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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm
Autoren: Patricia Cornwell
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einmal eine Autopsie vonnöten sein sollte. Sein Schluß, daß »einige Befunde nicht durch die Schußwunde im Schädel geklärt werden konnten«, reichte mir einfach nicht. Während Benton Wesley sich zu Wort meldete, nahm ich die Brille ab und rieb mir die Nasenwurzel. »Gibt es hier in der Gegend Ferienhütten oder andere Anwesen, die an Touristen vermietet werden?«
    »Ja, Sir«, antwortete Mote. »Jede Menge.« Er wandte sich an Ferguson. »Die sollten wir wohl auch überprüfen, Max. Besorgen Sie sich eine Liste, und schauen Sie nach, wer was gemietet hat.«
    Mir wurde bewußt, daß Wesley meine besorgte Stimmung gespürt hatte, als er sagte: »Dr. Scarpetta? Sie sehen aus, als hätten Sie noch etwas hinzuzufügen.«
    »Mich verblüfft das Fehlen von jeder vitalen Reaktion auf irgendeine ihrer Verletzungen«, sagte ich. »Und obwohl der Zustand ihrer Leiche darauf hindeutet, daß sie erst wenige Tage tot war, passen ihre Elektrolyten nicht zu ihrem physischen Befund...«
    »Ihre was?« Motes Gesicht zeigte Verständnislosigkeit.
    »Ihr Natriumspiegel ist hoch, und da der Natriumgehalt nach dem Tod recht stabil bleibt, können wir daraus schließen, daß er zur Todeszeit hoch war.«
    »Was bedeutet das?«
    »Es kann bedeuten, daß sie stark dehydriert war«, sagte ich. »Im übrigen war sie für ihr Alter sowieso untergewichtig. Ist etwas über eine mögliche Eßstörung bekannt? War sie krank? Litt sie unter Erbrechen? Durchfall? Hat sie entwässernde Mittel genommen?« Ich sah in die Runde.
    Als niemand antwortete, sagte Ferguson: »Das erfahre ich von ihrer Mutter. Ich muß sowieso mit ihr sprechen, wenn ich zurück bin.«
    »Ihre Kaliumwerte sind ebenfalls erhöht«, fuhr ich fort. »Auch dafür brauchen wir eine Erklärung, weil hier die Tatsache zu beachten ist, daß Kalium im Glaskörper des Auges nach dem Tod signifikant und voraussehbar zunimmt. Es tritt durch die Zellwände aus, die durchlässig werden.«
    »Glaskörper?« fragte Mote.
    »Eine Untersuchung der Augenflüssigkeit ist sehr aussagekräftig, weil diese isoliert und geschützt ist und deswegen in geringerem Ausmaß einer Kontamination oder der Zersetzung ausgesetzt ist«, antwortete ich. »Jedenfalls weist Emilys Kaliumspiegel auf eine frühere Todeszeit hin als die anderen Befunde.«
    »Wie lange läge sie danach zurück?« fragte Wesley. »Sechs oder sieben Tage.«
    »Könnte es dafür noch andere Erklärungen geben?«
    »Extreme Hitze hätte die Verwesung beschleunigt«, antwortete ich.
    »Das kann es aber nicht gewesen sein.«
    »Oder es liegt ein Meßfehler vor«, fügte ich hinzu. »Können Sie das herausbekommen?« Ich nickte.
    »Doc Jenrette ist der Meinung, daß die Kugel in Emilys Gehirn den sofortigen Tod bewirkt hat«, verkündete Ferguson. »Für mich klingt sofortiger Tod so, daß keine vitalen Reaktionen mehr vorhanden sind.«
    »Das Problem ist«, erklärte ich, »daß ihre Gehirnverletzung nicht zwangsläufig sofort tödlich gewesen sein muß.«
    »Wie lange hätte sie mit ihr überleben können?« wollte Mote wissen. »Stunden«, gab ich zurück.
    »Andere Möglichkeiten?« fragte Wesley.
    »Commotio cerebri, also Gehirnerschütterung. Sie gleicht einem elektrischen Kurzschluß - man bekommt einen Schlag auf den Kopf, der Tod tritt im selben Moment ein, und es ist keine ursächliche Verletzung festzustellen, wenn überhaupt eine.« Ich machte eine Pause. »Es wäre auch möglich, daß dem Opfer alle Verletzungen post mortem zugefügt wurden, auch die Schußwunde.«
    Das mußten alle Anwesenden erst einmal verdauen. Marinos Kaffeebecher war mittlerweile zu einem kleinen Styroporhaufen geworden, sein Aschenbecher angefüllt mit zerfetzten Kaugummipapierchen.
    »Gibt es vielleicht Hinweise darauf, daß sie zuerst erstickt wurde?« fragte er. Ich verneinte.
    Er begann mit seinem Kugelschreiber herumzuknipsen. »Reden wir noch einmal von ihrer Familie. Was wissen wir von ihrem Vater, außer daß er verstorben ist?«
    »Er war Lehrer an der Broad River Christian Academy in Swannanoa.«
    »Ging Emily auch dort zur Schule?«
    »Nein. Sie besuchte die öffentliche Grundschule in Black Mountain. Ihr Daddy ist vor ungefähr einem Jahr gestorben«, fügte Mote hinzu.
    »Das steht in meinen Unterlagen«, sagte ich. »Er hieß mit Vornamen Charles?« Mote nickte.
    »Woran ist er gestorben?« fragte ich. »Das weiß ich nicht genau. Aber es war eine natürliche Todesursache.«
    »Er hatte ein Herzleiden«, ergänzte Ferguson. Wesley stand
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