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Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry
Autoren: Malorie Blackman
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mich zu küssen.«
    Mir taten die Augen weh, so unverwandt starrte ich meinen Bruder an. Josh hatte versucht, Adam zu küssen ? Und ihn dann stattdessen geschlagen?
    »Deine aufgeplatzte Lippe«, erinnerte ich mich.
    »Ja, das war Josh. Am Tag darauf hat er angerufen, um sich zu entschuldigen, und mich eingeladen, mit ihm was trinken zu gehen. Dann sind wir miteinander ausgegangen …«, erzählte Adam.
    Ich war so verdutzt, dass ich mich hinsetzen musste. Ich fragte mich tatsächlich, ob mein Gehör mir einen Streich spielte. Mir war, als hätte mich irgendetwas Großes, Schweres mit Wucht niedergestreckt.
    Schließlich begriff ich, dass es die Wahrheit war, die mich so getroffen hatte.
    »Du und … Josh ?«, fragte ich verstört.
    »Wir haben bloß zusammen rumgehangen, sind ins Kino oder essen gegangen«, sagte Adam und fügte im Flüsterton hinzu: »Ich war so glücklich … ich dachte, ich hätte jemanden gefunden. Ich dachte, wir wären zusammen.«
    Stille.
    Mir hatte es die Sprache verschlagen. Das war wohl die Zeit gewesen, in der Adam fast jeden Abend unterwegs war. Damals war er in Hochstimmung gewesen …
    Adam wirkte eine Weile vollkommen in sich gekehrt, so, als erinnerte auch er sich zurück. »Aber Josh war es fürchterlich unangenehm, mit mir gesehen zu werden«, sagte mein Bruder leise. »Und er wollte nie über ernsthafte Dinge reden. Außerdem machte er mich weiterhin schlecht und gab schwulenfeindliche Kommentare von sich, wenn andere dabei waren. Ich hatte ihn wirklich gern, Dante. Aber ich konnte nicht mit jemandem zusammen sein, der ein so verlogenes Leben führt …«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Ich habe ihn abserviert.«
    »Du hast was ?«
    »Ja.« Der Hauch eines Lächelns huschte über Adams Gesicht. »Josh hat es aber nicht besonders gut aufgenommen. Er hat mich immer wieder angerufen und wollte mich nicht in Ruhe lassen, also habe ich seine Anrufe geblockt. Ich glaube, das ist es, was ihn so wütend gemacht hat.«
    Und jetzt begann ich langsam zu begreifen; die Feindseligkeit zwischen den beiden, die seltsamen Blicke, Joshs verbitterte Kommentare. Adam war schwul und jeder durfte es wissen, ich und Dad eingeschlossen. Josh war schwul und kam damit nicht klar. All seine abfälligen Äußerungen über Schwule die ganze Zeit – und der Mensch, den er am meisten verabscheute, war er selbst.
    »Ganz schöne Scheiße.« Ich schüttelte den Kopf, immer noch darum bemüht, meine Gedanken zu ordnen. »Das alles … dieses ganze Chaos, weil Josh sich nicht eingestehen konnte, dass er schwul ist? Du lieber Himmel, das ist doch keine Krankheit, gegen die man sich impfen lassen kann. Man wird entweder schwul geboren oder heterosexuell. Punkt und Schluss.«
    »Und wenn jemand bisexuell ist?«
    »Bisexuelle fahren von Natur aus zweigleisig! Sie haben in jedem Lager ein Bein.«
    Adam sah mich mit einem seltsamen Leuchten in den Augen an.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Dann ist Schwulsein also doch nicht bloß eine Phase?«
    »Wie? Natürlich nicht. Was um alles in der Welt willst du?« Und dann erinnerte ich mich an das Gespräch, das Adam und ich vor unglaublich langer Zeit geführt hatten. »Verflucht noch mal, Adam.«
    »Was ist? War doch nur eine Frage«, meinte mein Bruder lächelnd.
    »Ja, schön, du hast deinen Standpunkt deutlich rübergebracht.«
    »Nein«, erwiderte Adam. »Das hast du für mich übernommen.«
    Mein Bruder hielt sich für oberschlau.
    »Dann haben du und Josh also …«, sagte ich, um zu dem Thema zurückzukehren, das meinen Kopf beherrschte.
    »Ja, ich und Josh.«
    Trotz allem tat mir mein ehemalig bester Freund leid – nicht sehr, aber ein bisschen –, und das überraschte mich. Er war der Letzte, der Mitgefühl verdiente, nicht nach allem, was er getan hatte. Und doch empfand ich so. Aber jetzt ging es um Adams Gefühle, meine waren nicht von Bedeutung.
    »Denkst du … denkst du noch manchmal an Josh?«
    Pause.
    »Andauernd«, gestand Adam.
    Ach, Adam …
    »Wäre es nicht besser, du würdest versuchen, ihn zu vergessen, und nach vorn blicken?«, fragte ich zögernd.
    »Und wie soll ich das anstellen, Dante? Jedes Mal, wenn ich mein Gesicht berühre, fällt mir alles wieder ein. Bei jedem Atemzug muss ich daran denken.«
    Was sollte ich darauf schon sagen? Wenn Adam sich früher wehgetan hatte, hatte ich ihm ein Pflaster auf die Stelle geklebt oder ihm etwas zu trinken oder Süßigkeiten organisiert, und dann hatte ich ihn umarmt und alles war wieder
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