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Blutiger Spessart

Blutiger Spessart

Titel: Blutiger Spessart
Autoren: Guenter Huth
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Festungsmauer. Diese Gelassenheit täuschte jedoch. Er behielt die unmittelbare Umgebung der beiden Gesprächspartner scharf im Auge.
    Der mit Renato Angesprochene zuckte mit den Schultern. Sein Äußeres zeichnete sich durch eine gewisse Sportlichkeit aus, wirkte aber deshalb nicht weniger gepflegt. Er war kräftig und muskulös – das Ergebnis regelmäßiger Besuche eines Studios. Man sah ihm nicht an, dass er die Fünfzig schon überschritten hatte.
    »Don Pietro, sie wissen, wie gefährlich die Angelegenheit ist. Er ist ausgesprochen misstrauisch, und wenn er nur den geringsten Verdacht hat, lande ich mit Betonschuhen im Main.«
    Der Alte zuckte mit den Schultern. »Was willst du nun, weiterkommen oder ewig für ihn den Consigliere spielen, der die heißen Kastanien aus dem Feuer holen muss? Die Familie wird aufatmen, wenn der alte Tyrann beseitigt ist. Du hast doch gesagt, du bist sicher, dass sie auf deiner Seite stehen werden.«
    »Schon, aber besser wäre es, wenn es nach einem Unfall aussieht. Wenn man mich direkt mit seinem Tod in Verbindung bringt …«
    »Mach dich nicht lächerlich. Es geht schließlich nur ums Geschäft.«
    »Also, gut«, gab der Consigliere tief durchatmend zurück, »ich kenne da einen guten Mann, der das zuverlässig erledigen wird. Billig wird das allerdings nicht.«
    »Das ist kein Problem. Sag mir, was es kostet, und ich stelle dir den erforderlichen Betrag zur Verfügung. Heute tue ich dir einen Gefallen – und morgen werde ich dich vielleicht um einen bitten.«
    Er machte eine kleine Pause, dann fuhr er mit ruhiger Stimme fort: »Vergiss nicht unsere Abmachung. Ich übernehme die Prostitution in der ganzen Stadt und im Landkreis Main-Spessart, dafür bekommst du die Einkünfte aus dem Drogengeschäft.«
    Renato nickte.
    »Wenn die Angelegenheit erledigt ist, wirst du es ja erfahren. Bis dahin keine Kontakte mehr.«
    Der Alte nickte, dann gab er seinem Chauffeur ein Zeichen und schlenderte langsam weiter.
    Renato Mallepieri hingegen drehte sich um und eilte in die entgegengesetzte Richtung davon. Als er an dem Leibwächter des Alten vorbeimarschierte, schenkte der ihm keinen Blick.
    Don Pietro Vasselari hatte es nicht eilig. Er genoss die schöne Aussicht. Man konnte dabei sehr gut nachdenken.
    Mallepieri war für ihn lediglich eine nützliche Marionette, die er in diesem Spiel an den Fäden hielt. Wenn der Consigliere seinen Paten beseitigte, hatte er ihm die Drecksarbeit abgenommen. Der Pate der Würzburger Mafiafamilie wollte auf keinen Fall mit der Beseitigung des Konkurrenten aus dem Spessart in Verbindung gebracht werden. Das hätte in alle Familien große Unruhe gebracht. Später Mallepieri zu beseitigen war sicher keine große Angelegenheit. Schon seit längerer Zeit hatte Vasselari ein Auge auf die Geschäftsbereiche Don Emolinos geworfen. Wie es aussah, steckte der Alte in Schwierigkeiten mit der Justiz. Das bedeutete, dass das Alphatier der Emolinofamilie schwächelte. Ein guter Zeitpunkt, um sich sein Revier anzueignen. Sollte Mallepieri versagen, konnte man immer noch andere Methoden ins Auge fassen, um Emolino vom Thron zu stoßen.
    Renato Mallepieri hatte durch das Treffen mit dem Paten der Konkurrenzfamilie Vasselari einen Schritt getan, der nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Das war ihm voll bewusst. Er war jetzt ein Verräter. Er hatte sich auf ein höchst riskantes Unternehmen eingelassen, aber wenn er sein Ziel, nämlich an die Spitze der Familie aufzusteigen, erreichen wollte, gab es keinen besseren Zeitpunkt. Der Thron des schwer angeschlagenen Don Francesco Emolino wankte. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft in Würzburg hingen ihm seit fast zwei Jahren an den Fersen und hatten sich wie eine Meute Terrier an ihm festgebissen. Mallepieri war davon überzeugt, dass die Staatsanwaltschaft eher früher als später zuschlagen würde. Die Gefahr, dass der Alte auspackte, wenn er merkte, es ging ihm an den Kragen, durfte man nicht unterschätzen. In diesem Fall würden viele Köpfe rollen, unter anderem auch seiner. Deshalb war er sicher, dass er die meisten Mitglieder der Familie schnell auf seine Seite ziehen konnte, wenn Don Emolino etwas zustieß und er überraschend aus dem Leben schied. Und für die, die nicht kooperieren wollten, gab es andere Lösungen.
    Don Pietro war keinen Deut besser. Ein gefährlicher weißer Hai, der in den Gewässern der Mafia schwamm und dort rücksichtslos auf Beute lauerte. Mallepieri hatte keinen Zweifel daran,
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