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Bodenrausch

Bodenrausch

Titel: Bodenrausch
Autoren: Wilfried Bommert
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einzubeziehen.
In Staaten, in denen die Armut groß und die Beschäftigung gering ist, dürfen nur Projekte gefördert werden, die den Menschen Arbeit bringen. Die Löhne müssen ein Leben ohne Not ermöglichen.
Investoren und »Gastländer« dürfen nur Projekte angehen, die die Umwelt schonen, den Klimawandel begrenzen, die Bodenerosion dämpfen und die Wasserreserven bewahren. Im Vordergrund sollen Anbaumethoden stehen, die mit möglichst wenig Aufwand an Dünger, Chemie und Maschinen auskommen.
Die Verträge müssen eindeutig formuliert sein, verbunden mit klaren Sanktionen gegenüber Investoren, die ihre Zusagen nicht einhalten. Sie sollen nicht nur zu Geldzahlungen verpflichten, sondern auch Vereinbarungen enthalten über zu schaffende Arbeitsplätze, Arbeitslöhne, das Einbinden von Kleinbauern, Leistungen für Schulen, Straßen und lokale Verarbeitungsbetriebe, damit möglichst viel von der Wertschöpfung in den Dörfern und bei der Landbevölkerung bleibt.
Verkäuferländer, die Nahrungsmittel einführen, um ihre Bevölkerung zu ernähren, oder auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind, müssen einen Teil der Ernte für sich und ihre Märkte reklamieren. Sie müssen über eine Klausel in den Verträgen regeln, dass dieser Anteil mit steigenden Weltmarktpreisen steigt.
Vor Vertragsabschluss muss geklärt sein, welche Folgen die Investition für den lokalen Arbeitsmarkt, das Einkommen, die Frauen, die biologische Vielfalt, die Infrastruktur und die Wasserversorgung hat, sowie den Zugang zu Brennholz und Weidegründen.
Wenn Investoren das Land geschützter Bevölkerungsgruppen beanspruchen, sind die Rechte der indigenen Bevölkerung besonders zu beachten, und es muss bei jedem Projekt im Vorfeld ihre Zustimmung eingeholt werden.
Arbeiter in der Landwirtschaft müssen in ihren Rechten geschützt werden, ihre Löhne müssen ihnen und ihren Familien ein Leben ohne Hunger und Not garantieren.
    De Schutter bleibt seinen eigenen Regeln gegenüber kritisch. Insbesondere gegenüber dem dritten Punkt, wo die Eigentumsrechte erwähnt werden. Sie könnten auch das Einfallstor für Zwangsversteigerungen oder Notverkäufe werden, wenn der frischgebackene Landbesitzer sich mit Krediten für Dünger und Saatgut verschuldet hat und dann statt der erwarteten Superernte eine Missernte einfährt. Dies führe dazu, dass er sein Land verliere und vor dem Nichts stehe. Darüber hinaus würden Frauen in der Regel benachteiligt, weil sie in vielen Ländern keine direkten Landrechte eingeräumt bekämen. Private Eigentumsrechte endeten mit der Konzentration des Bodens in den Händen der wenigen, die über genügend Kapital verfügen, in der Regel die nationalen Eliten oder die Investoren. Dagegen biete Gemeinschaftseigentum, wie es in den meisten Staaten des Südens der Tradition entspricht, auf lange Sicht mehr Sicherheit für Land und Landbesitzer.
    Diese elf Grundsätze bilden den Rahmen, in dem die großen Landbewegungen des 21. Jahrhunderts stattfinden sollten. Sie sind dem UN-Sachwalter für das Recht auf Nahrung zufolge das Minimum dessen, was notwendig ist. Aber selbst dieses Minimum wird von den Landdeals, die wir beobachten konnten, nicht erfüllt. »Das Menschenrecht auf Nahrung steht seit Jahrzehnten auf dem Papier, wurde aber nie richtig umgesetzt«, beklagt auch der stellvertretende Generaldirektor der FAO, Alexander Müller. 14
    Es besteht die Gefahr, dass selbst De Schutters Minimum am Ende nicht zur Wirkung kommt, weil es zunächst über die UN-Maschinerie in völkerrechtlich verbindliche Verträge umgesetzt werden muss. Das kostet Zeit, und in diesem Fall arbeitet sie gegen Olivier De Schutter und die Betroffenen, denn das Tempo des Landraubs ist hoch, und die Zeichen an den Weltmärkten stehen weiter auf Sturm.
    Nun wird niemand annehmen, dass das Gemeinschaftseigentum, die Allmende, in Zukunft die Modelle der Finanzmärkte ablösen kann, und auch die elf Grundsätze werden den Ansturm der Investoren nicht bremsen. Aber es sind Steine in dem Mosaik einer sozialen Weltagrarordnung, die Eigentum und Verantwortung wieder enger zusammenbringt.
    Ostrom und De Schutter machen deutlich, dass eine solche neue Ordnung klare Regeln braucht. Und die entstehen nicht in einem freien Markt, sondern die Weltgemeinschaft muss sie entwickeln, festsetzen, für alle sichtbar kontrollieren und Verstöße mit wirksamen Strafen ahnden.
    Eine neue Bodenordnung, die die private Verfügungsgewalt einschränkt, findet auch Unterstützung in
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