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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
Autoren: Sara Paretsky
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Er meint aber, daß die Abteilung damit nicht herausrücken wird.«
    »Was ist mit Boots?« fragte ich. »Wie sieht es mit der Wahl nächsten Monat aus?«
    Murray verzog das Gesicht. »Das ist Chicago, Herzchen, nicht Minneapolis – bei der Sitzung des County Board gestern abend haben sie ihm stehend Beifall geklatscht. Und die Wahlkampfspenden fließen immer noch – zu viele Bauunternehmer schulden dem alten Knacker zu viel. Sie springen nicht ab, solange er sich noch über Wasser halten kann.«
    »Hat er Roz die Unterstützung entzogen?«
    »Selbe Geschichte – sie ist einfach zu beliebt bei den Hispanics. Wenn Boots sie fallenläßt, kann er die Wählerschaft in Humboldt Park und am Logan Square vergessen. Und außerdem gibt es auch im Gebiet um den Mount Prospect eine stattliche mexikanische Bevölkerung – sie hat nicht nur in der Stadt Anhänger.«
    »Warum hat sie sich dann so aufgeregt?« brach es aus mir heraus. »Warum war es ihr so wichtig, was ich tue und mit wem ich rede? Das versteh ich immer noch nicht. So wie sich die Leute aufgeführt haben, mußte ich ja glauben, daß sie Bigamie verheimlicht oder uneheliche Kinder ins Waisenhaus gesteckt hat. Und dann stellt sich heraus, daß es nur die üblichen Geschäftspraktiken in dieser Stadt sind. Verflucht noch mal, mir steht das wirklich bis zum Hals, aber es ist nun einmal üblich, warum hat sie bloß geglaubt, daß es irgendwen stören könnte?«
    Murray zuckte die massigen Schultern. »Vielleicht kam sie sich verwundbar vor. Erste Frau, die Boots groß herausgebracht hat. Und die erste von den Hispanics. Vielleicht hat sie befürchtet, daß für sie andere Regeln gelten. Ausgerechnet du solltest das verstehen.«
    »Vielleicht.« Plötzlich war ich furchtbar müde, so müde, daß ich fast eingeschlafen wäre, als Murray mich etwas über Elena fragte. Ich versuchte, ihm zusammenhängend zu antworten, aber er merkte, welche Mühe ich hatte.
    »Geh wieder schlafen, Kleines. Die Superfrau hat wieder einmal die Stadt gerettet. Leg dich hin.« Er tätschelte mir die Schulter und ging, großmütig, weil ich dafür gesorgt hatte, daß er soviel Ruhm geerntet hatte.
    Es war spät am Nachmittag, nachdem ich eine Weile geschlafen hatte, als Velma Riter vorbeikam. Als Lotty mir sagte, wer da war, hätte ich mich am liebsten wieder unter der Decke verkrochen. Statt dessen wankte ich auf weichen Beinen ins Wohnzimmer und wappnete mich für ihren Angriff.
    Sie stand mitten im Zimmer und drehte ein Exemplar des
Star
in den Händen.
    »Da haben Sie ja eine unglaubliche Geschichte ausgegraben«, sagte sie schließlich mit einer Stimme wie trockener Lehm.
    Ich schaute sie mißtrauisch an. »Sie scheint Roz nicht viel zu schaden. Natürlich ist die Wahl erst in einem Monat.«
    »Ich weiß nicht, auf wen ich wütender bin – auf Roz, weil sie das alles getan hat, oder auf Sie, weil Sie auf eine Schwester losgegangen sind und das alles an die Öffentlichkeit gebracht haben.«
    Ich rieb mir mit dem Handrücken das Gesicht. »Darauf fällt mir keine passende Antwort ein, Velma. Wenn man eine Feministin ist, heißt das, daß man
alles
unterstützen muß, was die Schwestern tun? Auch wenn man meint, daß sie einen mißbrauchen?«
    »Aber hätten Sie denn nicht wenigstens vertraulich mit ihr reden können?«
    »Das hat sie nicht zugelassen. Ich hab’s versucht. Sie war einfach zu erpicht auf diese goldenen Äpfel. Ich bin mir sicher, daß sie gute Arbeit leisten wird. Sie wird vermutlich besser sein als die meisten. Aber so risikofreudig ist sie nun auch wieder nicht, daß sie nach den Äpfeln greift, ohne daß ihr ein paar Würmer dabei helfen.«
    Velma warf die Arme hoch. »Es ist zuviel. Jedenfalls für mich. Ich hätte beim Fotografieren bleiben sollen – das ist sicherer.«
    Ich schaute sie direkt an. »Velma – Ihre Bilder sind ehrlich, und zu ihnen gehört eine Menge Mut – Mut des Gefühls. Ich glaube, das wünschen Sie sich bei jeder Frau, die sich der Öffentlichkeit stellt. Ich wünsche mir das. Und ich lasse es mir nicht gefallen, mich einwickeln zu lassen – von
niemandem.
Und schon gar nicht von jemandem wie Roz, die auf alte Loyalität setzt und von uns verlangt, daß wir – ihre Würmer schlucken.«
    »Sie hat es nicht des Geldes wegen getan, wissen Sie«, sagte Velma.
    Ich machte eine ungeduldige Geste. »Ich weiß– sie hat es für ihren Vetter getan, aus Loyalität zu ihrer Familie, weil sie wollte, daß die Hispanics ein größeres Stück vom
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