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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling
Autoren: Barbara von Bellingen
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buntscheckig gekleidete Kerle mit Federbaretten, aufgeputzt wie zu einem Tanz. Auch sie brüllten jetzt aus rauen Kehlen, stießen ein Feindgeschrei aus, dass einem die Ohren gellten.
    Das Dröhnen der Trommeln war angeschwollen. Den sanften Hang hinunter marschierten die Truppen des Truchsess heran – viele, viele Karrees, überwallt von bunten, im sanften Wind sich blähenden Fahnen, starrend von langen Spießen, deren scharfe Spitzen im Sonnenlicht funkelten. Es waren unzählige Lanzknechte, die da im Schnellschritt herannahten – Söldner, in vielen Feldzügen erprobt, erfahren im Töten. Der Verlorene Haufen schwenkte seitwärts ab, beschrieb einen Bogen, ließ den vorrückenden Bauernhaufen einfach durch ...
    »Warum tun sie das?«, fragte Anna Elisabeth zitternd an Balzer gewandt. Der beobachtete das Geschehen mit glühenden Augen. »Sie haben schlicht und einfach keine Lust, sich aufspießenzu lassen«, sagte er. »Wenn sie den Angriff überstehen, sind sie ja frei ...« Er saß ab und griff seinem Pferd mit harter Hand in die Mähne, so dass es erschrocken schnaubte. »Nun wird es ernst«, fügte er hinzu, ohne Anna Elisabeth anzusehen, »nun zeigt sich, ob die Bauern das Glück noch einmal auf ihre Seite zwingen können!«
    Im Lager des Hellen Haufens hatten jetzt endlich alle Truppen Aufstellung genommen. Auch hier wurden Trommeln gerührt, ihr trockenes Rasseln erfüllte die Luft. Und noch ein anderer Klang mischte sich da hinein – Anna Elisabeth konnte Melodie und Worte eines alten Pfingstliedes hören, die aus tausenden heiserer Männerkehlen zu ihr heraufschallten: »Komm, Heil’ger Geist ... kehr bei uns ein ...«
    Welle um Welle rückten die Bauern vor; schon einmal hatte Anna Elisabeth so etwas gesehen – vor Weinsberg, am Ostertag. Jetzt wie damals flößte ihr der Anblick der vielen mehr oder weniger ungeordnet vorwärts schreitenden Männer eine würgende Angst ein. Nur beiläufig sah sie die anderen, die unter der schwarzen Fahne, die wie die Lanzknechte in einer festen Ordnung dem Feind entgegenzogen und dabei nicht sangen.
    Die Männer begannen zu laufen. Nach wenigen Augenblicken trafen die Schlachtreihen aufeinander. Unter gesenkten Spießen sanken die ersten Krieger auf der blühenden Wiese nieder. In das Donnern der Trommeln und das Krachen der letzten Musketenschüsse mischten sich wütendes Feindgeschrei und das Stöhnen der Sterbenden. Dann, plötzlich, herrschte im Talgrund ein unbeschreibliches Getümmel – ein Durcheinander aus langen Spießen, stolpernden, stürzenden Bauern und Söldnern, blitzenden Kurzschwertern, die in Menschenleiber fuhren ...
    Anna Elisabeth, zitternd und wie gelähmt vor Schrecken, konnte den Blick nicht abwenden von diesem Chaos derKämpfenden. Alles schien sich rot zu färben – der Rasen, die bunte Kleidung der Lanzknechte, die weniger bunte der Bauern. Immer mehr Trupps in sauberer Schlachtordnung näherten sich vom blühenden Flachsfeld her, immer lauter dröhnten und rasselten die großen Trommeln, immer entsetzlicher schallte das Feindgeschrei der gegnerischen Lanzknechte zu ihr herauf. Von der einen Seite her näherten sich jetzt auch Reiter in funkelndem Harnisch und mit wehenden bunten Federn auf den blitzenden Helmen – Edle, die prunkend ihre Wappen auf den Schabracken ihrer Rosse zeigten. Sie galoppierten das Tal hinab, fielen aus der Flanke in die Reihen der Bauern ein und metzelten sie nieder ...
    Aus dem Wäldchen brach ein zweiter Reitertrupp hervor. Diese Männer protzten nicht mit glänzendem Panzer und Federschmuck. Sie sahen dunkel aus – beinahe schwarz aus der Entfernung –, und einer von ihnen ritt einen mächtigen Falben.
    Sie stürzten sich in die Schlacht, drängten die schillernden Ritter ab, verwickelten sie in Schwertkämpfe. Einer von ihnen wurde vom Pferd gehauen. Der auf dem großen Falben kam ihm zu Hilfe, half ihm auf, zerrte ihn aus dem dichten Getümmel. Dann war er wieder mitten im Gewirr der am Boden Kämpfenden – hieb auf Landsknechtsschädel ein, fällte einen nach dem anderen, mähte sie nieder wie ein Kriegsgott ...
    »Albrecht«, flüsterte Anna Elisabeth, »Albrecht ... !« Plötzlich nahm sie nichts mehr wahr als diesen einen Reiter. Sie packte die Zügel ihres Pferdes, setzte dem Tier die Fersen in die Flanken und spornte es zu wildem Galopp. Ein wilder Schrei kam aus ihrem Mund, und sie stürmte den Hügel hinab.
    »Bist du wahnsinnig geworden?«, gellte Balzers Ruf hinter ihr her, doch sie hörte
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