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Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry
Autoren: Malorie Blackman
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betrachtete unsere Doppelhaushälfte mit der dunkelblauen Haustür, den weiß gestrichenen Erkerfenstern und dem hohen Holztor an der Seite. Wie ein abgetragener, aber bequemer Mantel war unser Haus etwas ganz Besonderes, was einem aber nicht sofort ins Auge sprang. Man konnte es eher spüren als sehen. Es war alles andere als ein Palast, und doch freute ich mich, es zu sehen. Denn obwohl Mum nicht mehr da war, hatte ich manchmal im Haus oder auch nur in einem Zimmer ganz deutlich das Gefühl, sie zu hören, ihr Parfüm zu riechen, ihr Lachen zu vernehmen, so, als wäre sie nur im Nebenzimmer.
    Fast greifbar.
    Deswegen liebte ich unser Haus so. Und deswegen hatte ich auch nicht vor, jemals irgendwo anders zu wohnen. Ich ging den Gartenweg entlang zur Haustür und schloss auf, gefolgt von Dad, der mich immer noch mit seinem schrecklichen Gejaule folterte. Davon wurden meine Kopfschmerzen noch schlimmer, ich schwör’s.

8 DANTE
    Langsam setzte ich mich auf, meine Zehen krallten sich in den blauen Teppich.
    »Dante, wir sind wieder da.« Adams Stimme erklang aus der Diele. »Sind deine Prüfungsergebnisse gekommen? Wie hast du abgeschnitten? Ich wette, du hast alles bestanden.«
    »Hast du bestanden?«, rief Dad ebenfalls von unten.
    Ich ging zum Treppenabsatz und setzte mich hin. Das Herz klopfte mir gegen die Rippen. Dad und Adam blickten erwartungsvoll zu mir hoch.
    »Was hast du denn nun bekommen?«, erkundigte sich Adam ungeduldig.
    »Viermal A mit Stern.«
    »Ich wusste es!« Auf Adams Gesicht erschien ein fettes Grinsen.
    »Du hast also bestanden, oder?«, fragte Dad.
    Ich schluckte die in mir aufkeimende Enttäuschung hinunter. Was hatte ich eigentlich erwartet? Lob dafür, dass ich meinen Abschluss bereits mit siebzehn anstatt mit achtzehn in der Tasche hatte? Lob dafür, dass ich mir den Arsch aufgerissen hatte? Schön wär’s gewesen!
    »Ja. Ich habe bestanden.«
    »Freut mich für dich.«
    Übernimm dich bloß nicht, Dad , dachte ich säuerlich.
    Wir musterten einander. Adam schaute verwirrt von Dad zu mir und wieder zurück – so verwirrt wie immer, wenn Dad und ich eine »Unterhaltung« führten.
    »Dann wirst du also zur Universität gehen?«, fragte Dad.
    Ich zwang mich, nicht in Richtung Wohnzimmer zu schielen. »Das ist der Plan.«
    Nach einem kurzen Schnauben bewegte sich Dad in Richtung Küche. »Wenn ich deine Chancen gehabt hätte, wäre ich heute Millionär.«
    Und ich Milliardär, wenn ich bei diesem Satz jedes Mal ein Pfund bekommen hätte.
    Dad wandte sich wieder an Adam. »Adam, ich mache mir noch einen Kaffee, bevor ich zur Arbeit fahre. Möchtest du auch welchen? Du kannst schon mal ein paar Schmerztabletten damit hinunterspülen.«
    »Nein, danke«, entgegnete mein Bruder.
    »Möchtest du was trinken, Dante?«
    Klar, dass ich mal wieder nur im Nachsatz vorkam. »Nein, danke, Dad.«
    Meine Hände waren zu Fäusten geballt und es gelang mir partout nicht, sie zu entspannen. Hätte es Dad denn umgebracht, ein wenig mehr Freude zu zeigen?
    »Dann ziehst du also aus und ich kann dein Zimmer haben. Yeah!« Adam stieß die Faust in die Luft, fuhr sich aber gleich darauf mit der Hand an die Schläfe und stöhnte auf. Geschah ihm ganz recht!
    Ich runzelte die Stirn. »Dass du mich nur nicht zu sehr vermisst.«
    »Machst du Witze? Ich werde dich überhaupt nicht vermissen«, höhnte Adam, sich immer noch die Schläfe reibend. »Dad, kann ich Dantes Zimmer neu streichen, wenn er auszieht?«, rief er in die Küche, ehe er sich mir wieder widmete. »Als Erstes verschwinden all deine jämmerlichen Poster!«
    »Um sie wodurch zu ersetzen? Bilder von Schmetterlingen?«
    »Schmetterlinge und Wirbelstürme«, antwortete Adam in Anspielung auf einen Song seiner Lieblingsband.
    »Schmetterlinge und kleine Kätzchen mit großen Augen, meinst du wohl.«
    Adam blickte sich kurz um, ob Dad gerade zusah, dann machte er eine obszöne Geste in meine Richtung. Wenn Dad nur sehen könnte, was Adam, sein kleiner Engel, hinter seinem Rücken trieb.
    Und währenddessen befand sich im Wohnzimmer …
    Die Situation war einfach unerträglich – ich wartete auf das Unvermeidliche, das mein Ende besiegeln würde wie ein Betonklotz, der aus großer Höhe auf mich herabdonnerte. Ich linste zu der leicht angelehnten Wohnzimmertür. Adam machte sich auf den Weg die Treppe hinauf. Er grinste in Vorfreude auf mein Zimmer, das er bald bekommen würde.
    »Was hat eigentlich die Ärztin gesagt, Arschgesicht?«, fragte ich
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