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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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ernsthaft behaupten, dass der japanische Ministerpräsident sich wegen ein paar blöden Fischen einen Dolch in den Bauch rammt?« Er rümpfte angewidert die Nase, so als nähme er gerade einen fauligen Geruch wahr. »Das können Sie nicht wirklich glauben, oder?«
    »Doch, Herr Hauptkommissar, leider ist genau das zu befürchten. Sie können sich sicherlich vorstellen, welche internationalen Konsequenzen eine solche Katastrophe hätte. Ich betone: internationale!«
    Tannenberg weigerte sich noch immer trotzig, das, was er eben vernommen hatte, als bare Münze zu nehmen. Er warf die Stirn in Falten und sagte: »Sie wollen mich doch nur verscheißern, nicht wahr? Haben wir etwa heute einen außerplanmäßigen 1. April – mitten im November?«
    »Nein, Tannenberg, das ist leider, leider kein Aprilscherz«, seufzte der Oberstaatsanwalt. Er blickte zu Boden, wiegte den Kopf mit bekümmerter Miene hin und her.
    Kriminaldirektor Eberle hegte anscheinend ebenfalls gewisse Zweifel hinsichtlich des von Dr. Hollerbach aufgetischten Horrorszenarios. »Also, ehrlich gesagt weiß auch ich nicht so recht. Er brach ab, atmete kurz durch, dann fuhr er fort. »Ich denke, Ihre Befürchtungen sind sicherlich ein wenig übertrieben.«
    Erneut stockte er, eine Hand glitt über sein nur noch spärlich vorhandenes Haupthaar. »Aber natürlich wäre dieser Koidiebstahl auch ohne eine derartige Eskalation eine gewaltige Blamage für das Ansehen unserer Stadt – vor allem in Japan.«
    »Weiß zufällig jemand von Ihnen, wie der aktuelle Ministerpräsident Japans heißt?«, fragte der Oberstaatsanwalt, scheinbar ohne jeglichen Zusammenhang zum aktuellen Gesprächsthema.
    Wolfram Tannenberg lag die Frage auf der Zunge, ob Dr. Hollerbach auch für eine Quizshow trainiere, aber bevor er sie stellen konnte, ergänzte sein Intimfeind in eine wegwerfende Handbewegung hinein: »Wahrscheinlich könnten Sie mir eher den Namen eines japanischen Fußballspielers nennen, als den des …«
    »Junichiro Koizumi«, verkündete der Leiter des K 1 mit einem triumphalen Lächeln auf den Lippen.
    Dr. Hollerbach reagierte im ersten Moment ziemlich verblüfft. Doch bereits einen Wimpernschlag später hatte er die unerwartete Antwort verkraftet. »Respekt! Sogar mit Vornamen!«, lobte er scheinheilig. »Und?«
    »Was, und?«
    »Na, was sagt Ihnen denn dieser Name?«
    Nun war Tannenberg seinerseits sichtlich irritiert. »Ähm …«, stammelte er, »was sollte er mir … denn sagen?«
    »Koi-zumi«, splittete der Oberstaatsanwalt den Namen des japanischen Ministerpräsidenten in zwei Worte. Er ließ einen Augenblick verstreichen, bevor er ergänzte: »Nomen est omen! Wörtlich übersetzt heißt Koizumi: der Koizüchter. Also ein Name, der sich von einem Beruf herleitet. Wie bei uns auch. Denken Sie nur an ›Schneider‹ oder ›Müller‹. Junichiro Koizumi gehört zur berühmtesten Koizüchterfamilie Japans. Das ist ein uralter Familienclan, der seit vielen Jahrhunderten die kaiserliche Familie mit den prächtigsten Kois beliefert.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Verstehen Sie nun endlich, welche Brisanz der Diebstahl der Kois in sich birgt, egal, wie unrealistisch die Suizidvariante auch sein mag?«, mischte sich nun der Kriminaldirektor wieder in das Gespräch ein.
    »Ach, Eberle«, warf der Oberstaatsanwalt dazwischen. »Auch wenn Sie es nicht glauben mögen, aber die Japaner haben eben eine ganz andere Tradition als wir Europäer. Das Fatale an der Sache ist nämlich Folgendes.« Er hüstelte hinter vorgehaltener Hand, bevor er mit gequälter Mimik weitersprach: »Falls der Herr Ministerpräsident die Kois, die er an unseren Japanischen Garten ausgeliehen hat, nicht zurückbringt, verliert er sein Gesicht und …?«
    Als niemand auf seine Frage reagierte, fuhr er fort: »Und bringt große Schande über seine altehrwürdige Familie.« Er stöhnte auf. »Und laut der in seinen Kreisen vorherrschenden Tradition gibt es nur eine einzige Möglichkeit für ihn, die Ehre seiner Familie zu bewahren. Und die besteht darin, sich das Leben zu nehmen.«
    »Verdammte Scheiße, das glauben Sie doch alles selbst nicht«, schimpfte der Leiter des K 1 mit einem weiteren Ausflug in die Fäkaliensprache.
    »Kommen Sie, Herr Kollege, bitte mäßigen Sie sich!«, mahnte sein direkter Vorgesetzter.
    Tannenberg machte eine entschuldigende Geste. »Okay, okay.« Anschließend wandte er sich an den Oberstaatsanwalt. Aber, woher wollen Sie denn das eigentlich alles so genau
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