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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen
Autoren: Joe Abercrombie
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Ehrlichkeit bestehen. Ich werde keine weiteren Übertreibungen mehr zulassen! Die Wahrheit, Meister Süß, ist der Schlüssel aller großer Kunstwerke.«
    »Daran besteht kein Zweifel. Wobei ich mich frage – haben Sie davon gehört, wie ich einen großen roten Bären mit nichts weiter als diesen beiden Händen getötet habe …«

EIN ECHTER FEIGLING
    F ast gar nichts war so, wie sie es in Erinnerung hatte. Alles viel kleiner. Viel heruntergekommener. Ganz verändert.
    Ein paar andere Leute waren gekommen und hatten dort ein Haus gebaut, wo ihres gestanden hatte, und auch eine neue Scheune. Sie hatten einige der Felder bestellt und schienen eine ganz ordentliche Ernte erwarten zu können. Blumen blühten rund um den Baum, an dem Gully aufgehängt worden war. Der Baum, unter dem Ros Mutter begraben lag.
    Sie saßen auf dem Rücken ihrer Pferde, blickten mit düsteren Gesichtern zu dem neuen Hof, und Scheu sagte: »Irgendwie hatte ich erwartet, dass alles so sein würde wie damals, als wir weggingen.«
    »Das Leben geht weiter«, sagte Lamm.
    »Es ist ein schöner Ort«, sagte Tempel.
    »Nein, ist es nicht«, sagte Scheu.
    »Sollen wir hinunterreiten?«
    Scheu wandte ihr Pferd ab. »Warum?«
    Ros Haar war zu einem formlosen Strubbelkopf nachgewachsen. Eines Morgens hatte sie sich Lamms Rasiermesser genommen, um es wieder abzurasieren, und sie hatte an einem stillen Wasser gesessen, ihre Drachenschuppe in die Hand genommen und an Waerdinur gedacht. Sein Gesicht wollte in ihrer Erinnerung keine Gestalt mehr annehmen. Sie erinnerte sich auch nicht mehr an seine Stimme oder an die Lehren des Schöpfers, in denen er sie so sorgfältig unterwiesen hatte. Wie konnte all das so schnell weggewaschen worden sein? Schließlich legte sie das Rasiermesser einfach zurück und ließ ihr Haar wachsen.
    Das Leben geht weiter, oder nicht?
    Hier in Handelsguth war es auf alle Fälle weitergegangen, überall war Land gerodet und trockengelegt und gepflügt worden, und überall standen neue Gebäude, im Ort sah man neue Gesichter von Leuten, die auf der Durchreise waren, kurz Rast machten oder sich dort niederließen, um den verschiedensten Geschäften nachzugehen.
    Nicht alles hatte sich zum Guten gewandt. Clay war nicht mehr da, und seinen Laden führte jetzt ein betrunkener Idiot, der keine vernünftige Auswahl an Waren zu bieten hatte; zudem war das halbe Dach des Geschäfts eingefallen. Scheu handelte ihn auf eine altkaiserliche Goldmünze herunter und kaufte den Laden so, wie er war. Sofern da überhaupt viel war. Am nächsten Morgen machten sie sich alle an die Arbeit, als sei es der letzte Tag der Schöpfung. Scheu feilschte wie ein Henker mit der ganzen Welt, um Waren zu bekommen, Tempel und Lamm machten sich mit Hämmern und Nägeln am Gebälk zu schaffen, und es dauerte nicht lange, bis sich die Dinge fast wieder ein bisschen so anfühlten wie früher. Mehr, als Ro je erwartet hätte.
    Außer, dass sie manchmal an die Berge dachte und weinen musste. Und Lamm trug immer noch ein Schwert. Das Schwert, das er ihrem Vater abgenommen hatte.
    Tempel nahm sich ein Zimmer auf der anderen Straßenseite und hängte ein Schild über die Tür, auf dem stand: Tempel & Kahdia, Verträge, Buchhaltung und Holzverarbeitung .
    Ro sagte zu ihm: »Dieser Kahdia lässt sich aber selten blicken, was?«
    »Das wird sich auch nicht ändern«, sagte Tempel. »Aber man sollte immer jemanden haben, dem man die Schuld zuschieben kann.«
    Er widmete sich den Rechtsgeschäften, was für den größten Teil der Leute vor Ort einer Art Zauberei gleichkam, und die Kinder spähten in sein Fenster, um ihn abends bei Kerzenlicht schreiben zu sehen. Manchmal kam Ro zu ihm herüber und hörte ihm zu, wenn er über die Sterne sprach und über Gott und über Holz und über Gesetze, über all die vielen fernen Orte, die er auf seinen Reisen gesehen hatte, noch dazu in Sprachen, die sie noch nie zuvor gehört hatte.
    »Wozu braucht man einen Lehrer?«, fragte Scheu. »Mir hat man alles mit dem Gürtel beigebracht.«
    »Und jetzt guck mal, was dabei rausgekommen ist«, sagte Ro. »Er weiß sehr viel.«
    Scheu schnaubte. »Für einen weisen Mann ist er ein ziemlicher Idiot.«
    Aber einmal wachte Ro nachts auf und ging nach unten, weil sie nicht mehr einschlafen konnte, und dann sah sie die beiden, wie sie sich hinter dem Haus küssten. Und da war etwas an der Art, wie Scheu ihn anfasste, das gar nicht so aussah, als ob sie ihn wirklich für so einen Idioten hielt, wie
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