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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm
Autoren: Patricia Cornwell
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entsprach. »Schon ein Tag mit ungewöhnlich hohen Temperaturen würde den Zustand der Leiche verändern.«
    Wesley begann eine neue Seite auf seinem Notizblock. Er hielt inne und sah mich an.
    »Dr. Scarpetta, wenn sie kurz nach ihrer Entführung ermordet wurde, wie weit wäre dann die Verwesung fortgeschritten gewesen, als man sie am 7. Oktober fand?«
    »Unter den beschriebenen Bedingungen nicht weit«, sagte ich. »Zu rechnen wäre aber auch mit Insektenbefall und anderen Schädigungen post mortem, je nachdem, ob irgendwelche größeren Tiere an sie herankamen.«
    »Mit anderen Worten, sie wäre in einer viel schlechteren Verfassung als dieser« - er tippte auf die Fotos -, »wenn sie sechs Tage tot gewesen wäre.«
    »Ja, die Verwesung wäre weiter fortgeschritten als hier.« Schweißtropfen glitzerten an Wesleys Haaransatz und bildeten feuchte Flecken am Kragen seines gestärkten weißen Hemdes. An Stirn und Hals traten deutlich die Adern hervor.
    »Mich überrascht besonders, daß sie nicht von Hunden aufgespürt wurde.«
    »Also, mich nicht, Max. In dieser Stadt gibt es keine räudigen Streuner. Wir halten unsere Hunde in Zwingern oder an der Leine.«
    Marino gab sich wieder mal der schrecklichen Gewohnheit hin, seinen Styropor-Kaffeebecher zu zerbröseln.
    Emilys Körper war so bleich, daß er fast grau wirkte, dazu kam eine grünliche Verfärbung im unteren Quadranten der rechten Gesäßhälfte. Die Fingerspitzen waren trocken, die Haut an den Nägeln wich zurück. Ihr Haar und die Haut an den Füßen zeigten Ablösungen. Nichts deutete auf eine Gegenwehr hin. Ich sah keine Abwehrverletzungen, keine Schnitte, Prellungen oder abgebrochenen Nägel, die auf einen Kampf schließen ließen.
    »Die Bäume und die übrige Vegetation dürften sie vor der Sonne geschützt haben«, meinte ich düster. »Und anscheinend haben ihre Wunden nicht stark geblutet, wenn überhaupt. Andernfalls hätten sich mehr Tiere an ihr zu schaffen gemacht.«
    »Wir gehen von der Annahme aus, daß sie woanders getötet wurde«, warf Wesley ein. »Kein Blut, die fehlende Kleidung, die Lage der Leiche und so weiter, all das weist darauf hin, daß sie an anderer Stelle mißbraucht und erschossen und dann in das Gebüsch geworfen wurde. Können Sie sagen, ob ihr die Fleischstücke post mortem herausgeschnitten wurden?«
    »Zur Zeit des Todes oder kurz vorher beziehungsweise kurz nachher«, antwortete ich.
    »Um wiederum Bißwunden zu verdecken?«
    »Das kann ich aus dem, was mir hier vorliegt, nicht schließen.«
    »Gleichen die Verletzungen Ihrer Ansicht nach denen von Eddie Heath?« Wesley meinte damit den dreizehn Jahre alten Jungen, den Temple Gault in Richmond ermordet hatte.
    »Ja.« Ich öffnete einen weiteren Umschlag und zog einen Stapel von Autopsiefotos heraus. Sie waren mit Gummiringen zusammengehalten. »In beiden Fällen wurde Haut aus der Schulter und der Innenseite der Oberschenkel herausgeschnitten. Und auch Eddie Heath wurde mit einem Kopfschuß getötet, seine Leiche danach einfach irgendwohin gelegt.«
    »Mir fällt auch auf, daß trotz des Geschlechtsunterschieds die Körper des Mädchen und des Jungen sich gleichen. Heath war klein und in der Vorpubertät. Emily Steiner ist sehr klein und kurz vor der Vorpubertät.«
    »Auf einen Unterschied müssen wir allerdings achten«, warf ich ein. »An den Wundrändern des Mädchens finden sich weder kreuzweise noch flache Schnitte.«
    »Im Fall Heath«, erklärte Marino den Beamten aus North Carolina, »nehmen wir an, daß Gault zuerst versuchte, die Bißstellen durch Wegfräsen mit einem Messer unkenntlich zu machen. Als er merkt, daß das nicht klappt, schneidet er ganze Hautstücke in der Größe meiner Hemdbrusttasche heraus. Bei dem kleinen Mädchen, das er sich dann geschnappt hat, entfernt er wahrscheinlich nur noch die Bißstellen und fertig.«
    »Wissen Sie, mir ist gar nicht wohl bei dieser Vermutung. Wir können nicht einfach unterstellen, daß es Gault war.«
    »Es ist fast zwei Jahre her, Liz. Ich bezweifle, daß aus Gault ein neuer Mensch geworden ist oder er plötzlich für das Rote Kreuz arbeitet.«
    »Das wissen wir nicht. Bundy zum Beispiel hat sich als Sanitäter beim Rettungsdienst anstellen lassen.«
    »Und der Son of Sam erhielt Eingebungen vom lieben Gott.«
    »Berkowitz ist zweifellos der letzte, mit dem Gott reden würde«, sagte Wesley kategorisch.
    »Mir geht es nur darum, daß Gault - wenn er es war - diesmal die Bißstellen einfach gleich
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