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Böser Mann - Provinzkrimi

Böser Mann - Provinzkrimi

Titel: Böser Mann - Provinzkrimi
Autoren: PeP eBooks
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Keiterer.«
    »Also gesehen hat sie nix. Nur gehört. Wie ein Auto mit quietschenden Reifen davongefahren ist. Der Fischer hat ja keinen Ton mehr von sich geben können. Kannst dir vorstellen, wie erschrocken die Keiterer war?«
    »Wer hat dir das denn erzählt?«
    »Die Resi.«
    »Die Resi!«, brummte Luginger. »Und die kennt die Keiterer? «
    »Vom Singen, Franz. Also, als sie noch zusammen gesungen haben. Die waren beide im Sopran.«
    Während Luginger auf die leere Salzpackung starrte, dachte er, ohne Resi geht hier nichts. Wenn was passiert, weiß es Mamas Nachbarin als Erste.
    »Du brauchst neues Salz für den Geschirrspüler. Ich bring dir was mit.«
    »Sag’s dem Sammy. Der hat doch Zeit.«
    »Mama, der Sammy ist zwar schwarz, aber nicht mein Sklave.«
    Unwirsch winkte Anna Luginger ab. »Du weißt genau, wie das gemeint ist.«
    »Eben, Mama. Einmal Neger, immer Neger.«
    Streitereien über Sammy gehörten zum Ritual von Lugingers Besuchen. Sosehr die alte Frau Sammy mochte, so sehr hielt sie seine Anstellung für Geldverschwendung. Das Hammer-Eck hatte früher keinen Koch gebraucht, warum brauchte es heute einen? Wenn jemand was essen wollte, sollte Moni was machen. Moni, die ewige Moni, die Wirtin, die Luginger nur heiraten müsste, und alles hätte seine Ordnung. Dumm bist, Bub, und
fürs Geschäft taugst nichts. Hast ein großes Herz, schau halt auf deine Kontoauszüg, da siehst jeden Monat, wie groß es ist.
    »Hilf mir die Beine hochlegen, Franz. Allein schaff ich’s nicht.«
    Luginger räumte den Beistelltisch frei und hob die Füße seiner Mutter auf die Glasplatte. Dabei fiel sein Blick auf einen Prospekt, der auf dem Boden lag.
    »Was hast denn da, Mama?«
    »Kannst nicht lesen. Steht doch alles drauf.«
    Luginger las »Seniorenresidenz« und »Wasserburg« und »schöne Lage« und »behindertengerecht« und sah lachende Alte mit lachenden Pfegerinnen und lachenden Ärzten und lachenden Kindern und lachenden Enkelkindern.
    »Was soll das? Willst nach Wasserburg?«
    »Ist doch schön da.«
    »Bist übergeschnappt, Mama? Denkst ernsthaf über so ein Heim nach?«
    »Residenz, Bub. Das ist eine Residenz mit viel Grün und kleinen Wohnungen, in denen man bleiben kann, bis nix mehr geht.«
    Luginger zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Wer hat dir denn den Floh ins Ohr gesetzt?«, sagte er ruhig und nahm ihre Hand. »Du bleibst hier und damit basta.«
    Seine Mutter lächelte still. »Wenn die Resi nicht mehr ist, was soll dann werden? Das geht doch alles nur gut, weil die nebenan wohnt. Willst dich allein um mich kümmern?«
    »Was redst denn da? Hat die Resi was? Ist die krank?«
    Die alte Frau schüttelte den Kopf.
    »Also. Und allein bin ich auch nicht. Sammy ist da, Moni, und Heider schaut doch auch ab und zu mal vorbei.«

    Anna Luginger stützte sich auf und schob ihren schweren Körper etwas nach vorn. »Die Moni hat die Wäsch mitgenommen vorhin«, sagte sie schließlich. »Wie lang die schon für mich bügelt, Bub. Könntest nicht mal …«
    »Ich weiß schon«, fuhr Luginger energisch dazwischen, »die Moni ist die Moni ist die Moni ist die Moni! Und wenn die Moni mich heiraten tät, würden wir Kinder kriegen, und du könntest bei uns wohnen und müsstest nicht nach Wasserburg.«
    Mittlerweile hatte er seinen Stuhl zurückgestellt und lief zur Terrassentür. Mit einem kräfigen Ruck schloss er sie, marschierte erneut in den ersten Stock und brauchte länger als sonst, bis er zurückkam.
    »Pass auf, Mama, das mit der Moni kannst getrost vergessen«, rief er schließlich und fuchtelte mit seinem Zeigefinger in der Lufherum. »Die will mich nicht, und ich will sie nicht. Fertig, Schluss, aus, Ende der Durchsage. Hast das verstanden?«
    Missmutig schaute seine Mutter auf ihre Brotstücke. Ohne Luginger anzuschauen, kaute sie langsam vor sich hin. Dann zog sie ihre Wolljacke enger über die Brust und drückte die Fernbedienung.
     

     
    Luginger ging die Tegernseer Landstraße hoch Richtung S-Bahnhof. Vorbei am Hotel Venedig, an der Sparkasse und an Linners Kartoffelkiste schlenderte er gemütlich auf der Schattenseite einer Straße entlang, die gerade an Sonntagen durch die vielen parkenden Autos so eng geworden war, dass Fahren keinen Spaß mehr machte.
    Vor Leonardos Eisdiele war der Teufel los. Die letzten warmen Tage im Jahr, da wollten viele den Sommer noch mal hochleben
lassen. Jung und Alt warteten in einer langen Schlange auf Eiskugeln. Zwanzig Sorten gab es, von Tartuffo über
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