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Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry
Autoren: Malorie Blackman
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wir dir was Feines zu essen besorgen.«
    Ich nahm sie bei der Hand und führte sie in die Küche. Nachdem ich Emma in ihren Hochstuhl gesetzt hatte, stellte ich eine Schüssel mit Trauben, Orangenschnitzen und Bananenstückchen vor sie hin. Dann sah ich ihr zu, wie sie das Obst verschlang. Den Löffel wie ein Schwert schwingend nahm sie sich ein Stück Banane vor. Und mir ging immer noch nicht aus dem Kopf, was ich fast getan hätte …
    Ich musste hier raus.
    »Daddy ist gleich wieder da, Emma«, sagte ich leise.
    Dann lief ich hinauf in Adams Zimmer, um mich ihm irgendwie näher zu fühlen. Ich stöberte herum, ordnete die Sachen auf seinem Schreibtisch, zog seinen Stuhl vom Fenster weg, strich seine Decke glatt, hob sein Kissen, um es aufzuschütteln. Darunter lag ein gefaltetes Stück Papier. Ich nahm es an mich und faltete es auseinander. Dann begann ich zu lesen.
    Adam,
    ich weiß, ich bin wahrscheinlich der Letzte, von dem du einen Brief bekommen möchtest, und ich könnte es dir nicht verdenken, wenn du ihn ungelesen in den Papierkorb befördern würdest. Aber ich hoffe trotzdem, du gibst mir die Chance, die ich dir nie gegeben habe, und liest ihn bis zum Ende.
    Wie du inzwischen sicher weißt, werde ich bald vor Gericht stehen. Mein Anwalt hat versucht, die Anklage von schwerer vorsätzlicher Körperverletzung in schwere Körperverletzung abzumildern, aber die Polizei besitzt Fotos und Arztberichte, aus denen eindeutig hervorgeht, was ich getan habe, darum ist das eher unwahrscheinlich. Wie man mir mitgeteilt hat, besteht durchaus die Möglichkeit, dass ich hinter Gitter komme. Meine Mum will nichts mehr mit mir zu tun haben, meine Freunde auch nicht. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Und glaub mir, ich will kein Mitleid von dir. Mir ist klar, dass das unmöglich ist nach allem, was ich getan habe. Wenn ich ins Gefängnis komme, dann weil ich es verdient habe. Das habe ich inzwischen akzeptiert. Eigentlich wollte ich vorbeikommen, um persönlich mit dir zu reden, anstatt diesen Brief zu schreiben, aber du hattest recht: Ich bin ein Feigling. Trotzdem muss ich dir sagen, was ich auf dem Herzen habe: Es tut mir leid. Ich weiß, das sind bloß Worte, es ist zu wenig und kommt zu spät, aber es tut mir wirklich sehr, sehr leid, was passiert ist. Wenn ich mich an jenen Abend zurückerinnere, kann ich auch heute noch nicht begreifen, was ich getan habe.
    Ich möchte dich um etwas bitten. Ich weiß, ich habe kein Recht dazu, aber ich tue es trotzdem. Wirst du mir schreiben, wenn ich im Knast bin? Ich werde dir nach der Verhandlung meine neue Adresse mitteilen. Solltest du es vorziehen, nicht zu reagieren, verstehe ich das. Aber ich hoffe trotzdem, du erbarmst dich meiner und schreibst zurück. Ich habe sonst niemanden mehr. Ist das nicht seltsam? Ich hatte Angst, meine Freunde und meine Familie zu verlieren, wenn ich mich oute und aufhöre, ihnen etwas vorzuspielen, aber jetzt habe ich sie auch so verloren.
    Wie ich gehört habe, gehst du nicht wieder zur Schule. Liegt es daran, dass du dich, wie ich, innerlich tot fühlst? Liegt es daran, dass das Leben dir nicht mehr lebenswert erscheint? Du hast einmal gesagt, du und ich, wir seien uns sehr ähnlich, wir würden über viele Dinge ähnlich denken. Damals habe ich es noch abgestritten, aber auch damit hattest du recht. Und deswegen glaube ich auch zu wissen, wie du dich jetzt fühlen musst. Betrogen. Ich habe dir Dinge anvertraut, die ich nie zuvor irgendjemandem erzählt hatte. Wir waren uns nah und ich habe dir gesagt, dass du mir viel bedeutest. Das war wahr (und ist es immer noch), und doch habe ich es fertiggebracht, dir so etwas anzutun. Jetzt glaubst du, die Welt sei voll von Heuchlern und Lügnern wie mir, wozu also das Ganze? Diese Frage kann ich dir nicht beantworten. Ich weiß nur, dass keine Sekunde vergeht, in der ich nicht zutiefst bereue, was ich getan habe.
    Ich hoffe, dass du zurückschreibst. Du bist wohl meine letzte Chance, mich wieder wie ein Mensch zu fühlen. Aber wenn du nicht willst oder kannst, verstehe ich auch das.
    Pass auf dich auf.
    Dein Freund
    Joshua
    Ich setzte mich auf Adams Bett und las den Brief noch einmal von Anfang bis Ende. Von wegen, Joshs Brief sei in den Abfall gewandert. Ich wusste, dass man Josh auf Kaution freigelassen hatte, mehr aber nicht. Die Polizei hatte Dad telefonisch mitgeteilt, man habe Josh trotz der schweren Vorwürfe auf Kaution freigelassen, weil er sich freiwillig gestellt hatte. Ansonsten wäre er in
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