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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Autoren: Barbara Brühwiler
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Heimflug sogar in der Touristen-Klasse wie ein Spa-Aufenthalt an.

    *

    Wir freuen uns auf unseren Umzug nach Südafrika. Vor ein paar Monaten war uns zwar nicht klar, ob wir das auch wirklich wollen. Schliesslich war der Vorschlag ziemlich überraschend gekommen, zumindest für mich.
    Eines Abends kam mein Mann nach Hause, lehnte sich an den Kühlschrank, statt mir meinen verdienten Kuss zu geben, und sagte leise:
    „Johannesburg“.
    „Johannesburg?“
    Lukas’ ausdrucksloses Gesicht und seine ungewohnte Theatralik verwirrten mich so sehr, dass ich das Wort mechanisch nachsprach und eigentlich gar nicht darauf achtete.
    „Johannesburg“.
    Ich war dabei, Pilze und Zwiebeln zu dämpfen, Brot zu toasten und unseren älteren Sohn davon abzuhalten, sein Glas zu überfüllen – typisches weibliches Multitasking eben. Zudem benahm sich mein Göttergatte äusserst seltsam. Da ist es sicher verständlich, dass ich nicht sogleich begriff, worum es ging.
    „Jaa, Johannesburg. Dort soll ich hin. Also wir.“
    Dies waren die Art und der Moment, wie mir der Vorschlag gemacht wurde, unser Leben komplett zu verändern.

    Eigentlich waren wir bis anhin mit unserem Leben in der Schweiz sehr zufrieden. Mein Mann Lukas ist Betriebswirt. Die Firma, für die er arbeitet, heisst KehlTech und produziert industrielle Anlagen, was meinem Mann imponiert. Lukas findet es aufregend, Baustellen und lärmende Fabriken zu besuchen, insbesondere wenn sie in einem anderen Erdteil liegen. Kurz nach dem Studium arbeitete er ein paar Jahre für eine grosse internationale Industriefirma in Asien, was erstaunlich ist, wenn man weiss, dass er nicht gerne Reis isst. In dieser Zeit entwickelte er die Theorie, dass man in einem schlecht entwi-ckelten Land nur in einem vielsternigen Hotel absteigen kann, um exotische Krankheiten zu vermeiden. Das hat für mich den positiven Nebeneffekt, dass ich ein paar wirklich schöne Hotels in verschiedenen Erdteilen kennen gelernt habe. Allerdings hat es auch den negativen Nebeneffekt, dass Urlaub ein nennenswerter Kostenfaktor in unserem Budget ist.
    Lukas ist aber auch geschäftlich oft auf Reisen, worum ich ihn immer ein wenig - na gut, ziemlich stark - beneide. Wir beide interessieren uns sehr für die grosse weite Welt, nur dass er diesem Interesse weit ausgiebiger nachgehen kann als ich. Darum muss er seine Reisen auch immer ein wenig runterspielen. Wenn ich ihn mit grossen Augen anschaue und hauche: „Wow, Abidjan!“ Dann verlangt es unser Protokoll, dass er entgegnet: „Sandra!“ (Das bin ich.) Pause. „Ein achtstündiger Flug, Malaria-infizierte Killermücken, und eine Klimaanlage vom Typ „ Super Quiet “, bei der Du wegen dem Lärm kein Auge zumachen kannst. Die reinste Folter!“
    Mein Arbeitsplatz bietet zwar von aussen gesehen glamour , aber von innen sieht das ganz anders aus. Ich arbeite im Private Banking bei einer Schweizer Grossbank. Unsere Kunden sind die privilegierten Menschen auf diesem Planeten, die mehr als eine Million Schweizerfranken bei uns anlegen können. Das tönt nach celebrities , exklusiven Anlässen, geräuschdämpfenden dicken Teppichen und so, und das ist es auch - für die Kunden. Nicht aber für uns Bankangestellte. Unsere Büros, zum Beispiel, gleichen in keiner Weise den stilvoll-eleganten Empfangsräumen für die Kunden. Wir huschen durch dunkle Gänge mit dunkelbrauner Holztäferung und beigem Teppich, und arbeiten in Büros, die im Sommer einer Omelette Surprise gleichen, diesem französischen Dessert, bei dem Eis mit geschlagenem Eischnee überba-cken wird. Unten eiskalt, oben heiss. Was daran liegt, dass wir eine sogenannte Kühldecke haben, die zu kalt eingestellt ist. Die Kälte sinkt zu Boden und führt zu Frostbeulen an den Zehen, während das Haupt in sommerlicher Hitze bäckt.
    Meine Arbeit besteht darin, dass ich einen Kundenberater für die Private Banking Kunden unterstütze. Ich erledige Börsenaufträge, verschicke Informationen, besorge den administrativen Teil einer Kundeneröffnung, und in einem Fall habe ich schon einmal ein Kilo Gold während zwei Wochen im Schrank gehütet, weil der Kunde sich nicht entscheiden konnte, ob er sich interessanter macht, indem er einen Goldbarren oder aber ein Schmuckstück verschenkt. Leider weiss ich nicht, ob er die angebetete Dame damit auch wirklich erobert hat.
    Es scheint, dass reiche Leute manchmal einen recht merkwürdigen Geschmack entwickeln. Das kann man aus den einschlägigen Zeitschriften sehen, aber
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