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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein
Autoren: Johan Theorin
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war dieser Hans Bremer?«, fragte Gerlof.
    »Nein, das war eben nicht Bremer ... das war der Mörder von Bremer. Er
heißt Fall, Thomas Fall. Er hat sich nur Bremers Namen geliehen.«
    Per versuchte sich zu erinnern, was ihm Thomas Fall über seinen
Beruf erzählt hatte, war er Werbefotograf? Wie auch immer, er wollte auf keinen
Fall mit Pornos in Verbindung gebracht werden. Das Geld hatte er gern genommen,
aber den schlechten Ruf wollte er nicht. Und am Ende, als Jerry krank wurde,
Daniel Wellman starb und Bremer mehr Geld verlangte, hatte er es als seinen
einzigen Ausweg angesehen, das Studio in Brand zu stecken und unterzutauchen.
    »Und wann haben Sie ihn bemerkt?«, fragte Per.
    »Ich habe ihn vorhin im Auto sitzen sehen«, sagte Gerlof. »Er
bastelte an einer Flasche mit einer Flüssigkeit herum ... und dann waren da die
Armbanduhren.«
    »Armbanduhren?«
    »Ja, er trug zwei Uhren am linken Handgelenk. Eine goldene und eine
aus Stahl, genau wie Ihr Vater. Das fand ich merkwürdig. Deshalb wollte ich
wissen, wo er hinfuhr und was er vorhatte.«
    »Ich habe sein Gesicht gar nicht sehen können«, seufzte Per. »Waren
wir uns ähnlich, Thomas Fall und ich?«
    »Ähnlich? Wie meinen Sie das?«
    »Er hat gesagt, dass wir Halbbrüder sind.«
    Per wandte dem Steinbruch den Rücken zu. Er blutete, war verletzt,
hatte Verbrennungen, und seine Kleidung stank nach Benzin. Jetzt war er an der
Reihe, sich ins Krankenhaus einliefern zu lassen.
    »Wir müssen die Polizei rufen«, sagte er. »Gehen wir ins Haus.«
    Er machte sich auf den Weg, aber nach wenigen Metern bemerkte er,
dass Gerlof ihm nicht folgte, sondern mit hängendem Kopf an der Felskante
stand. Er sah zu Per, und seine Stimme klang merklich dünn und schwach, als er
sagte:
    »Ich weiß nicht, ob ich das schaffe ohne meinen Stock. Ich fühle
mich so ...«
    Gerlof verstummte und schwankte.
    Per reagierte schnell, ihm tat zwar alles weh, aber er zögerte keine
Sekunde.
    Mit drei Schritten war er bei Gerlof und hatte ihn gepackt, bevor
der alte Mann über die Kante stürzen konnte.
    72
    A lles
war wie im Traum für Vendela, aber immer nur für kurze Momente. Sonst lag sie
in einem Dämmerzustand ohne Bilder und Erinnerung – unterbrochen von gedämpften
Stimmen und Schatten, die ihren Körper hochhoben und an den Armen zogen. Sie
ließ alles mit sich geschehen und schlief und schlief.
    Als sie erwachte, tastete sie nach Aloysius – dann blinzelte sie. Wo
war sie?
    Sie lag auf dem Rücken in einem Krankenhausbett und starrte an eine
weiße Decke.
    Die Wände waren gelb gestrichen, aber kahl, durch die Jalousien
drangen Streifen von Sonnenlicht. Nach einer Weile begriff sie, dass sie allein
im Zimmer war. Allein in einem Krankenhauszimmer an einem sonnigen
Frühlingstag. Es schien mitten am Tag zu sein, sie musste lange geschlafen
haben, fühlte sich aber dennoch müde.
    »Hallo?«, rief sie.
    Keine Antwort.
    Neben ihrem Bett hing ein durchsichtiger Plastikbeutel an einem
Gestell. Ein Schlauch lief aus dem Beutel, und Vendela stellte fest, dass sein
Ende in eine Nadel mündete, die wiederum in ihrer linken Armbeuge steckte.
    Infusion. Sie bekam eine Infusion.
    Sie erinnerte sich wieder an die Tabletten. Sie erinnerte sich, dass
sie ein letztes Mal zum Elfenstein gegangen war, mit Trauer und Sorge im
Herzen. Und sie hatte die Tablettenbox dabeigehabt, sich gegen den Stein
gelehnt und die Box geöffnet.
    Sie hatte sich nur ein bisschen entspannen wollen, aber offensichtlich
zu viele Tabletten genommen.
    Wie furchtbar
krank ich gewesen sein muss , dachte sie. Krank und traurig ... Bin ich denn jetzt wieder gesund
und froh?
    Vorsichtig setzte sie sich auf. Ihr wurde schwindelig. Sie wartete,
bis der Raum sich nicht mehr drehte, und schwang dann die Beine über die
Bettkante. So blieb sie erneut eine Weile sitzen, dann erst stellte sie sich
hin.
    Sie holte tief Luft, ihre Nase war nicht verstopft, ihre Allergie
war verschwunden.
    An der Wand standen ein paar Hausschuhe, und darüber hing ein roter
Bademantel am Haken. Sie schlüpfte in die Schuhe und legte sich den Mantel über
die Schultern. Mit dem Infusionsgestell in der Hand schlurfte sie los.
    Die Tür zu ihrem Zimmer stand einen Spaltbreit offen, und sie schob
sie auf.
    Der Gang war menschenleer. Die Glastür mit der Aufschrift AUSGANG sah schwer
zu öffnen aus. Das würde ihr nicht gelingen. Sie wandte sich in die andere Richtung.
    Der lange Flur endete in einer Art Aufenthaltsraum mit Stühlen und
Sofa. An der
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