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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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Kuss.
    »Der Krankenwagen wird gleich da sein«, sagte Cornfeld mit viel zu lauter Stimme. »Pia muss dringend ins Krankenhaus.«
    Sie riss sich von mir los und lehnte sich zurück.
    »Du blutest«, sagte sie.
    Erst jetzt bemerkte ich, dass Blut aus meinem Hemdsärmel tropfte.
    »Dann haben wir ja schon wieder was gemeinsam.«
    Sie lächelte. Und noch während sie lächelte, entgleisten ihre Gesichtszüge. Sie rutschte von der Bank. Cornfeld machte einen Satz nach vorn. Aber da hatte ich Pia schon aufgefangen. Und ließ sie so schnell nicht wieder los.

37
     
    Pia Petry im Valiumrausch
     
     
    Ich fühle mich, als hätte mir jemand Beton in die Venen gespritzt, als hätten sie mir das Gehirn amputiert und meinen ganzen Körper mit Sandsäcken beschwert. Was auch immer die Ärzte mir gegeben haben, es war eindeutig zu viel. Einen Vorteil haben die Medikamente jedoch. Mir ist alles egal. Auch das, was sich während der letzten vierundzwanzig Stunden ereignet hat. Götz, der Keller, die Folterinstrumente, die glühenden Kohlen. All das hat nichts mit mir zu tun. Über meinen Erinnerungen liegt ein Nebel, der gnädig Distanz schafft zwischen mir und dem Grauen.
    Cornfeld sitzt neben meinem Krankenbett, hält meine Hand und sieht mich an wie ein Vater sein verloren geglaubtes Kind.
    »Wie fühlen Sie sich?«, fragt er.
    »Glänzend«, sage ich müde.
    »Die Idee mit dem Handy war klasse.«
    »Was?«
    »Dass Sie die Wahlwiederholungstaste gedrückt haben.«
    »Ah ja.«
    Er nickt eifrig. »Ich bin stolz auf Sie.«
    Ich schließe die Augen und lasse mich in die Kissen sinken. »Ich bin so wahnsinnig müde.«
    Cornfeld streichelt unbeholfen meine Hand.
    »Ähm«, sagt er. »Renate ...«
    »Ja?«
    »Renate«, wiederholt er, »Renate würde Sie gerne besuchen.«
    »Wieso ist die nicht im Knast?«
    »Bis zum Prozess ist sie erst einmal auf freiem Fuß. Und das wird wahrscheinlich auch so bleiben. Mehr als unterlassene Hilfeleistung kann man ihr nicht nachweisen. Und da sie an dem Abend bis zum Anschlag mit Medikamenten voll gepumpt war, wird es auf verminderte Zurechnungsfähigkeit hinauslaufen. Ich denke, sie wird mit einer Bewährungsstrafe davonkommen.«
    »Und die Morde?«, frage ich.
    »... hat Götz gestanden.«
    »Na ja«, sage ich, »wahrscheinlich hat sie nicht gewusst, wie weit er gehen würde.«
    »Darf Renate Sie denn hier einmal besuchen? Ich habe den Eindruck, dass ihr das alles wahnsinnig leid tut.«
    »Das ist mir völlig egal«, fahre ich ihn an. »Wer mich in einer solchen Situation im Stich lässt ... Wissen Sie«, sage ich und versuche, mich im Bett ein bisschen aufzurichten, »ich werde nie in meinem Leben vergessen, wie sie sich umgedreht hat. Wie sie diese verdammte Treppe hochgegangen und einfach verschwunden ist. Dieses Gefühl von tiefster Verzweiflung, diese Wahnsinnsangst – das werde ich ihr nie verzeihen.«
    »Vielleicht«, sagt er, »vielleicht überlegen Sie es sich noch einmal?«
    »Wirklich nicht.« Ich entziehe ihm meine Hand. »Was ist eigentlich mit Dracu?«, frage ich.
    Cornfeld räuspert sich. »Den hat es auch erwischt.«
    »Erwischt?«
    »Der ist Götz vor der Averbeck'schen Villa in die Arme gelaufen. Und hat da wohl irgendetwas mitgekriegt oder gesehen ...«
    »Was er nicht sehen sollte«, beende ich seinen Satz. »Das heißt, er ist tot?«
    Cornfeld nickt.
    Ich rolle mich auf die Seite. Das ist alles ein bisschen viel auf einmal. »Ich bin hundemüde«, sage ich leise.
    »Soll ich gehen?«
    »Gute Idee.«
    »Okay.« Er springt auf, dreht sich um und prallt mit Wilsberg zusammen, der gerade das Zimmer betritt.
    O Gott, noch ein Retter, denke ich und kann die Augen nur mit Mühe offen halten. Noch einer, der mich halb nackt und blutverschmiert in einem Keller gefunden hat. Da kann ich nur von Herzen dankbar sein für all die chemischen Substanzen, die in meinen Adern zirkulieren und die die Peinlichkeiten meines Lebens auf die Größe unbedeutender Banalitäten reduzieren.
    »Hi«, flüstere ich, als Wilsberg an mein Bett tritt.
    Er räuspert sich. »Wie geht es dir?«
    »Ganz gut.«
    Ich versuche zu lächeln, bekomme aber nur eine schiefe Grimasse zustande.
    »Deine Augenbraue sieht prima aus«, sagt er. »Wenn die Fäden gezogen sind, sieht man bestimmt nichts mehr.«
    Ich nicke und deute auf mein Knie. »Tut weh.«
    »Das vergeht.« Lächelnd schaut er auf mich herab.
    Und erst jetzt bemerke ich, dass er sich in Schale geschmissen hat, dass er im grauen Anzug mit einem Strauß
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