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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis
Autoren: Giles Blunt
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hatte einen gezwirbelten Schnauzbart, der ihm bis unters Kinn reichte, und tief liegende Augen, die so dunkel waren, dass sie schon schwarz wirkten. Diese Augen richtete er auf Cardinal, und als er ihn wiedererkannte, brach er in ein Grinsen aus, das einem Filmstar zur Ehre gereicht hätte.
    »Arbeiten Sie neuerdings für den Naturschutz? Wolln Sie mich wegen irgend sonem Schonzeitscheiß drankriegen?«
    »Nein, ich hab nur gehört, Sie wären tot. Dachte, ich schau mal vorbei, um sicherzugehen.«
    Bressard runzelte die Stirn. Augenbrauen wie Eichhörnchenschwänze trafen über der Nase aufeinander.
    »Ich möchte Sie keinesfalls beunruhigen«, fuhr Cardinalfort. »Es geht da nur dieses Gerücht, Sie hätten das Zeitliche gesegnet. Vielleicht der Anfang für eine Stadtlegende.«
    Bressard blinzelte genau zwei Mal, um die Nachricht zu verdauen, bevor er zum zweiten Mal sein Filmstarlächeln auflegte. »Sie sind den weiten Weg hier rausgekommen, nur um zu sehen, ob’s mir gut geht? Ich bin gerührt, Mann, wirklich gerührt. Wie soll ich denn gestorben sein?«
    »Man erzählt sich, dass irgendjemand von auswärts – vielleicht einer von diesen finsteren Touristentypen, die sie auf die Jagd mitnehmen – es sich in den Kopf gesetzt hat, Sie umzulegen und im Wald zu verbuddeln.«
    »Also, eigentlich krieg ich um diese Jahreszeit nicht allzu viele Touristen zu sehen. Und wie Sie sehen, bin ich noch am Leben.«
    »Ich weiß – Sie sind nicht mal als vermisst gemeldet. Herbe Enttäuschung.«
    Bressard lachte.
    »Mit solchen Gerüchten müssen die Großen nun mal leben«, sagte Cardinal. »Jetzt können Sie wenigstens sagen, dass Sie mit Paul McCartney was gemeinsam haben.«
    »Machen Sie Witze? Ich seh zehnmal besser aus als der Typ. Kann auch besser singen.« Bressard stieg in seinen Ford Explorer und kurbelte das Fenster herunter. »Sie sollten mal zu nem Karaoke-Abend bei den Chinook rauskommen. Sie werden mich um ein Autogramm anbetteln.«
    Cardinal sah zu, wie Bressard Richtung Stadt an ebendem Wald vorbeifuhr, in dem der Trapper seinen mehr als angemessenen Lebensunterhalt verdiente.
     
    An der Kreuzung zwischen der Algonquin und der Umgehungsstraße zum Highway 11 kam Cardinal wegen eines Unfalls nicht weiter. Ein Traktor war mit seinem Anhänger auf die Gegenfahrbahn geschwenkt. Es gab keine Toten, doch der Verkehr kam nur stockend voran, solange sie versuchten,das Hindernis von der Straße zu bekommen. Cardinal hörte die Nachrichten und wartete. Der Vorsitzende des Provinzverbands der Neuen Demokraten umriss die Themen der Partei für die kommenden Wahlen: Gesundheitsreform, Kindertagesstätten zur Entlastung berufstätiger Mütter und höhere Mindestlöhne. Leider mochte Cardinal den Kerl nicht, auch wenn er ihm in allem, was er sagte, nur beipflichten konnte. Dann kam die Erwiderung von Premierminister Geoff Mantis, in der er die Opposition als die »Meister im Steuererhöhen und Geldausgeben« bezeichnete. Kein Zweifel, die Tories hatten die besseren Sloganschreiber. Sie schienen nur gar nicht auf die Idee zu kommen, die Regierung müsste vielleicht für irgendjemanden irgendetwas tun. Schließt die Krankenhäuser, macht die Schulen dicht, und alle sind zufrieden.
    Dann kam der Wetterbericht. Über dem größten Teil des nördlichen Ontario würde sich der Nebel halten, und danach gäbe es ein bisschen Regen. Ein Experte erklärte, warum diese komische Wärme nicht unbedingt ein Zeichen globaler Erwärmung war, sondern vermutlich nur eine statistische Abweichung darstellte.
    Cardinals Handy klingelte.
    »Cardinal.«
    Es war Mary Flower. Sie klang aufgeregt. »Cardinal, Sie müssen sofort zur Sackville Road raus – Skyway Service Centre. Delorme ist schon unterwegs.«
    »Wieso? Was ist los?«
    »Sie haben eine Leiche gefunden, so was Ähnliches jedenfalls.«
     
    Cardinal kehrte um und fuhr nach Westen Richtung Sackville Road. Der Nebel war in diesem Teil der Stadt dünner, nicht viel mehr als ein weißer Dunst. Nach einer Weile kam er an eine vergammelte Tankstelle. Skyway Service Centre, Reparaturen von Schneemobilen & Außenbordern . Verbeulte Wracksvon Schneemobilen waren wie buntes Kaminholz an eine Wand gestapelt.
    Als er aus dem Wagen stieg, hielt Lise Delorme hinter ihm.
    »Wir stehen schwer in Wudkys Schuld, Lise. Wir sollten den Richter bitten, ihm eine Woche extra aufzubrummen.«
    »Paul Bressard ist nicht tot?«
    »Paul Bressard ist nicht nur nicht tot, Paul Bressard erfreut sich bester
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