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Bombe an Bord (Haie an Bord)

Bombe an Bord (Haie an Bord)

Titel: Bombe an Bord (Haie an Bord)
Autoren: Stefan Wolf
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Sie spürte einen
Krampf über dem Zwerchfell. Aber das würde sich geben.
    Sie hatte wieder ihre mürrische Miene
aufgesetzt. Wenn sie redete, würde sie den nörgelnden Ton anschlagen.
Rückschlüsse auf ein gutes Betriebsklima ließ das nicht zu. Aber das war ihr
wurscht.
    Habe ich erstmal die 300 000, dachte
sie, wird alles leichter. Für Nicole, für mich — nur der Oma sage ich nichts.
Die geht das nichts an.
    Sie sah auf die Uhr. Blohm war bereits
in seinem Büro. Wann sah er in den Briefkasten? Wie sie wußte, geschah das zu
unterschiedlichen Zeiten.
    In ihrem Schrieb drohte Jutta, Lebens-
und Genußmittel des Kaufhauses zu vergiften — wie den SÜSSEN GRUSS — , falls
das Geld — die 300 000 DM — nicht gezahlt werde. Wegen der Übergabe erfolge
Benachrichtigung. Denn was das betraf, hatte Jutta noch keine Idee.

4. Verbote und Badetücher
     
    Unmittelbar vor den Sommerferien lassen
sogar Pauker die Zügel schleifen. Der Unterrichtsstoff wird lustlos
vorgetragen. Keiner interessiert sich dafür. Selbst die Streber gähnen. Stunden
fallen aus — aus nichtigen Gründen. Gehirne verweigern den Dienst, müde Knochen
ebenso. Eigentlich könnte man die Ferien vorverlegen. Aber das ist nun mal
nicht zulässig, und so harrt man denn aus.
    In der 9 b fielen heute die zweite und
dritte Stunde aus, eine Doppelstunde: Kunstunterricht.
    „Wir könnten in die Stadt radeln“,
schlug Gaby vor, „und im Kaufhaus unsere restlichen Einkäufe erledigen. Dann
ist der Nachmittag nicht so zerrissen.“
    Der Vorschlag gefiel.
    Karl gab zwar zu bedenken, daß es
verboten sei, während der Unterrichtszeit die Schule zu verlassen — aber weder
er noch seine Freunde werteten das als ausreichenden Grund.
    „Verbote“, meinte Tim, „werden unter
anderm auch deshalb gemacht, damit man sie Übertritt. Wäre diese Neigung nicht
allgemein verbreitet, hätte man ja gar keinen Grund, die Verbote aufzustellen.
Ein gepflegter Rasen, den man nicht betreten darf, wird erst dadurch
interessant für Fußballspieler, Frisbee-Werfer und Sonnenbäder. Die
Allgemeinheit betrachtet sie als Sünder, wenn sie auf dem Rasen rumtrampeln
oder liegen. Kommt aber einer, reißt das Schild BETRETEN VERB OTEN aus dem
Boden und wirft es weg — sind ruckzuck alle Fußballspieler, Frisbee-Werfer und
Sonnenbäder entkriminalisiert, nämlich unschuldig.“
    Karl nickte.
    Klößchen kaute auf einem Stück Schokolade,
schloß ein Auge und dachte angestrengt nach.
    „Viele Verbote“, sagte Gaby, „schaffen
also viele Sünder. Bei null Verboten gäbe es nur liebe Menschen.“
    „Exakt!“ nickte Tim. „Aber niemand wüßte,
wo’s langgeht. Verbote und Gesetze müssen also sein. Damit nicht jeder die
Wildsau rausläßt und sich aufführt wie die Axt im Walde. Aber es darf nicht
überhand nehmen mit den Ver- und Geboten. Es darf nicht für jeden Kinderkram
zig Vorschriften geben. Das schränkt die persönliche Freiheit nur ein. Ist
außerdem sinn- und gehirnlos, nämlich ausgedacht von Verwaltungsmenschen, die
unter katastrophaler Trübsal leiden.“
    „Wieso?“ fragte Karl.
    „Ist doch klar.“ Tim stopfte sein
T-Shirt, das aus den Jeans gerutscht war, hinter den Gürtel zurück. „Diese Ge-
und Verbots-Fabrikanten sehen alles tief schwarz, sind unfroh und
niedergedrückt — weil sie alle Menschen, ausgenommen sich selbst, für Idioten
halten. Für Idioten, denen man jede Kleinigkeit vorkauen muß, weil sie
überhaupt nichts selber können und nur Mist bauen würden. Daraus ergibt sich,
daß alles geregelt werden muß — nach Vorschrift: vom Staat, von den Behörden,
durch die Beamten. Dazu gehören auch die Pauker. Aber ich sehe nicht ein, warum
ich jetzt hier bleiben soll. Aufmüpfig, wie wir sind, fahren wir in die Stadt.
Also los!“
    „Erwischen darf man uns aber nicht“,
meinte Klößchen. „Denn unser Verbotsschild steckt noch im Rasen.“

    „Du sagst es.“
    Sie warteten das Klingelzeichen zur
zweiten Stunde ab.
    Als sich das Gelände leerte, holten sie
ihre Tretmühlen und schoben ab — verstohlen — zum Tor.
    Auf dem Weg zur Stadt — immer die Zubringer-Allee
entlang — wurden sie von einem älteren Mercedes überholt.
    Alle zuckten zusammen.
    Es war der Wagen von Dr. Freund, dem
Direktor.
    Er fuhr eigenhändig und nur ein bißchen
zu schnell, denn 60 km/std. waren Vorschrift auf dieser schüler-reichen Strecke.
Aber er hielt nicht an und drohte auch nicht mit der Faust.
    „Ein Komplize“, meinte Klößchen. „Er
Übertritt
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