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Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen
Autoren: Noreen Ayres
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immer.«
    Ich bin höflich. Er weiß, daß ich dann meine Augen schließe und seufze, und das tue ich dann auch; und lache sogar als ob ich sagen wollte, »Ich bin froh, daß du noch immer der alte Billy bist.« Was ich dann tatsächlich sagte war, »Ist Joe S. noch hier?«
    Er brauchte einen Moment, um zu antworten, da er erst noch seinen Kopf zu Ende schütteln mußte, um auszudrücken, wie unhöflich ich war. »Er ist hier — im Kühlschrank«, sagte er und zeigte mit dem Kopf nach hinten.
    Man konnte nicht durch die Hintertür gehen, da war zuviel Blut. Das konnten die Jungs von der Gerichtsmedizin verpfuschen. Ich fragte mich, wo Mr. Dwyer war und ob er das Blut gesehen hat. Das wäre nicht gut.
    An einem Ende konnte ich den Boden hinter der Theke sehen, ohne über das Band zu steigen. Zwei sehr große Blutlachen waren auf den beigefarbenen Fliesen zwischen der Mitte der Theke und der Tür zum Hinterzimmer zu sehen. Sie bildeten ein eigenartiges Muster. Was war hier geschehen?
    Der Geruch von Nitrozellulose, Schießpulver schwebte noch in der Luft. Man vermische das mit Körperflüssigkeiten, und wenn man einen Geruch schmecken könnte, dann wäre dieser so, als ob man an einem Zahn saugt, der einem sagt, daß man besser einen Zahnarzt aufsuchen sollte. Es war kein Verwesungsgeruch, so stark war er nicht, aber ich fühlte mich ziemlich unwohl. Ich sagte mir, daß ich wahrscheinlich zu lange weg gewesen war.
    Um die weiße Tür zum Lagerraum mit der Kühltheke besser sehen zu können, lehnte ich mich gegen einen Turm von Papiertüchern. Auf der Tür im Bereich der Scharniere waren viele dicke Spritzer. Die Spritzer waren mit Bröckchen durchsetzt, so, als ob jemand Farbe durch ein Sieb gespritzt hätte. Die Blutlachen auf dem Boden und an der Wand waren kein arterielles Blut, das wußte ich. Die elegante Theorie der Arterienspritzer — elegant nennt es Joe Sanders — hängt mit dem Herzrhythmus zusammen, die Spritzer bilden Muster in immer schwächer werdenden parallelen Bögen auf einer Wand, etwa, wenn das Blut aus dem Hals des Opfers kommt. Aber diese Spritzer waren nicht so linear und es war höher als Nackenhöhe, sogar höher als Jerrys Nacken, der die Größe eines Football-Spielers hatte. Ich hatte dieses Spritzmuster vorher schon einmal gesehen — aber wo? Sehr viel Kraft mußte dahinter gesteckt haben. Auf der rechten Seite der Tür gab es verschmierte Handabdrücke, wo Jerry sich gegen sie gedrückt hatte, als er floh.
    Ich beugte mich vor. Von nahem sahen die Tropfen aus wie Pacman-Geister-Winkies, Inkies, Blinkies und dydes — die auf der Seite liegen. Sie waren auf einer Seite wellig, was beweist, daß sie von der anderen Seite gekommen waren, aus der Richtung, aus der auch Jerry wohl gekommen war. Einige hingen als Tropfen herunter, rote i-Pünktchen, die aussahen wie Kaulquappen, die sich nach Norden bewegten. Dann erinnerte ich mich: Krampfaderknoten aus der Speiseröhre. Unser Spezialist für Körperflüssigkeiten hatte uns die Dias gezeigt und uns gesagt, daß Alkohol manchmal die Arterien im Rachen zum Platzen bringt und es dann so aussieht, als ob ein Verbrechen begangen worden wäre. Und irgendwie war es ja auch so.
    Im hinteren Teil des Raumes gab es noch mehr Durcheinander, und ich sah Joe Sanders in der hinteren Tür stehen, im Gespräch mit einem Polizeibeamten, wahrscheinlich mit dem diensthabenden Verkehrspolizisten. Trudy Kunitz kam nun auch hereingesegelt und maß den Raum mit einem Metallband aus, das schepperte, als sie es herumdrehte, um es flach hinzulegen. Trudy machte ihren Job wirklich gut; sie ist verläßlich. Unsere Abteilung ist ein gutes Team, meistens harmonieren wir wie gute Musik. Kaum jemand macht Mist. Als sie hinter einem Stapel Kartons verschwand, konnte ich sie nicht mehr sehen und ging zur Eingangstür hinaus und um das Gebäude herum.
    An der Seite des Gebäudes zog ein gelbes Absperrband einen inneren Kreis in einem größeren außen, der bis zum Parkplatz reichte. Ich bemerkte, daß das Ende des Bandes am Gebäude über dem Asphalt in der Nähe der Damentoilette schleifte, aber ich registrierte dies nicht richtig. Die Herrentoilette hatte ein Band quer über der Tür und dem Türrahmen kleben. Dies bedeutete, daß jemand die Herrentoilette für spätere Untersuchungen versiegelt hatte, vermutlich, weil es dort eine Spur gab, die noch genauer inspiziert werden mußte.
    Plastikbecher und Fastfood-Verpackungen von nebenan stapelten sich am Drahtzaun hinter
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