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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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ihr zärtlich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Wenn ich sie jetzt laufen lasse, geht sie zur Polizei. Wenn ich ihr eine Lektion erteile, wird sie brav sein. Weil sie weiß, dass ich sonst wiederkomme.« Er sieht in meine Richtung und tief in seinen Augen sitzt der blanke Hohn. »Diese Nacht wird sie nicht vergessen. Glaub mir.«
    »Denk an Tanja«, sagt Renate leise.
    Und dann passiert das Unvorstellbare. Sie küssen sich. Und sie küssen sich nicht, wie sich Geschwister küssen. Nein. Sondern wie Menschen, die sich lieben. Körperlich lieben. Das wird ja immer schlimmer, denke ich entsetzt. Jetzt wird mir klar, wieso Jochen damit drohte, Renates Liebesverhältnis in Münster bekannt zu machen. Dann wäre sie ruiniert gewesen. Ruiniert und blamiert. Mal davon abgesehen, dass Inzest in Deutschland strafbar ist.
    Das war's, denke ich. Wenn die beiden ein Verhältnis haben, dann ein sadomasochistisches. Dann ist er Top und sie Bottom. Und damit ist völlig klar, dass Renate tun wird, was er will. Alle meine Hoffnungen sind dahin. Ich könnte kotzen vor Angst und Panik.
    »Renate«, flüstere ich. »Renate, glaub ihm nicht. Der lässt mich nicht am Leben. Das kann er gar nicht. Ich bin viel zu gefährlich für ihn. Der bringt mich um. Wenn du mir nicht hilfst, bringt er mich um.«
    Die beiden lösen sich voneinander. Renate wankt bedenklich. O Gott, denke ich, lass sie nicht betrunken sein.
    »Renate, er lügt. Ich komme hier nicht lebend raus«, rede ich verzweifelt weiter.
    Doch meine Freundin beachtet mich gar nicht. Sie greift nach Götz' Hand und verschränkt ihre Finger zwischen den seinen. »Die Polizei glaubt, dass Jochen ermordet worden ist«, sagt sie leise. »Sei vorsichtig.«
    Götz' Gesichtszüge scheinen für den Bruchteil einer Sekunde zu versteinern. Das war mein Todesurteil. Es gibt absolut keine Chance mehr für mich, hier lebend herauszukommen. Ich bin endgültig zum untragbaren Risikofaktor mutiert.
    »Du solltest jetzt gehen«, sagt Götz und schiebt Renate zur Treppe.
    Sie wirft mir einen unsicheren Blick zu.
    »Pia passiert schon nichts«, beschwichtigt er sie. »Wenn du wieder bei Sylvie bist, ruf mich an.«
    Sie nickt. Dann verschwindet sie in der Dunkelheit. Und ich schreie wie am Spieß.
    Mit wenigen Schritten ist Götz bei mir und hält mir Mund und Nase zu. Ich kriege keine Luft und sehe, fast ohnmächtig vor Entsetzen, wie Renate die Treppe hinaufgeht. Wie sich die Tür öffnet, wie das schimmernde Viereck auftaucht, das Leben, Freiheit und Erlösung verspricht, und wie es wieder verschwindet.

34
     
    Wilsberg telefoniert viel und erfährt wenig
     
     
    Laut Auskunft stand kein Raoul Meyer in Münsters Telefonbuch.
    »Haben Sie nicht etwas von einer Liste erzählt?«, fragte Cornfeld.
    »Ja, aber die hat mir Pia geklaut.«
    Ich rief Clara Heusken an. An den Geräuschen hörte ich, dass sie ebenfalls im Auto saß. Die Clubbesitzerin war immer noch stinksauer auf mich und ich musste meine ganze Überredungskunst aufwenden, damit sie nicht sofort wieder auflegte.
    »Jetzt sind Sie wohl völlig übergeschnappt«, beschimpfte sie mich, als ich den Namen Götz erwähnte. »Erst verdächtigen Sie meinen Mann und dann unsere Angestellten.«
    »Geben Sie mir einfach seine Adresse!«, bat ich.
    »Er ist bei Dracu untergekommen.«
    »Was?«
    »Die beiden sind befreundet.«
    »Und wo wohnt Dracu?«
    »Denken Sie, ich kenne die Adressen unserer Gäste auswendig? Fragen Sie doch die Auskunft! Sein richtiger Name ist José Manzini.«
    Damit war das Gespräch beendet.
    »Verdammt!«, brüllte ich laut.
    »Wohin jetzt?«, fragte Cornfeld sachlich.
    Wir waren in Roxel.
    »Richtung Zentrum.« Noch konnten wir nicht viel verkehrt machen. Es sei denn, Dracu wohnte gar nicht in Münster, sondern in einem der Schlafdörfer ringsum. Dann waren wir aufgeschmissen.
    Ich probierte es erneut bei der Auskunft. Zwar gab es auch keinen José Manzini, dafür zwei J. Manzini. Eine Adresse befand sich im Erphoviertel, die andere in Kinderhaus. Während ich mein Handy anstarrte und auf eine Eingebung wartete, klingelte es einmal. Eine unbekannte Nummer erschien auf dem Display und verschwand sofort wieder. Vermutlich falsch gewählt.
    »Können Sie nicht Ihren Freund von der Kripo fragen?«, schlug Cornfeld vor. »Diesen Störtebecker.«
    »Stürzenbecher. Ich fürchte, er ist nicht in der Stimmung, uns zu helfen.«
    Immerhin, ein Versuch war es wert. Ich öffnete die Liste mit den gespeicherten Nummern, als mir der
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