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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
Autoren: Sara Paretsky
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hinaufklettern und uns von hinten überraschen.
    Meine Augen hatten sich so an die Dunkelheit gewöhnt, daß ich die Treppenhausöffnung als dunkleren Fleck in der Finsternis vor mir sah. Ich legte mich auf den Bauch und schaute hinunter, bis das Schwarz sich wieder veränderte, ein Fleck, der nach oben wanderte. Als eine Hand auf dem Boden auftauchte, schlug ich den Kolben der Smith & Wesson mit aller Kraft darauf.
    Cray schrie auf, lehnte sich aber gegen die Leiter, hob die andere Hand und schoß. Die Kugel flog weit in die Nacht hinaus, aber ich rutschte zurück, weg von der Öffnung, als er sich mit einer Hand heraufhievte.
    Ich zielte auf den dunklen Umriß vor mir und schoß. Gehandicapt wie ich war, verrenkte mir der Rückstoß die linke Schulter. Ich kippte auf die andere Seite, aber es gelang mir, die Pistole festzuhalten. Licht fiel auf mich, blendete mich, und ich rollte mich instinktiv weg, als er schoß.
    Irgendwie gelang es mir, auf die Beine und hinter einen Pfeiler zu kommen. Cray ließ das Licht noch einen Augenblick an, begriff aber, als ich wieder schoß, daß ihn das genauso zur Zielscheibe machte wie mich. Als das Licht aus war, ließ ich mich auf alle viere nieder und kroch zum nächsten Pfeiler. Dort hielt ich inne und lauschte. Elena hatte wieder zu reden begonnen in einem Flüsterton, der über den Wind hinweg kaum zu hören war.
    »Die Alte kannst du erwischen, Cray«, rief Ernie mit schwacher Stimme. »Die sabbelt da drüben vor sich hin. Du findest sie durch ihr Gewäsch.«
    Elena wimmerte, konnte sich aber nicht zum Schweigen bringen.
    »Bist du noch da, Wunsch?« rief Cray zurück. »Gib die Hoffnung nicht auf – ich habe dich bald unten.«
    Cray ging hinter mir in der Dunkelheit im Kreis. Ich konnte nicht verfolgen, wo er war. Ich war müde und desorientiert und klammerte mich an den Pfeiler, ohne mir vorzustellen, was er als nächstes tun würde. Plötzlich stieß er einen Schrei aus, einen Schrei voll solcher Panik, daß mein Herz heftig pochte.
    »Was ist passiert? Wo bist du?« rief Ernie.
    Von der Mitte des Stockwerkbodens aus konnte ich Cray schreien hören, mit gedämpfter Stimme, die aus der Ferne kam. Er war in die Öffnung für den Kran gefallen, aber die Netze, die das Loch sicherten, hatten ihn gerettet.

46 Auf Justitias Waage
    Es fällt mir schwer, mich an den Rest der Nacht zu erinnern. Irgendwie gelang es mir, an der Leiter ein Stockwerk tiefer zu klettern. Meine Arme zitterten so heftig, daß ich nicht weiß, wie mir das gelang, wohl mehr mit Willens- als mit Muskelkraft. Und ich bekam den Aufzug nach oben, nach einer Reihe schmerzhafter Fehlversuche. Er war nicht leicht zu dirigieren; mit einer Hand war es die reine Hölle. Und ich brachte Elena und Ernie in den Käfig und fuhr uns auf den Erdboden hinunter.
    Furey wartete dort, aber er hatte Gesellschaft von uniformierten Polizisten bekommen. Ein vorbeifahrender Streifenwagen hatte die Schüsse gehört und hatte an der Baustelle gehalten. Die Polizisten blieben bei Furey, bis der Aufzug unten war. Ich verbrachte einen guten Teil dessen, was von der Nacht übrig war, in dem Polizeigefängnis in der Eleventh Street – ich trug Handschellen, und Furey redete den uniformierten Jungs ein, ich hätte Widerstand gegen die Festnahme geleistet.
    Furey fuhr ins Krankenhaus, um sein Knie versorgen zu lassen. Er war trotz quälender Schmerzen tapfer auf der Baustelle geblieben und hatte auf seine Kumpel gewartet – sein Pech, daß der Streifenwagen vorher gekommen war.
    Ich konnte die Bullen, die mich festhielten, nicht davon überzeugen, daß noch ein Mann oben auf dem Gebäude war, in den Netzen um den Kran herum, und daß er den Schlüssel zu meinen Handschellen hatte. Nach einer Weile gab ich es auf. Ich sagte ihnen überhaupt nichts außer meinem Namen. Als die Gemeinschaftszelle hinter mir abgeschlossen wurde, legte ich mich auf den Boden und schlief ein, merkte nichts mehr von dem Krawall der Betrunkenen um mich herum.
    Sie weckten mich etwa zwei Stunden später. Ich war so schläfrig und durcheinander, daß ich nicht einmal fragte, wohin sie mich brachten – ich nahm an, es sei ein früher Termin beim Haftrichter. Statt dessen führten sie mich in den zweiten Stock, in den Bereich der Mordkommission, in das Eckbüro, in dem Bobby Mallory hinter seinem Schreibtisch saß. Seine Augen waren rot vom Schlafmangel, aber er war rasiert, und seine Krawatte war korrekt gebunden.
    »Gibt es einen Grund dafür, daß sie noch
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