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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen
Autoren: Dean R. Koontz
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ausgerechnet an diesem, würde er sich von einer Nebensächlichkeit wie diesem widerspenstigen Hund nicht abhalten oder gar behindern lassen. Er richtete sich auf, schubste den Rucksack mit den Schultern wieder in die richtige Lage, atmete tief die würzige, nach Fichtennadeln duftende Luft ein und schritt entschlossen quer über die Lichtung. Der Retriever begann wieder zu knurren, nicht besonders laut, aber drohend. Seine Lefzen gaben die Zähne frei. Schritt für Schritt verließ Travis der Mut, und als er noch etwa einen Meter von dem Hund entfernt war, entschied er sich für ein anderes Vorgehen. Er blieb stehen, schüttelte den Kopf und redete mit sanfter Stimme tadelnd auf den Hund ein:
    »Böser Hund. Ein wirklich böser Hund bist du. Weißt du das? Was ist denn nur in dich gefahren? Hm? Siehst gar nicht so aus wie ein böser Hund - eher wie ein braver Hund.« Während er so den Retriever zu beschwichtigen suchte, hörte der zu knurren auf. Sein buschiger Schweif wedelte probeweise ein-, zweimal.
    »So ist's brav«, schmeichelte Travis.
    »So ist's besser. Wir zwei können doch Freunde sein, hm?« Der Hund gab ein versöhnliches Winseln von sich, jenes vertraute, einschmeichelnde Geräusch, mit dem alle Hunde ihrem natürlichen Wunsch, geliebt zu werden, Ausdruck geben.
    »So, jetzt kommen wir miteinander klar«, sagte Travis und machte einen weiteren Schritt auf den Retriever zu, in der Absicht, sich hinunterzubeugen und ihn zu streicheln. Sofort sprang der Hund ihn knurrend an und trieb ihn über die Lichtung zurück. Seine Zähne verbissen sich in das eine Bein seiner Jeans, er schüttelte wütend daran. Travis trat nach ihm, verfehlte ihn. Als er durch den Tritt ins Leere das Gleichgewicht verlor und ins Taumeln geriet, schnappte der Hund nach dem anderen Hosenbein, rannte im Kreis um ihn herum und zog ihn mit sich. Er hopste verzweifelt, um mit seinem Widersacher Schritt zu halten, stolperte aber und krachte wieder zu Boden.
    »Scheiße!« sagte er und kam sich dabei maßlos albern vor. Der Hund hingegen, wieder in freundliche Stimmung verfallen, winselte und leckte ihm eine Hand.
    »Du bist schizophren«, sagte Travis.
    Der Hund kehrte zum anderen Ende der Lichtung zurück. Stand da, den Rücken ihm zugewendet, und starrte den Wildpfad hinunter, der durch die kühlen Schatten der Bäume in die Tiefe führte. Jäh senkte er den Kopf und machte einen Buckel. Die Muskeln an Rücken und Höcker spannten sich sichtbar, als bereite er sich darauf vor, loszurennen.
    »Was siehst du denn?« Plötzlich war Travis bewußt, daß den Hund nicht etwa der Pfad selbst in seinen Bann zog, sondern möglicherweise irgend etwas auf dem Pfad.
    »Berglöwe?« fragte er laut, während er aufstand. In seiner Jugend hatten Kuguare, eine Berglöwenart, diese Wälder unsicher gemacht, und er nahm an, daß einige immer noch an ihren Revieren festhielten. Der Retriever gab ein grollendes Geräusch von sich, das diesmal nicht Travis galt, sondern dem, was seine Aufmerksamkeit auf sich lenken mochte. Es war ein leises, kaum hörbares Grollen, und Travis schien es, als empfände der Hund zugleich Zorn und Angst. Kojoten? Davon trieb sich in den Vorbergen eine ganze Menge herum. Ein Rudel hungriger Kojoten könnte sogar einem kräftigen Tier wie diesem Golden Retriever Angst machen. Erschreckt aufjapsend, vollführte der Hund eine schnelle Drehung, weg von dem im Schatten liegenden Pfad. Er hetzte auf ihn zu, an ihm vorbei und zum gegenüberliegenden Gehölz. Travis dachte, er werde gleich im Wald verschwinden. Aber an dem Bogen, den die zwei Sykomoren bildeten und durch den Travis erst vor wenigen Minuten gekommen war, verhielt der Hund und schaute erwartungsvoll zurück. Mit allen Anzeichen der Enttäuschung und Angst hastete er wieder in Travis' Richtung, umkreiste ihn schnell, schnappte nach seinem Hosenbein und bewegte sich windend rückwärts, ihn mit sich zu zerren versuchend.
    »Langsam, langsam!« sagte er.
    »Okay.« Der Retriever ließ los.
    »Wuff!« machte er, eher ein heftiges Ausatmen als ein Bellen. Offenbar - und erstaunlicherweise -hatte der Hund ihn ganz mit Absicht davon abgehalten, den im Düstern liegenden Teil des Wildpfads zu betreten, weil dort unten etwas war. Etwas Gefährliches. Und jetzt wollte der Hund, daß er floh, weil diese gefährliche Kreatur näher rückte.
    Irgend etwas kam. Aber was? Travis war nicht beunruhigt, nur neugierig. Was auch immer näher kam, es mochte einen Hund ängstigen; aber
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