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Blutiger Spessart

Blutiger Spessart

Titel: Blutiger Spessart
Autoren: Guenter Huth
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Vorfalls erhofften.
    »Gestatten Sie?«, sagte Kerner zu seinem Vorgesetzten und wies fragend auf das Rednerpult. Der Präsident nickte.
    »Meine Damen und Herren«, verkündete Kerner über die Sprechanlage, »bitte beruhigen Sie sich. Die Gefahr dürfte vorüber sein. Entschuldigen Sie bitte den Schrecken, den Sie erleiden mussten. Auf mich wurde soeben ein Attentat versucht, das seine Ursachen mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem Fall hatte, für den ich in meiner vorherigen Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft zuständig war. Der Täter ist leider entkommen. Es tut mir leid, dass Sie in diese Situation mit hineingezogen wurden, aber der Schütze hatte offenbar den Auftrag, meine Ermordung spektakulär zu inszenieren, was ihm zum Glück nicht gelungen ist. Bitte verlassen Sie jetzt wieder den Raum, da dies hier ein Tatort ist und die Polizei die Spuren sichern muss. Auf den Schrecken hin sollten wir alle noch einen Schluck trinken.«
    Der ebenfalls als Gast anwesende Polizeipräsident steckte sein Handy ein, mit dem er gerade die Kripo alarmiert hatte.
    »Die Kollegen kommen so schnell wie möglich«, erklärte er. »Die Justizwachtmeister sollten bis dahin den Tatort absperren.«
    Was diese sofort taten.
    »Mein lieber Kerner, ich hätte nicht gedacht, dass man als Amtsgerichtsdirektor so gefährlich lebt«, stellte der Oberlandesgerichtspräsident kopfschüttelnd fest. »Sie sind ein schneller Schütze, das muss ich Ihnen attestieren. Ohne Ihre Reaktion wären Sie jetzt vermutlich tot. Trotzdem muss ich sagen, wenn jetzt die zukünftigen Direktoren meiner Amtsgerichte ständig Schusswaffen mit sich herumtragen müssen, um nicht erschossen zu werden, ist unser Rechtssystem an den Grenzen der Belastung angekommen.« Er schüttelte den Kopf. »Schicken Sie mir bitte einen ausführlichen Bericht, ich muss diesen Vorfall dem Ministerium mitteilen. Ich darf mich jetzt verabschieden.« Er gab den Anwesenden die Hand und verließ gemeinsam mit der Landgerichtspräsidentin die Aula.
    Kerner schickte Steffi ebenfalls in den Vorraum. »Ich denke, da passiert heute nichts mehr. Trink ein Glas Silvaner, das ist gut gegen den Schrecken. Ich komme gleich nach.«
    Brunner blieb neben der Tatwaffe stehen und betrachtete sie kopfschüttelnd.
    »So etwas Raffiniertes habe ich auch noch nicht gesehen. Der Rollator war reine Tarnung. So wie es aussieht, war der rechte Griff in eine einschüssige Waffe umfunktioniert. Saubere Arbeit, das muss man schon sagen. Zusammen mit seiner Maskerade als behinderter Journalist wäre er durch jede Kontrolle gekommen.«
    Als Kerner an diesem Tag mit Steffi nach Hause kam, riss er sich als Erstes die Kleider vom Körper und stieg unter die Dusche. Nach Verlassen der Dusche marschierte er im Bademantel ins Wohnzimmer, um sich einen Drink zu genehmigen. Dabei kam er am Telefon vorbei. Der Anrufbeantworter blinkte. Es war eine Nachricht aufgesprochen. Er zögerte kurz, bevor er die entsprechende Taste drückte und die Nachricht abhörte. Als er die Stimme eines Jagdfreundes erkannte, der bei ihm im Revier ab und zu nach dem Rechten sah, atmete er unwillkürlich auf.
    »Hallo Simon«, erklärte der Anrufer, »der Buschbrenner hat mich angerufen, weil er dich nicht erreichen konnte. Er hat heute den Mais oben am Verbindungsweg geerntet. Dabei hat er mitten im Acker einen Wildschweinkadaver gefunden. Ich bin gleich hingefahren und habe mir das angesehen. Die Sau war schon ziemlich mitgenommen, aber man konnte noch deutlich erkennen, dass sie erschossen worden war. Hat da oben in den letzten Wochen mal einer auf ein Wildschwein geschossen und es ist nicht liegen geblieben? Du kannst mich ja mal anrufen, wenn du die Nachricht abhörst.« Der Anrufer legte auf.
    Kerner war völlig sprachlos. Er hatte sich in der besagten Nacht also nicht getäuscht und tatsächlich auf ein Wildschwein geschossen! Das war aber offenbar nicht gleich liegen geblieben, sondern im Maisfeld noch ein ganzes Stück weitermarschiert.
    War es Zufall oder geplant, jedenfalls musste jemand zeitgleich in dieser tragischen Nacht auf Ricardo Emolino geschossen haben, und Kerner, der die Leiche fand, hatte gedacht, er wäre es gewesen.
    Manchmal schlug das Leben schon die seltsamsten Kapriolen. Wäre er in jener Nacht nicht auf die Jagd gegangen … Er zuckte mit den Schultern und legte das Thema für sich zu den Akten. Er war sich sehr sicher, dass dieser Mord an Ricardo Emolino niemals aufgeklärt werden würde.
    Steffi und er setzten
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