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Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry
Autoren: Malorie Blackman
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gut.
    Aber damals waren wir beide Kinder.
    »Weißt du, ich habe doch gestern einen Brief bekommen«, sagte Adam.
    »Ja?« Ich hatte ihn nach oben gebracht.
    »Der war von Josh«, sagte Adam.
    Was zum …? »Was hat er dir geschrieben? Was wollte er?«
    »Beruhige dich, Dante.« Adam lächelte schwach.
    Ich holte tief Luft, aber meine Stirn runzelte sich vor Argwohn und aufsteigender Wut.
    »Es geht ihm nicht besonders«, sagte Adam.
    »Mir kommen die Tränen«, war mein vernichtender Kommentar. »Hat er geschrieben, du bist selbst schuld? Wo ist der Brief?«
    »Ich habe ihn weggeworfen«, erwiderte Adam.
    »Richtig so. Nur weg damit. Was stand sonst noch drin?«
    »Nicht viel, außer, dass es ihm leid tut.«
    Leid. Dass ich nicht lache.
    Mein Bruder ging zurück zu seinem Stuhl und setzte sich hin. Ich sah ihn eine Weile an und meine Wut verrauchte langsam. Wo war Adam? Ich wollte meinen Bruder zurückhaben.
    »Adam, wie lange willst du noch in diesem Zimmer bleiben?«
    Adam gab keine Antwort. Er starrte weiter aus dem Fenster. Seine hängenden Schultern und seine ganze Haltung verrieten, dass er am Boden zerstört war. Ich hasste es, ihn so zu sehen. Das war nicht mein Bruder, der da auf diesem Stuhl saß; das war bloß eine leere Hülle.
    »Daddy?« Emma spähte durch den Türspalt in Adams Zimmer.
    Adam drehte sich auf dem Stuhl so, dass wir sein Profil nicht mehr sehen konnten.
    »Emma, ich habe dich doch im Wohnzimmer gelassen.« Ich blickte stirnrunzelnd auf sie herab, denn ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie es schon ohne mich die Treppe herauf schaffte. Und das Treppengitter schloss ich nur, wenn sie oben war …
    »Hallo, Onkey …« Emma grüßte Adam mit ihrer Version von »Hallo, Onkel«, dabei war die Unsicherheit in ihrer Stimme unüberhörbar. Sie hatte Adam seit Wochen nicht richtig gesehen und wusste wahrscheinlich noch, wie er sie angebrüllt hatte.
    »Dante, könntet ihr jetzt bitte gehen?«, sagte Adam und wandte sich noch weiter ab, sodass wir nicht mehr als seinen Hinterkopf sahen.
    Emma tapste ins Zimmer, bevor ich sie davon abhalten konnte. »Hallo, Onkey«, sagte sie erneut. »Hallo.«
    Adam wurde ganz steif, als er ihre Stimme von Nahem hörte. Man merkte, wie sehr er wünschte, dass ich Emma nahm und verschwand, aber irgendetwas hielt mich zurück. Emma wackelte zu Adams Stuhl, um ihn von vorn anzugucken. Sie blickte zu ihm hoch und streckte ihm lächelnd die Ärmchen entgegen.
    Adam sah zu seiner Nichte hinunter.
    Emma wedelte mit den Armen. Was sie wollte, lag auf der Hand. Langsam bückte sich Adam, um sie hochzunehmen. Zischend entwich die Luft aus meinen Lungen. Dabei hatte ich nicht einmal gemerkt, dass ich sie angehalten hatte. Adam nahm Emma tatsächlich auf den Schoß. Ich trat weiter ins Zimmer. Mein Bruder hielt Emma so vorsichtig, als wäre sie aus Glas. Bestürzt begriff ich, dass er es tat, um Emma die Gelegenheit zu geben, vor dem Anblick seines Gesichts zu flüchten. Aber Emma streckte ihre kleine Hand aus und streichelte die Narben auf Adams Wange.
    »Macht aua?«, fragte sie.
    »Ja«, flüsterte Adam.
    »Ganz doll?«
    »Ganz doll.«
    »Bussi?«
    Adam seufzte, dann lächelte er – das erste richtige Lächeln, das ich seit Langem bei ihm gesehen hatte. »Ja, bitte.«
    Emma rappelte sich hoch, bis sie auf Adams Oberschenkeln zu stehen kam, während er sie immer noch festhielt. Sie beugte sich vor und küsste seine narbige Wange, dann schlang sie beide Ärmchen um seinen Hals und hielt ihn so fest wie er sie.
    Und von dort, wo ich stand, konnte ich sehen, dass Adam weinte.

45 ADAM
    Emma schlang die Arme um meinen Hals, drückte ihre heile Wange gegen meine kaputte und umarmte mich, als wollte sie mich nie wieder loslassen, als könnte sie mir alles nachempfinden, was ich durchmachte.
    Was für ein merkwürdiges Gefühl, dass sie mich zu trösten versuchte. Ich hielt sie ganz fest, und als die Tränen schließlich kamen, gab es kein Halten mehr. Und Emma ließ mich nicht los. Sie war nicht erschrocken, als sie mein Gesicht gesehen hatte. Sie sah mich auch nicht an, als wäre ich ein Monster oder so was. Nein, sie küsste mich einfach auf die Backe und drückte mich noch fester.
    Und das tat vor allem deshalb so weh, weil Mum mich immer genau so gedrückt hatte, wenn sie mich trösten wollte.

46 DANTE
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich nicht nur gut, sondern einfach fantastisch. Emma hatte endlich Adams Gesicht sehen dürfen. Das musste doch
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