Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)

Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)

Titel: Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
plötzlich heftig, ihr Blick wurde leer und sie klammerte sich mit solcher Kraft an ihrem Schreibtisch fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Dann holte sie stöhnend Luft und ihr fielen die Haare ins Gesicht, als sie den Kopf beugte. Sie seufzte, ihre roten Lippen schlossen sich und ihr Blick konzentrierte sich auf die eigenen Hände. Langsam ließ sie den Tisch los und legte die Hände in den Schoß. Sie schien zu wachsen, als sie sich aufrichtete und mich wieder ansah – mit einem Lächeln, das ihre kleinen, spitzen Reißzähne zeigte. Bei dem Funkeln in ihren jetzt vollkommen schwarzen Augen lief mir ein Schauder über den Rücken. Ich konnte ihn nicht unterdrücken, und ihr Lächeln wurde noch breiter. Dann musterte sie mein Gesicht auf eine sehr männliche Art. Das war nicht länger Nina.
    Ich versteifte mich, als sie tief durchatmete und die Schultern zurücknahm, während sie meine Nervosität in der Luft schmeckte. Dafür wäre Nina wahrscheinlich zu unerfahren gewesen. Sie zog eine leichte Grimasse, als sie ihre Kleidung musterte, und ich fragte mich, ob es ihr unangenehm war, einen Rock zu tragen, oder ob es darum ging, dass die Kleidung eher billig war. Vorher hatte sie ein gesundes Selbstbewusstsein ausgestrahlt. Jetzt hing die Überzeugung in der Luft, dass sie alles tun konnte, was sie wollte, ohne dass jemand deswegen auch nur mit der Wimper zuckte. Wayde, der mit hängenden Armen an der Tür stand, pfiff leise.
    »Du hast so was noch nie gesehen?«, fragte ich, und er schüt telte den Kopf. Ich beobachtete, wie »Nina« sich im Raum umsah, alles einordnete, Dinge hörte, die ich nicht wahrnehmen konnte, und Dinge erspürte, die ich auf dem Weg hierher bemerkt hatte. »Ich habe einmal gesehen, wie Piscary Kisten übernommen hat«, sagte ich leise. »Ivy hat es gehasst, wenn Piscary ihren Körper übernahm.«
    Nina lächelte. »Sie hat es genossen«, sagte sie, und ihre Stimme klang plötzlich tiefer, voller und kultivierter. »Ohne jeden Zweifel.«
    Ich bemerkte, dass ich brav die Beine überschlagen hatte, und korrigierte es sofort, indem ich meine beiden Füße auf den Boden stellte und mich im Stuhl zurücklehnte als wäre ich vollkommen entspannt – was ich nicht war. Es war unheimlich, einen Mann im Körper einer Frau zu sehen, und ich war mir sicher, dass der untote Vampir ein Mann war. Irgendein Telefon vibrierte, wahrscheinlich meines, aber ich ignorierte es.
    Nina stand auf, fand elegant ihr Gleichgewicht und warf mit gerunzelter Stirn einen kurzen Blick auf ihre flachen Absätze. Sie streckte mir einladend die Hand entgegen, und ich verfluchte mich selbst, als ich feststellte, dass meine Hand sich gegen meinen Willen hob. Ich zitterte, während sie den Kopf darüber senkte und mit einem tiefen Atemzug alles aufnahm, was er/sie in mir auslöste. »Es ist schön, Sie wiederzusehen, Ms. Morgan«, sagte sie lauernd, und ich zog meine Hand zurück, bevor sie versuchen konnte, sie zu küssen. Gott, ich hasste es, mich mit den ganz Alten herumzuschlagen.
    Ich warf einen Blick zu Wayde, der steif neben der Tür stand. »Sie waren der Fahrer in San Francisco«, riet ich. Mir fiel wieder ein, wie der Fahrer einen untoten Vamp von einiger Bedeutung kanalisiert und somit auch die Angelegenheiten des Hexenzirkels belauscht hatte, während er mich an einen Ort fuhr, wo ich mich um jemanden kümmern sollte, dem sonst niemand gewachsen war.
    Mit einem verhaltenen Lächeln nickte Nina knapp. Sie wirkte gleichzeitig teuflisch und verführerisch, als sie sich breitbeinig vor mir aufbaute. Es war wirklich seltsam. Das war nicht der nervöse Vampir, der mich in diesem Raum empfangen hatte. Und es war auch nicht das Wesen, zu dem Nina werden würde, wenn sie ihren ersten Tod starb. Das hier war jemand vollkommen anderes: jemand Altes.
    »Ich weiß eigentlich gern, mit wem ich mich unterhalte«, sagte ich. Leider klang ich dabei nicht wie gewünscht genervt, sondern eher quengelnd.
    »Heute gefällt mir Nina«, sagte sie, setzte sich wieder in ihren Stuhl und verzog das Gesicht, während ihr Blick auf den Dreck in den Ecken des fensterlosen Raums fiel. »So können Sie mich nennen.«
    »Wer sind Sie?«, fragte ich bestimmter, doch sie lächelte nur und legte die Finger aneinander.
    »Jemand, der Ihnen helfen kann«, sagte sie. Ich warf einen kurzen Blick in Waydes Richtung, als er sich räusperte. Ein leises Piepen aus meiner Handtasche verriet mir, dass jemand auf meine Mailbox gesprochen hatte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher