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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Autoren: Barbara Brühwiler
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es lässt sich auch ganz leicht in einer Feldstudie erleben. Mein Arbeitsweg zum Beispiel hat mich tagtäglich bei der Chanel-Boutique an der Zürcher Bahnhofstrasse vorbeigeführt. Durch mein tägliches Schaufenster-Shopping war ich also bestens über die jeweils aktuelle Chanel-Kollektion informiert. Einmal habe ich mir sogar ein Stück ganz aus der Nähe angeguckt, ein scheinbar mottenzerfressener orangefarbener zotteliger Kunstpelz, der zur Sportkollektion gehörte. Trotz intensivem Grübeln konnte ich nicht herausfinden, welchen Sport man darin ausüben sollte. Sicher etwas wie Tennis, wo man einen Gegner hat, und der nach dem ersten Satz lieber das Handtuch wirft, als einen bleibenden Schaden an seinen Augen zu riskieren. Na ja, jedenfalls bin ich nicht ein einziges Mal vor dem Schaufenster stehen geblieben, weil ich mich unsterblich in eines der ausgestellten Stücke verliebt hätte! Angesichts der astronomischen Preise ist das doch eigentlich toll, oder?
    Momentan setze ich meine Arbeitskraft aber nicht für die verwöhnten Bankkunden ein, sondern für unsere beiden Söhne. Ich bin im Mutterschaftsurlaub wegen unserem kleinen Max. Kein Über-, sondern der Tauf-Name unseres winzigkleinen Sohnes, neben dem es auch noch einen grösseren Bruder gibt, der aber nicht Moritz heisst. Sondern Tim. Habe ich schon erwähnt, dass wir grundsolide sind?
    Tim ist ein quirliger bald dreijähriger Knirps, der mit Begeisterung und grossem Karacho auf seinem Bobby-Car den Hügel herunterbraust und Bilderbücher verschlingt. Eine befreundete Psychologin hat mir kürzlich erklärt, dass Jungs im Allgemeinen zu wenig lesen. In unserem Haus ist das sicher nicht der Fall. Tim nimmt seine Bücher sogar mit ins Bett. Dieses benützt er für unseren Geschmack übrigens viel zu wenig, er kommt mit sehr wenig Schlaf aus. Wir haben schon alles probiert und schliesslich kapitulieren müssen: Obwohl er morgens vor sieben Uhr aufsteht, geht unser Sohn abends sicher nicht vor neun Uhr ins Bett, meistens sogar später. Lukas leidet dann still vor dem Fernseher, weil er sich eigentlich einen Action-Film reinziehen möchte, sich aber verantwortungsbewusst Tierfilme anguckt. Dort sind die Verfolgungsjagden zwar wesentlich weniger spannend, aber wir laufen nicht Gefahr, dass unser Dreijähriger einen Schaden fürs Leben nimmt, wenn er zwischendurch mal einen Blick auf den Fernseher wirft.
    Max scheint in dieser Beziehung zum Glück ein paar andere Gene geerbt zu haben: Er schläft sehr viel, und weil er ein äusserst zufriedenes Baby ist, lassen wir ihn ziemlich oft in der Rolle des Beobachters. Das scheint ihm aber nichts auszumachen – nun gut, er kennt es auch nicht anders. Der allererste Tag mit Baby Max zu Hause war ganz schön komisch: Lukas nahm extra einen Ferientag, damit wir uns die Bürde der zwei Jungs teilen konnten. Und dann schlief das neue Familienmitglied die ganze Zeit und wachte nur kurz für die „Fütterungen“ auf! Die auf die grosse Kinderbetreuung vorbereiteten Eltern waren somit leicht unterbeschäftigt. Natürlich ist Max das süsseste Baby der Welt seit Tim! Und das problemloseste noch dazu.
    So ist mein Mutterschaftsurlaub ein bisschen das, was auf dem Etikett steht: Ein Urlaub.
    Normalerweise erledige ich unseren Einkauf immer im gestreckten Galopp und mit minuziös geschriebenem Einkaufszettel. Doch in meinem Mutterschaftsurlaub nehme ich es gemütlich, spaziere auch mal mit dem Kinderwagen durch unser Städtchen und besuche das lokale Feinkost-Geschäft. Neben den interessanten Spezialitäten hat dieses Geschäft die grosse Attraktion, dass man von jungen Italienern beim Obst- und Gemüsestand bedient wird. Sie haben die Aufgabe, einem ein paar besonders glänzende Äpfel zu präsentieren und zu fragen: „Ist das recht für Sie?“ Bei älteren Damen mit dicken Perlenketten hängen sie noch „gnädige Frau“ an, aber so weit bin ich noch nicht. Wahrscheinlich tun sie das auch für einige internationale Berühmtheiten, die ebenfalls in unserem Städtchen wohnen. Sie sollen angeblich in diesem Feinkost-Geschäft einkaufen, aber zu meiner Enttäuschung habe ich dort noch nie jemand Berühmten angetroffen. Eigentlich ist es nicht so überraschend, dass sich Prominente und Begüterte ausgerechnet hier niederlassen: Unsere Stadt ist ein Vorort von Zürich, und diese Stadt hat ja punkto Lebensqualität schon die Rangliste diverser internationaler Studien angeführt. Bei uns in Küsnacht gibt es alles, was dieser Teil
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