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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen
Autoren: Dean R. Koontz
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armselige Worte abzuringen. Travis erschreckte nicht der Anblick dieses Dämons, der sprach, sondern der Gedanke, wie verzweifelt dieses Ding den Wunsch verspürt haben mußte, sich mit jemandem, irgend jemandem, zu verständigen. Er wollte kein Mitleid haben, wagte nicht, es zu bemitleiden, denn er wünschte sich das Hochgefühl, es vom Erdboden getilgt zu haben.
    »Weit gekommen. Jetzt erledigt«, sagte das Geschöpf unter ungeheurer Anstrengung, als müßte jedes Wort aus seiner Kehle gerissen werden. Seine Augen waren zu fremdartig, um Mitgefühl zu erregen, jede seiner Gliedmaßen war unverkennbar ein Mordinstrument. Indem es einen der langen Arme von seinem Körper löste, hob es etwas auf, das neben ihm auf dem Boden gelegen und das Travis bis jetzt nicht bemerkt hatte: eine der Mickymaus-Videokassetten, die Einstein zu Weihnachten bekommen hatte. Auf der Kassette war die berühmte Maus abgebildet, in der Kleidung, die sie immer trug, mit ihrem bekannten Lächeln, winkend.
    »Micky«, sagte der Outsider, und so armselig und fremd und kaum verständlich seine Stimme auch war, irgendwie vermittelte sie doch ein Gefühl schrecklichen Verlustes und furchtbarer Einsamkeit.
    »Micky.« Dann ließ die Kreatur die Kassette fallen, preßte wieder die Arme an den Leib und wiegte sich im Schmerz vor und zurück. Travis trat einen weiteren Schritt vor. Das scheußliche Gesicht des Outsiders war so abstoßend, daß das schon wieder eine Art Verfeinerung war. In seiner einzigartigen Häßlichkeit war es auf seltsame dunkle Weise fesselnd. Als diesmal der Donner krachte, flackerten die Lampen in der Scheune und gingen beinahe aus. Der Outsider hob den Kopf und sprach mit derselben kratzenden Stimme, aber in kalter, wahnsinniger Verzückung:
    »Hund töten, Hund töten, Hund töten«, und gab dabei ein Geräusch von sich, das Gelächter sein mochte. Fast hätte er die Bestie in Stücke geschossen. Aber ehe er den Abzug betätigen konnte, ging das Gelächter des Outsiders in etwas über, das Schluchzen zu sein schien. Travis starrte ihn wie gebannt an. Und während er Travis mit seinen Latemenaugen fixierte, sagte er wieder:
    »Hund töten, Hund töten, Hund töten«, aber dieses Mal schien er von Leid gequält, als begriffe er die Ungeheuerlichkeit des Verbrechens, das zu begehen ihn seine Gene gezwungen hatten. Er blickte auf das Bild der Mickymaus auf der Kassette. Schließlich sagte er flehentlich:
    »Töte mich.« Travis wußte nicht, ob er mehr aus Wut oder mehr aus Mitleid handelte, als er den Abzug betätigte und das Magazin der Uzi in den Outsider entleerte. Was der Mensch begonnen hatte, beendete jetzt ein Mensch. Als es getan war, fühlte er sich ausgepumpt.
    Er ließ den Karabiner fallen und ging hinaus. Er fand nicht die Kraft in sich, zum Haus zurückzukehren. Also setzte er sich auf den Rasen, kauerte sich im Regen zusammen und weinte. Er weinte immer noch, als Jim Keene den schlammigen Feldweg vom Coast Highway heraufgefahren kam.

EL F
    Am Nachmittag des 13. Januar, einem Donnerstag, ließ Lem Johnson Cliff Soames und drei weitere Männer an der Abzweigung des Feldweges vom Pacific Coast Highway zurück. Sie hatten Anweisung, niemanden vorbeizulassen und hier auf Posten zu bleiben, bis Lem sie rief - falls es dazu kommen sollte. Cliff Soames schien das etwas seltsam, aber er behielt seine Einwände für sich. Lem erklärte, Travis Cornell sei ein ehe maliger Angehöriger von Delta, verfüge daher über beträchtliche Nahkampferfahrung, und es sei deshalb notwendig, vorsichtig mit ihm umzugehen.
    »Wenn wir angestürmt kommen, weiß er, sobald er uns sieht, wer wir sind, und könnte gewalttätig reagieren. Wenn ich allein hineingehe, kann ich ihn dazu bringen, mit mir zu sprechen, und vielleicht schaffe ich es, ihn zum Aufgeben zu überreden.« Das war eine recht fadenscheinige Erklärung für ein so unorthodoxes Vorgehen und reichte nicht, Cliffs Stirnrunzeln zu vertreiben. Lem waren Cliffs Stirnfalten gleichgültig. Er fuhr allein hin und parkte vor dem Haus. Vögel sangen in den Bäumen. Der Winter hatte für kurze Zeit seine Macht über den nördlichen Küstenbereich Kaliforniens aufgegeben, und es war warm. Lem stieg die Verandatreppe hinauf und klopfte. Travis Cornell kam an die Tür und starrte ihn durch das Gitter der Tür an, ehe er sagte:
    »Mr. Johnson, nehme ich an.«
    »Woher... o ja, natürlich -Garrison Dilworth hat Ihnen ohne Zweifel von mir erzählt, als er seinen Anruf durchbekam.« Zu Lems
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