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Bodenrausch

Bodenrausch

Titel: Bodenrausch
Autoren: Wilfried Bommert
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wird rar, nicht zuletzt deshalb, weil der Klimawandel den Monsun zunehmend aus dem Takt bringt. Der Weltklimarat rechnet bis zum Ende des Jahrhunderts mit Ernteausfällen bis hin zu Totalverlusten besonders in Afrika, Indien und China.
    In die gleiche Richtung wirken das Abschmelzen der Gletscher und das Ansteigen des Meeresspiegels weltweit. Die großen Deltagebiete, Kornkammern Asiens und Afrikas, werden im Lauf des 21. Jahrhunderts im Wasser der Ozeane versinken. Auch die Düngerreserven der Welt neigen sich dem Ende zu, besonders bei Phosphat. Ohne Phosphat aber lassen sich die heutigen Erntemengen nicht halten. Ähnliches droht beim Öl. Ohne Rohöl läuft jedoch auf den Feldern der modernen Landwirtschaft nichts. Maschinen und Stickstoffdünger verbrauchen Energiemengen, die umgerechnet mehr als 270 Liter Diesel pro Hektar ausmachen.
    Dem wachsenden Mangel an Boden, Wasser, Dünger, Rohöl und an stabilem Klima steht eine schnell wachsende Nachfrage nach Energie, Futter- und Nahrungsmitteln gegenüber. Bis zur Mitte des Jahrhunderts werden zusätzlich 2 Milliarden Menschen Reis, Brot und Fleisch verlangen, besonders in den Schwellenländern, allen voran China, Indien und Brasilien. Schon hierfür müssten die Ernten um mehr als 70 Prozent steigen. Rechnet man den Durst auf Biosprit und den Hunger auf Biomasse als Rohstoff für die Industrien hinzu, zeigt sich das Dilemma, vor dem die Welt im 21. Jahrhundert steht.
    Je deutlicher die Konturen der zukünftigen Landbewirtschaftung hervortreten, desto klarer wird, dass unser derzeitiger Kurs nicht geeignet ist, das Überleben der Menschheit zu sichern, sondern die Konflikte um knappe Ressourcen nur weiter eskalieren lässt. 3 Welches Szenario könnte uns am Ende dieses Jahrzehnts erwarten?
    SZENARIO FÜR 2020
    Am 10. August 2020 weckt der BBC World Service seine Zuschauer mit Bildern aus einem neuen Krieg. Ein Geschwader mit F-15-Kampfflugzeugen steigt in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, in den Morgenhimmel auf. Sein Ziel, so die Stimme aus dem Off, ist Pakistan, seine Aufgabe die Verteidigung nationaler Interessen.
    Was ist passiert? Mehrere 100000 Hektar Ackerland, die Saudi-Arabien von der pakistanischen Regierung gepachtet hat, sind abgeerntet und das Getreide wird mit Lastwagen in Richtung Küste gefahren. Der Weg führt durch Dörfer, die sich von den Flutwellen, die seit 2010 das Land heimsuchten, nie erholt haben. Taliban springen der notleidenden Bevölkerung bei und stoppen die Wagen. Die pakistanische Regierung kann ihrer Zusage aus dem Jahr 2010, die Transporte notfalls mit 100000 Mann Militär zu schützen, nicht nachkommen. Daraufhin ruft der Staatspräsident Pakistans die Saudis zu Hilfe, und die schicken die Bomber los, die Saudi-Arabien im August 2010 in den USA gekauft hat, noch unter dem Vorwand, sich gegen den Iran zu wappnen. Am 10. August 2020 schießen sie den Weg frei für saudischen Weizen durch die pakistanische Provinz.
    Und das ist nur eine von vielen gewalttätigen Auseinandersetzungen im Szenario für 2020.
    Unter Führung Chinas bildet sich eine Allianz der Getreide importierenden Staaten. Gestützt werden sie von den Kriegskassen der Immobilien- und Pensionsfonds, die Milliarden in den Boden in unsicheren Staaten investiert haben. Die Agrotreibstoff- und Chemiekonzerne, die ihre Rohstoffe auf angeblich ungenutztem Land anbauen, und die Banken, die die Investitionen finanzieren, sie alle schließen sich dem Bündnis an.
    Dieses Kartell der Land- und Kapitalbesitzer sichert seine Investitionen in den Boden anderer Länder mit politischem Druck und militärischer Präsenz. Unruhen flammen auf in Asien, Afrika und Südamerika. Dem Weltsicherheitsrat gelingt es nicht, mit seinen Blauhelmmissionen neue Stabilität zu schaffen. Der Aufstieg des Bodens zur neuen Goldwährung des 21. Jahrhunderts hinterlässt verbrannte politische Landschaften im Süden der Welt und fördert neue Koalitionen, die die schrumpfende Welternte unter sich aufteilen.
    Der Norden, Europa und die USA stehen am Rande dieser Ressourcenkriege. Doch auch sie kommen nicht ungeschoren davon, die explodierenden Lebensmittelpreise drängen immer mehr Menschen in Armut und Hunger. Die eigene Landwirtschaft ist flächendeckend in die Hände der Energiekonzerne gefallen. Sie haben durch Kauf oder indirekt durch Pacht- und Lieferverträge die Äcker Europas und der USA in Maiswüsten verwandelt. Milchbauern können exorbitante Pachten, wie sie die Energieäcker
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