kammes die Bäume weniger dicht standen, das Buschwerk spärlich wuchs und das grell einfallende Sonnenlicht keinen schützenden Schatten zuließ. Als er ein paar Minuten später den Grat erreichte, war er völlig außer Atem. Seine Waden und Schenkel brannten. Sein Herz schlug so heftig, daß es ihn nicht überrascht hätte, wenn ein anderer Bergkamm das Echo des Herzschlags aufgenommen und es ihm quer über den Canyon hinweg zurückgeworfen hätte. Hier war die Stelle, wo er Rast gemacht und ein paar Oreos gegessen hatte. Die Klapperschlange, die sich vorhin auf einer großen Felsplatte gesonnt
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