Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
wenn sein Blick erkennen ließ, was er
von dem Wort unschuldig hielt. Dennoch nickte er auch jetzt nur
und wandte sich zum Bug des Schiffes, der einzigen Stelle, wo
sie einigermaßen trockenen Fußes an Land gehen konnten.
Hinter ihnen sagte Fritjof: »Wo wollt ihr hin?«
Andrej hielt mitten in der Bewegung inne und wandte sich
wieder zu dem Nordmann um. Fritjof hatte sich endlich von
seinem Platz gelöst und nur einen Schritt getan, doch nun
zeichnete sich seine Silhouette deutlicher vor dem mattgrauen
Hintergrund des Fjords ab. Die seltsame Erscheinung rührte an
etwas in den Tiefen seiner Erinnerung, und aus Andrejs
Unbehagen wurde Schrecken.
Wie alle Männer in Ansens Begleitung trug auch Fritjof einen
schmutzstarrenden Mantel, Lederstiefel und schwere
Baumwollhosen unter einem ledernen Brustharnisch, doch
anders als seine Kameraden zierte er sich nicht mit einem
barbarischen Hörnerhelm, sondern trug einen Kopfschmuck, der
einmal einem Wolf gehört hatte. Jetzt, da er so als gestaltloser
Schemen dastand, übten die spitzen Wolfsohren und die
ausgestopfte, weit ins Gesicht des Nordmannes gezogene
Schnauze des toten Tieres eine unheimliche Wirkung auf Andrej
aus.
Für einen Moment war er überzeugt, keinem Menschen
gegenüberzustehen, sondern tatsächlich einem aufrecht
stehenden, über zwei Meter großen Wolf, der versuchte, sich als
Mensch auszugeben. Hastig schüttelte er den Gedanken ab.
»Wir nehmen das Angebot deines Kapitäns an«, sagte er.
Fritjof neigte den spitzohrigen Kopf. »Was genau soll das
heißen?«, fragte, nein, knurrte er.
»Wir brechen auf«, antwortete Andrej. Er spürte, wie Abu Dun
sich neben ihm anspannte, und machte eine rasche verstohlene
Geste mit der rechten Hand, von der er hoffte, das Fritjof sie
nicht, Abu Dun dafür aber umso deutlicher sah. »Du hast doch
gehört, dass Ansen es uns freigestellt hat, zu bleiben oder zu
gehen.«
»Davon weiß ich nichts«, antwortete Fritjof. »Ihr bleibt.«
»Und wie willst du uns dazu zwingen?«, fragte Abu Dun in
fast freundlichem Tonfall, der allenfalls ein bisschen darunter
litt, dass er seine Hand mit einem lauten Klatschen auf den
Schwertgriff fallen ließ.
Diesmal antwortete Fritjof nicht, sondern legte nur den Kopf
auf die andere Seite, und auch an dieser Bewegung war
irgendetwas … falsch. Es viel Andrej immer schwerer, die
Bilder zurückzudrängen, die aus seiner brodelnden Fantasie
aufsteigen wollten. »Wir haben keinen Streit mit dir, Fritjof«,
sagte er, so ruhig er konnte. »Bitte zwing uns nicht dazu.«
Fritjof sagte auch dazu nichts, kam aber einen weiteren Schritt
näher und blieb dann wieder stehen, als auch Andrej die Hand
auf den Schwertgriff senkte. Der Nordmann war, wie alle seine
Kameraden, fast eine Handspanne größer als Abu Dun und
genauso massig, aber er zögerte dennoch, stand er doch
immerhin zwei Gegnern gegenüber, die gut bewaffnet waren.
Die Worte des Kapitäns mussten ihm klargemacht haben, dass
sie keine unbedarften Reisenden waren, mit denen er leichtes
Spiel haben würde.
»Richte Ansen aus, dass wir ihm dankbar sind, uns
mitgenommen zu haben«, sagte Andrej, »und dass wir sein
Angebot zu schätzen wissen. Aber es ist besser, wenn wir allein
unserer Wege gehen.« Er wartete einen Moment lang vergebens
auf eine Antwort, atmete kaum merklich erleichtert auf und
wandte sich mit Abu Dun ab, um über die Ruderbank hinweg in
den vorderen Teil des Schiffes zu klettern.
Fritjof gab sich Mühe, keinen Lärm zu machen, doch das wäre
einem Mann seiner Größe und seines Gewichtes nicht einmal
gelungen, hätten Abu Dun und er nur über normale menschliche
Sinne verfügt. Andrej hörte die stampfenden Schritte des Riesen
schon, als dieser sich gerade erst in Bewegung gesetzt hatte, und
er spürte, hörte und roch das Kommen Fritjofs so deutlich, als
könnte er ihn sehen.
Im allerletzten Moment, als sie bereits das Zischen der Luft
hörten, durch die eine rasiermesserscharfe Klinge fuhr, warfen
Abu Dun und er sich gleichzeitig und in verschiedene Richtungen zur Seite, wirbelten herum und zogen ihre Schwerter,
noch bevor Fritjofs gewaltige Streitaxt die Ruderbank
zertrümmerte, auf der sie die letzten Tage gesessen hatten.
Andrej vermochte nicht zu sagen, wessen Schwert als Erstes
sein Ziel traf – seine schlanke Damaszenerklinge oder der
gewaltige Krummsäbel des Nubiers –, doch der Unterschied
betrug ohnehin nur die Dauer eines Lidschlages. Fritjof brüllte
auf, taumelte zurück und riss die Arme in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher