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Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michele Giuttari
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fragte Ferrara den Ältesten und die Frau.
    Der Alte mit dem struppigen Bart antwortete zuerst. Er hatte etwas Melancholisches an sich.
    »Ich habe meinen zu Hause gelassen.«
    »Wo wohnen Sie?«
    »In San Piero.«
    »Wie heißen Sie?«
    »Francesco Puglisi.«
    »Und Sie?«, wandte Ferrara sich an die Frau.
    »Ich habe keinen Ausweis.«
    Ihre Gesichtszüge waren hart, die Augen müde, der Blick verächtlich.
    In diesem Augenblick drangen Stimmen von der anderen Seite des Kellergeschosses zu ihnen. Ferrara ging mit einigen Beamten darauf zu. In einer Kammer hatten Polizisten vom NOCS einen Mann und eine junge Frau entdeckt. Die Frau saß vor einem Holztischchen, auf dem ein Weizenbrot, ein Stück Presskopf und ein paar Scheiben Käse lagen. Der Mann stand neben ihr. Er war sehr jung.
    »Sind Sie die Tochter von Alfredo Prestipino?«, fragte Ferrara.
    Sie sah ihn benommen an, dann nickte sie.
    Der Commissario stellte ihr keine weiteren Fragen.
    Er entfernte sich ein Stück und sprach über Funk mit den Polizisten, die bei Prestipino geblieben waren. Er beschrieb ihnen den Weg und befahl: »Bringt ihn her.«
    Es dauerte nicht lange, bis sie Schritte näher kommen hörten.
    Alfredo Prestipino ging zwischen zwei Beamten. Sobald seine Tochter ihn sah, sprang sie auf und umarmte ihn.
    »Papa!«, rief sie weinend und klammerte sich an ihn.
    »Maria«, antwortete er mit gebrochener Stimme.
    »Papa, lass uns nach New York zurückfahren! Ich will hier nicht mehr bleiben.«
    »Ja, mein Schatz. Wir werden so bald wie möglich abreisen.« Zwei dicke Tränen liefen ihm über die Wangen.
    Ferrara war sichtlich bewegt, als er sich entfernte. Er ging zurück in den anderen Raum.
    »Sie sind Alfredo Prestipinos Frau«, wandte er sich an die Frau in Schwarz.
    »Ich bin Angela Fedeli.«
    »Ihr Mann ist dort drüben. Kommen Sie mit, Signora.«
    Sie sagte nichts, hielt ihren Blick nur fest auf Ferraras Gesicht gerichtet. Der musterte sie seinerseits interessiert.
    »Signora, Ihr Mann ist dort drüben«, wiederholte er.
    »Er war mein Ehemann … Aber jetzt nicht mehr … Ich heiße Fedeli«, erwiderte sie, ohne den Blick von ihm abzuwenden, als wollte sie ihn herausfordern.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Für mich ist er gestorben. Ich bin eine Fedeli. Und jetzt möchte ich … Haben Sie hier das Kommando?«
    »Ich bin einer der Einsatzleiter.«
    »Lassen Sie mich nach Hause gehen. Meine Tochter kann tun, was sie will. Sie ist volljährig. Die Madonna sei mit ihr.«
    »Zuerst müssen wir noch einige Formalitäten erledigen.«
    »Ja, Angela, sie müssen ihre Pflicht tun«, schaltete sich Don Ciccio Puglisi mit seiner heiseren Stimme ein.
    »Dann beeilen Sie sich«, sagte sie eisig und ohne das leiseste Zögern.
    Die kleine Gruppe folgte den Polizisten.
    Angela Fedeli hakte sich bei dem alten Boss ein und ging schweigend neben ihm her.
    Sie hatte ihre Wahl getroffen: Sie würde dem Geheimkodex der ’Ndrangheta die Treue halten. Das war ihre Pflicht , um die Ehre ihrer Familie wiederherzustellen, die ihr Bruder Rocco in den Schmutz gezerrt hatte. Ihr Platz würde von nun an hier sein, in San Piero d’Aspromonte, bei ihrer Mutter und den Leuten, die genauso dachten wie sie.
    Alfredo Prestipino hingegen ging auf den Hubschrauber zu, den Arm um seine Tochter gelegt, den liebsten Menschen, den er auf der Welt hatte.

    »Dottor Ferrara, Dottor Ferrara, kommen Sie her!«
    Der Leiter der Squadra Mobile, Lorenzo Bruni, winkte ihn mit den Armen fuchtelnd zum Rand eines dichten Waldes, der gleich hinter den letzten Häusern des Ortes begann.
    Ferrara lief mit schnellen Schritten hin. Beim Näherkommen sah er zwei Männer auf dem Boden sitzen, die mit Handschellen gefesselt waren. Der eine hatte Blut am Ärmel seiner Jacke. Die Polizisten hielten die Gewehre der Männer in den Händen.
    »Mit denen haben sie auf uns geschossen«, sagten sie, ihm die Waffen zeigend. »Die anderen sind in den Wald entkommen, und es ist ein Unglück passiert …«
    Ferraras Miene verdüsterte sich. Bruni rief ihn erneut.
    »Dottor Ferrara, hierher!«
    »Was ist los, Bruni?«, fragte er, als er bei ihm war.
    »Kommen Sie mit … Carracci …«
    »Was?«
    »Carracci … Er ist getroffen worden …«
    »Wer war das?«
    »Die haben auf uns geschossen, während sie in den Wald flüchteten.«
    »Sind sie gefasst worden?«
    »Ein Trupp hat die Verfolgung aufgenommen.«
    Sie folgten etwa zwanzig Meter weit einem Pfad durch den Wald.
    Stefano Carracci lag auf dem
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