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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7
Autoren: Mirjam Mous
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Getränke.
    »Nun?«, sagte Lara ungeduldig.
    »Der Mann, der den Hörer abgenommen hat, sagt: ›Es ist fast drei Uhr und dann sind wir an der Reihe.‹«
    »Bei der Bank muss man Nummern ziehen, bevor man an der Reihe ist«, dachte Lara laut nach. »Und auf dem Rathaus.«
    »Aber was ist mit diesem ›fast drei Uhr‹?«, fragte ich. »Übrigens war im Hintergrund auch Musik zu hören.«
    »Tja.« Sie rutschte tiefer in ihren Stuhl und seufzte. »Okay, sag schon. Ich geb’s auf.«
    Meine Hände spielten mit dem Zitronenstampfer in meinem Eistee. »Ich habe das Rätsel auch noch nicht gelöst.«
    »Du bist mir vielleicht einer!« Sie trat unter dem Tisch nach mir. »Was bringt so ein Rätsel, wenn du keine Lösung hast?«
    Überhaupt nichts, dachte ich.
    Eine Bedienung mit einer bordeauxfarbenen Schürze näherte sich. Auf beiden Händen balancierte sie einen Teller mit dampfender Pizza und kam geradewegs auf unseren Tisch zu.
    »Eine Cheezy Crust für den Herrn.« Das war keine Frage, sondern eine Mitteilung. Sie stellte den Teller schon ab.
    »Woher weißt du das?«, fragte ich, während das Blut in meinen Ohren rauschte.
    »Du bestellst doch immer eine Cheezy Crust«, antwortete sie mit einem Lächeln. »Du dachtest sicher, ich wüsste das nicht mehr, was? Es ist auch schon wieder eine Weile her.« Sie schob den anderen Teller auf Laras Tischset. »Ehrlich gesagt mache ich mir immer ein bisschen Sorgen, wenn Stammkunden plötzlich nicht mehr auftauchen. Dann denke ich sofort an unangenehme Krankheiten, Unfälle und Todesfälle. Aber weil ihr beide nicht mehr kamt, bin ich davon ausgegangen, dass ihr umgezogen seid.«
    »I-ihr?«, stammelte ich.
    Lara schämte sich offensichtlich für mein Gestotter, sie bekam rote Flecken am Hals.
    »Ja, du und deine Schwester.« Die Bedienung schaute Lara fragend an. »Oder?«
    Ich war früher schon mit Lara hier gewesen! Die Bedienung verflüssigte sich, und nicht nur sie; der ganze Laden begann, sich auf einmal so seltsam zu wellen.
    »Was ist los?«, hörte ich Lara fragen. Es klang gedämpft, als stünde sie in dichtem Nebel.
    Frische Luft! Ich umklammerte die Tischkante. Der Schweiß floss in Strömen über meinen fast explodierenden Kopf, während ich mich mit höchster Anstrengung hochdrückte. Schwankend ging ich zur Tür.
    »Boy?«
    Raus! Ich ließ mich auf die Motorhaube des Pick-ups fallen und beugte den Kopf zu den Knien. Warum hatte Lara verschwiegen, dass sie mich kannte? Die bedrohlichsten Verschwörungstheorien schossen mir durch den Kopf. Sie steckte mit einem Haufen Verbrecher unter einer Decke. Sie hatten mich gegen Lösegeld entführt und mir den Schädel eingeschlagen – ich war entkommen, aber dann hatten sie mich wiedergefunden. Oder ich war Zeuge eines schrecklichen Verbrechens geworden; bei traumatischen Erfahrungen verdrängte das Gehirn Erinnerungen und deswegen beobachteten sie mich – ich war also sicher, solange ich den Mund hielt. Oder ich hatte selbst ...
    »He.« Laras Hand in meinem Nacken.
    Ich schob sie weg.
    »Geht es wieder?«, fragte sie.
    Ich wollte schreien, dass sie eine Verräterin war und abhauen sollte. Aber dann dachte ich an meinen Rucksack, der im gelben Zimmer lag. Er war lebenswichtig. Ohne meine Sachen würde ich keinen Schritt weiterkommen. Lara wusste mehr. Und wenn ich es aus ihr herausprügeln musste, sie würde reden!
    Langsam richtete ich mich auf.
    »Sie haben mir die Pizzas mitgegeben.« Sie hielt eine Doggybag hoch. »Tante Bobbie sagt immer, wenn man sich nicht gut fühlt, muss man erst recht essen. Das ist gut für den Blutzuckerspiegel.«
    Was faselte sie da? Glaubte sie im Ernst, ich würde auf diese Unschuldiges-Mädchen-Komödie hereinfallen?
    »Auto«, sagte ich mit zusammengepressten Zähnen. »Und zwar sofort!«
    7
    Sie nahm ein Stück Pizza aus der Doggybag und stellte mir die Tüte auf den Schoß. Ich schlug sie mit voller Wucht weg.
    »Benimm dich doch normal!«, rief sie.
    Schwarze Flecken vor meinen Augen. »Benimm dich selbst normal!« Ich vergrub die Finger in ihrer Schulter und zog sie zu mir heran.
    »Au! Du tust mir weh.«
    Sehr gut! »Warum hast du die ganze Zeit so getan, als würdest du mich nicht kennen? Na? Na?«
    »Wovon redest du?«
    Ich schüttelte sie. »Jetzt hör doch auf mit den dummen Spielchen. Du hast selbst gehört, was die Bedienung sagte.«
    »Aber ...« Ihre Hand mit dem Pizzastück sank auf ihr Knie und hinterließ einen Fettfleck. »Ich bin nie mit dir bei Pizza Hut gewesen.«
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