Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld
Autoren: Karina Cooper
Vom Netzwerk:
das?«
    »Du hast nie den Tee getrunken, den wir zu den Mahlzeiten zu dir in die Suite hochgeschickt haben«, antwortete Phin, und seineAugen blitzten. »Aber du magst Kaffee. Schwarz, keine Milch, kein Zucker.«
    Unwirsch warf Naomi die Arme hoch. Als wolle sie mit dieser ungestümen Geste Phin seine eigenen Worte entgegenschleudern. »Na und, was heißt das schon? Wie soll das denn   …«
    »Da, schon wieder   – du machst dir Gedanken!«, seufzte Phin und streckte eine Hand nach ihr aus. Eine ganz einfache Geste. Eine Hand, einfach so, ruhig ausgestreckt. Abwartend, die Handfläche zeigte nach oben. Eine einfache Geste, und doch so viele Versprechen. »Komm her.«
    Naomi starrte die Hand an.
    »Keine Sorge, ich beiße ni… Nein, warte!«, berichtigte er sich. »Möglicherweise, sogar sehr wahrscheinlich beiße ich doch. Das ist doch kein Problem, oder?«
    »Du bist nackt.«
    Lachen hellte seine Gesichtszüge auf. Aus Naomis wunderschönem Gott im Dämmerlicht wurde ein sterbliches Wesen, sehr männlich. Erreichbar. Sehr real.
    Sehr Phin.
    »Du doch auch«, bemerkte er und wartete. Er tat einfach nur das: warten.
    Auf sie.
    Naomi ballte die Fäuste, entspannte die Hände wieder. Bewegte die Finger, ballte noch einmal die Fäuste. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals; das Blut rauschte ihr in den Ohren, viel zu laut, unmöglich es zu ignorieren. Aber Angst schnürte ihr die Kehle zu.
    Bedauern sorgte dafür, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten.
    Phins Hand bebte. »Naomi   …«
    »Es tut mir so leid.«
    Mit jeder Faser seines Körpers wollte Phin nichts anderes als zu Naomi. Er wollte von der Matratze rutschen und den Raum durchqueren. Er wollte Naomi in die Arme nehmen und sie zurück zu dem improvisierten Bett tragen. Er wollte die Entscheidung für sie treffen.
    Aber das durfte er nicht.
    Er hätte seinem Impuls folgen können, hätte es ihr leicht gemacht, ihr den schrecklichen Konflikt erspart, den sie gerade mit sich selbst austrug und der in ihren Augen zu lesen war. Aber dann hätte er nie mit Sicherheit gewusst, wie sie selbst sich entschieden hätte.
    Ob sie wohl dieselbe Wahl getroffen hätte.
    Oder nur er so für sie entschieden hatte.
    Es tut mir so leid.
    Angst fraß sich in sein Herz und krampfte ihm die Brust zusammen.
    »Was tut dir leid?« Es kostete ihn einiges, seine Stimme ruhig und gefasst klingen zu lassen. Seine Hand ausgestreckt zu lassen. Zu warten. Alles, was Naomi tun musste, war ein paar Schritt auf ihn zuzukommen und seine Hand zu nehmen.
    Oh bitte, lieber Gott, mach, dass sie meine Hand nimmt!
    Sie war so wunderschön. Die zuckenden Blitze am Himmel badeten sie abwechselnd in Silber und Schatten. Metallisch glitzerte es an ihrer Unterlippe, an ihrer Augenbraue. Am Bauchnabel und an einer ihrer vor Erregung aufgerichteten Brustwarzen.
    Anders, als die Naomi, die er gekannt hatte, aber dennoch Naomi durch und durch.
    In ihren Augen, zwei riesigen Seen aus Bedauern und Unsicherheit, schimmerten Tränen. Aus derselben Angst, die auch an ihm selbst fraß.
    Er wusste ganz genau, wie Naomi sich fühlte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich wollte nie   …« Phin sank das Herz. »Als ich dir all diese Dinge an den Kopf geworfen habe   …«, sagtesie mit spröder Stimme und suchte seinen Blick. Neben Angst erzählten ihre Augen jetzt auch von Schmerz. »Also, da habe ich wirklich nicht gewollt, das passiert, was passiert ist. Ich habe nicht gewollt, dass deine Mutter   …« Ihr versagte die Stimme.
    »Hey.« Er war vom Bett herunter und fast bei ihr, ehe er sich’s versah. Sein Stolz war ihm egal, ob er sich ihrer sicher sein konnte, auch. Wichtig war allein, die Schatten zu vertreiben, die ihren Blick verdüsterten. Die Schatten böser Erinnerungen. Sie aber hob abwehrend die Hand, und Phin erstarrte unter Naomis hartem Blick.
    »Halt. Bitte lass mich ausreden.«
    Phin nickte langsam. Seine arme Naomi.
    »Die Dinge, die ich gesagt habe   … ich habe diese Dinge gesagt, damit du Grund hast, mich zu hassen. Ich wollte, dass du glaubst, du wärst ohne mich besser dran.« Sie lachte. Es war ein dünnes Lachen, ohne jede Belustigung. »Ich wollte glauben, was ich gesagt habe, damit es mir leichter fällt zu gehen. Keine Bindungen. Nur ein schöner Traum während schlechter Zeiten.«
    Reines Silber überschwemmte ihre Augen, silbern die Spur einer einzelnen Träne auf ihrer Wange. Langsam und tief atmete Phin durch, bekämpfte den Impuls, zu Naomi hinüberzugehen. Sie zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher