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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Autoren: Barbara Brühwiler
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der Welt zu bieten hat: Abendsonne, Seeanstoss, Nähe zu Zürich, gute Einkaufsmöglichkeiten, solide Mitbürger und sogar zwei Bahnhöfe. Und, was wahrscheinlich für die Begüterten den grössten Reiz ausmacht, einen der tiefsten Steuersätze für Privatpersonen in der Schweiz.
    Bekanntlich hat die Schweiz eine sehr hohe Lebensqualität, doch Lukas und ich hatten immer ein bisschen Fernweh. Eigentlich wollten wir schon seit längerem gerne irgendwo im Ausland wohnen und arbeiten. Es hat sich aber als schwierig herausgestellt, zur selben Zeit am selben Ort zwei gute Arbeitsstellen zu finden. Da sind wir halt vorerst in der Schweiz geblieben und haben das Beste daraus gemacht, sprich Kinder gekriegt, ein Haus gekauft und dazu gratis sehr nette Nachbarn bekommen.

    Und nun die Berufung nach Johannesburg! Eine grosse Stadt in Afrika, von allen Kontinenten dieser Welt ausgerechnet dieser! Die Welthauptstadt des Verbrechens! Eine Stadt in einem Land mit, gelinde gesagt, obskurer politischer Vergangenheit! Sollen wir unser Leben hier wirklich aufgeben, unsere Familie und Freunde und netten Nachbarn und Arbeitskollegen hier zurücklassen und auf einem fremden Kontinent ein neues Leben beginnen? Auch wenn es nur vorübergehend ist? Und wird es denn wirklich nur vorübergehend sein?
    Wir gehen die Sache systematisch an und erstellen eine Liste.

    Was für Südafrika spricht:
    1. Lukas interessiert sich für die angebotene Arbeitsstelle.
    2. Wir träumen schon lange vom Leben in einem anderen Land.
    3. Südafrika bietet Exotik, aber gepaart mit sehr guter Infrastruktur.
    4. Wir könnten uns eine Haushaltshilfe leisten.
    5. Johannesburg hat gute Verbindungen zur Schweiz, insbesondere einen bequemen direkten Nachtflug und keine Zeitverschiebung.

    Was gegen Südafrika spricht:
    6. Unsere Söhne würden verpflanzt.
    7. Unsere Familie und Freunde leben circa 8'500 km von Johannesburg entfernt.
    8. Unser Leben in der Schweiz gefällt uns sehr gut.
    9. Ich würde wahrscheinlich nicht mehr ausser Haus arbeiten.
    10. Das ganze Projekt ist sehr aufwändig.

    Schon nach kurzer Zeit haben wir die Gegenargumente gründlich zerpflückt:
    Die Jungs sind ja in einem sehr, sehr flexiblen Alter. Für Max wird in den nächsten Monaten sicher der schlimmste Schock kommen, wenn er wegen akuter Sturzgefahr nicht mehr seine Tage und Nächte im Stubenwagen verbringen kann. Da muss er sowieso durch, auch wenn wir in der Schweiz bleiben.
    Unsere Familie und die Freunde können uns ja besuchen. So sehen wir sie wahrscheinlich sogar noch öfter als in der Schweiz; bei einem so spannenden Land lassen sie sich diese Gelegenheit sicher nicht entgehen!
    Unser Leben in Johannesburg können wir uns neu einrichten, also wird uns das sicher auch gefallen. Wir sind ja sehr privilegierte Auswanderer, mit einem Job, der wartet, den Sozialversicherungen einer Schweizer Firma und einem Lohn, der uns in Südafrika ein bequemes Leben ermöglicht. Zudem haben wir die angenehme Perspektive, irgendwann in unser schönes Leben in der Schweiz zurückzukehren. Und Schweizer Schokolade soll es auch in Johannesburg geben.
    Mein Job - diese Frage müssen wir im Moment auf Eis legen. Meine Bank hat zwar in Johannesburg ein Büro, doch nur ein sehr kleines mit rund fünf Mitarbeitern. Keine Ahnung, ob die mich brauchen könnten. Keine Ahnung, ob ich eine Arbeitsbewilligung erhalten würde. Und keine Ahnung, ob ich in Südafrika überhaupt arbeiten möchte. Mein Mann, der erfahrene Auslandaufenthalter, weist darauf hin, dass das Leben im Ausland oft komplizierter und aufwändiger ist.
    Und das mit dem Aufwand: Also dieses Argument haben wir eigentlich nur aufgeführt, weil die Liste der Gegenargumente sonst so dürftig gewesen wäre. Wir wollten der Option „Schweiz“ eine faire Chance geben.
    Tja, wie sich zeigt, leiden die Gegenargumente an akuter Magersucht und wiegen schon fast gar nichts mehr. Wenn man noch die sonnigen Tage und die wilden Tiere in Afrika in die Waagschale wirft, dann ist die Sache klar: Südafrika, wir kommen!

2
    Im Angesicht der wilden Tiere
    _______

    Alle Zutaten für eine filmreife Szene sind zur Hand: Ein liebender Ehemann mit Rosen für seine Frau; eine liebende Ehefrau, die fünf Wochen von ihrem Ehemann getrennt war; ein kleiner Junge, der seinen Papa endlich wieder hat; ein süsses Baby, das mit grossen Augen in die Welt schaut; sogar ein einigermassen exotischer Schauplatz, der Flughafen von Johannesburg. Und trotzdem haben es die Regisseure
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