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Bossing - wenn der Chef mobbt

Titel: Bossing - wenn der Chef mobbt
Autoren: Helmut Fuchs , Andreas Huber
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Verhalten gegenüber einem Beschäftigten oder einer Gruppe von Beschäftigten zu verstehen, das Gesundheits- und Sicherheitsrisiken hervorruft.«
Entsprechend dieser Definition umfasst Mobbing offene und versteckte Attacken: Dazu zählen neben kommunikativ-verbalen auch physisch-körperliche Angriffe sowie verdeckte Formen wie soziale Ausgrenzung und Diffamierung, Schlechtmachen und anonyme Sabotage von Arbeitsleistungen. Als »unangemessen« bestimmen die EU-Arbeitsmediziner und -rechtler alle Verhaltensweisen, die von Menschen als unterdrückend, demütigend oder bedrohend erlebt werden.
Gerichtsurteile sind von besonderem Interesse für das Thema Mobbing. Dabei kommt dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Thüringen vom April 2001 eine überragende Bedeutung zu, der ersten gerichtlichen Mobbingdefinition. Das rechtlich präzise Grundsatzurteil gilt als wichtiger positiver Schritt in Richtung rechtliche Gegenwehr der vor Gericht lange hilflosen Mobbingopfer.
Das Thüringer LAG bezog sich dabei übrigens auf einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom Januar 1997. Interessanterweise finden sich dort als Mobbingverursacher auch ausdrücklich Führungskräfte : »Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte. Es wird durch Stress am Arbeitsplatz begünstigt, deren Ursachen unter anderem in einer Über-/Unterforderung einzelner Arbeitnehmer, inder Arbeitsorganisation oder im Verhalten von Vorgesetzten liegen können.«
Auszüge aus den beiden bahnbrechenden Anti-Mobbing-Entscheidungen können Sie im Anhang ab Seite 159 nachlesen.

    Auch der deutsche Arbeitspsychologe und Mobbingforscher Dieter Zapf bemerkt, dass Mobbing von Vorgesetzten ausgehen kann – und der oder die Betroffene eindeutig unterlegen ist. Interessanterweise erwähnt er auch das sogenannte Staffing: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen mit Mitteln des Mobbings gegen einen Vorgesetzten vor.
    Zum Kern von Mobbing zählen immer eine systematische, intensive und andauernde Anfeindung mit dem Ziel, das unterlegene Opfer auszugrenzen und von der Arbeitsstelle wegzuekeln.
    Wir halten uns daher im Folgenden an die kompakte Definition des repräsentativen Mobbing-Reports:
    »Unter Mobbing ist zu verstehen, dass jemand am Arbeitsplatz häufig über einen längeren Zeitraum schikaniert, drangsaliert oder benachteiligt und ausgegrenzt wird.«
    Eines gilt es jedoch zu beachten. Mobbing ist heute, ähnlich wie Stress, fast ein Modewort geworden: Meinungsverschiedenheiten, Streitereien, ein böses Wort, falsche Töne hier und da oder ein Klatsch in der Teeküche – schon wird man gemobbt. Aber nicht alles ist Mobbing, was sich nach Mobbing anhört. Um als Mobbing zu gelten, müssen die Gemeinheiten längere Zeit konsequent und mit Absicht durchgeführt werden. Wie die Mobber gern vorgehen, lesen Sie im folgenden Abschnitt.
Arsenale und Strategien: Waffen für den totalen Angriff
    Kollegen sprechen hinter Ihrem Rücken und Sie haben genau Ihren Namen gehört? Sie finden eine Unterlage nicht mehr – und wissen eigentlich genau, diese erst kürzlich in den Ordner A11 abgelegt zu haben? Sie waren gestern beim Mittagessen in der Kantine allein am Tisch, während alle anderen Plätze vergeben waren? Ihr Chef verlangt eine detaillierte Auflistung Ihrer Tätigkeit – das war doch früher nicht der Fall? Sie müssen ihr gewohntes Büro verlassen, wegen Renovierung – obwohl seit Tagen keine Handwerker zu sehen sind?
    Sie sollten aufpassen – all das kann Mobbing sein. Muss aber nicht. Vielleicht haben die Kollegen nur über Sie gesprochen, weil es um Ihren baldigen Geburtstag geht. Die Unterlage wollten Sie zwar in A11 ablegen – finden Sie aber ein paar Tage später woanders; wahrscheinlich waren Sie während eines Telefonates unkonzentriert. Der Chef verlangt nicht nur von Ihnen einen Tätigkeitsplan, sondern auch von zwei weiteren Kollegen, wie sich herausstellt. Keiner wollte darüber sprechen. Dabei macht sich Ihr Chef nur Gedanken, wie er Sie und Ihre Kollegen von unnötigen Zeitdieben befreien kann, ohne das in seiner gewohnten Zeitnot auch zu erklären. Und die Renovierung beginnt die Woche darauf tatsächlich.
    Wie im vorigen Abschnitt beschrieben, ist eine einzelne Tat noch kein Mobbing. Mobbing ist ein Prozess, in dem viele, teilweise kaum bedrohliche Teilhandlungen zusammenkommen, wie Leymann und andere sie beschrieben haben. Dazu zählen Angriffe auf die Möglichkeit,
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