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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen
Autoren: Joe Abercrombie
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eine entschieden wenig heldenhafte Tonhöhe.
    »Und dann ihr alle, ihr Ärsche«, knurrte Lamm und hob sein langes Schwert.
    Sworbreck starrte Tempel über Coscas Schulter hinweg an, die Handflächen erhoben, als wollte er sagen: Was können vernünftige Menschen unter solchen Umständen ausrichten?
    »Drei!«
    »Warten Sie!«, rief Tempel. »Warten … warten Sie, verdammt!« Damit kletterte er von seinem Pferd.
    »Was zur Hölle soll das werden!«, fauchte ihm Scheu über die Befiederung ihres Pfeils hinweg zu.
    »Ich gehe den schweren Weg.«
    Tempel schritt langsam über den Hof, Matsch und Stroh schmatzten unter seinen Stiefeln, der Wind fuhr ihm leicht ins Haar und der Atem kalt in seine Brust. Er ging nicht mit einem Lächeln auf den Lippen, so wie Kahdia zu den Verzehrern gegangen war, als sie in den Großen Tempel eindrangen, schwarze Gestalten in der Dunkelheit, und er sein Leben für das seiner Schüler opferte. Es kostete ihn große Mühe, und er verzog das Gesicht, als bliese ihm ein Sturm entgegen. Aber er ging.
    Die Sonne hatte eine kleine Wolkenlücke gefunden und schimmerte auf den gezogenen Waffen, so dass jede Schneide und jede Spitze schmerzhaft hell hervorgehoben wurde. Er hatte Angst. Er fragte sich bei jedem Schritt, ob er sich in die Hosen machen würde. Das hier war nicht der einfache Weg. Ganz und gar nicht. Aber es war der richtige. Wenn es einen Gott gibt, dann ist er ein ernster Richter und sorgt dafür, dass jeder Mann das bekommt, was er verdient hat. Und so fiel Tempel im Dreck vor Nicomo Cosca auf die Knie, sah zu dessen blutunterlaufenen Augen empor und fragte sich, wie viele Männer der Alte in seiner langen Laufbahn umgebracht haben mochte.
    »Was wollen Sie?«, fragte er.
    Der frühere Generalhauptmann runzelte die Stirn. »Mein Gold natürlich.«
    »Das tut mir leid«, sagte Tempel. Das stimmte tatsächlich ein bisschen. »Aber es ist weg. Conthus hat es.«
    »Conthus ist tot.«
    »Nein. Sie haben den Falschen erwischt. Conthus hat das Geld genommen, und es lässt sich nicht zurückholen.« Er versuchte es nicht mit dem aufrichtigen Blick. Stattdessen sah er in Coscas erschöpftes Gesicht und sagte einfach nur die Wahrheit. Trotz seiner Angst, und trotz der großen Wahrscheinlichkeit seines unmittelbaren Todes und des eiskalten Wassers, das an den Knien durch den Stoff seiner Hosen sickerte, war es ein gutes Gefühl.
    Es folgte eine schicksalsschwere Pause. Cosca starrte Tempel an, und Scheu sah zu Tempel hinüber und Häcke zu Scheu und Süß zu Häcke und Freundlich zu Süß und Lamm zu Freundlich und Sworbreck zu ihnen allen. Alle angespannt, alle bereit, alle hielten den Atem an.
    »Sie haben mich verraten«, sagte Cosca.
    »Ja.«
    »Nach allem, was ich für Sie getan habe.«
    »Ja.«
    Die bebenden Finger des Alten gerieten in die Nähe seines Säbels. »Ich sollte Sie töten.«
    »Wahrscheinlich«, musste Tempel zugeben.
    »Ich will mein Gold, ich will mein Geld«, wiederholte Cosca, aber nun hatte sich ein ganz leicht klagender Ton in seine Stimme geschlichen.
    »Es ist weder Ihr Gold noch Ihr Geld. Das war es nie. Wieso wollen Sie es überhaupt?«
    Cosca blinzelte, und seine Hand verharrte unsicher dort, wo sie war. »Nun … ich kann es gut gebrauchen, um mir mein Herzogtum zurückzuerobern …«
    »Sie wollten das Herzogtum gar nicht, als Sie es noch hatten.«
    »Es … es ist … Geld.«
    »Sie mögen Geld doch eigentlich nicht. Wenn Sie welches haben, werfen Sie es sofort zum Fenster raus.«
    Cosca öffnete den Mund, um dieser Behauptung zu widersprechen, kapitulierte dann aber vor deren offensichtlicher Wahrheit. Er stand da, die Haut verschorft und gerötet, zitternd, zusammengesunken, gealtert noch über seine beträchtlichen Jahre hinaus, und sah zu Tempel hinunter, als ob er ihn zum ersten Mal vor sich hatte. »Manchmal«, raunte er, »habe ich das Gefühl, dass Sie überhaupt nicht so sind wie ich.«
    »Ich gebe mir die größte Mühe. Was wollen Sie?«
    »Ich will …« Cosca blinzelte zu den Kindern hinüber, zu Freundlich, der eine Hand auf die Schulter des ältesten Buckhorm-Sprösslings gelegt hatte und in der anderen das Beil trug. Dann zu Lamm, der grimmig wie ein Totengräber zu ihm herübersah, das Schwert gezogen. Dann zu Scheu, die immer noch den Bogen auf ihn richtete, und zu Häcke, der wiederum Scheu im Visier hatte. Er ließ die knochigen Schultern hängen.
    »Ich hätte gern die Chance, noch einmal von vorn anzufangen. Alles … richtig zu
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