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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling
Autoren: Barbara von Bellingen
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verschanzen, solange es nötig ist.«
    »Dann ist die Sache endgültig verloren?«
    »Ja. Es gibt keinen Weg mehr, die Fürsten zu zwingen.« »Und der Helle Haufen? Wir hatten doch noch mehr als viertausend Mann unter Befehl ...«
    »Sie sind gefallen oder geflohen«, war die knappe Antwort. »Viertausend ...«, flüsterte Albrecht.
    »Vierzigtausend insgesamt«, erwiderte Florian Geyer bitter, »wenn das reicht.«
    Sie fielen in Schweigen. Nach einer Weile fragte Albrecht: »Wollt Ihr, dass ich mit Euch reite, Vetter?«
    »Nein«, sagte der Geyer. »Was jetzt kommt, muss jeder für sich allein durchstehen. Der Kaiser wird ein scharfes Wort sprechen über mich und die Meinen ...«
    »Das fürchte ich nicht«, erwiderte Albrecht. »Ich habe ja noch –«
    Er verstummte abrupt. Ein Bild leuchtete wie ein greller Blitz vor seinem inneren Auge auf. Jemand hatte ihn gerufen in derSchlacht ... es war eine junge Frau gewesen ... eine mit braunen Augen von unbeschreiblichem Zauber ...
    Weitere Bilder blitzten auf. Anna hatte seinen Namen gerufen, und sie war es gewesen – ohne Zweifel. Wie war sie auf das Schlachtfeld gekommen, mitten ins Getümmel? Jedenfalls musste sie umgekommen sein ... er hatte im Stürzen noch den Kerl gesehen, der sie über den Kopf geschlagen und weggezerrt hatte. Sie hatte schlaff in seinen Armen gehangen ... eine Tote ...
    Er wandte sich von Florian Geyer ab. Tränen brannten plötzlich in seinen Augen. »Nein«, murmelte er, »ich habe auch nichts mehr, woran ich mich halten kann. Mit diesem letzten Gefecht ist mein Leben zu Ende gegangen.«
    »Und Eure Gemahlin? Die wartet auf Euch. Es heißt auch, der Junge, der die Gräfin Helfenstein gerettet hat, stamme aus Eurem Hause ...« Florian Geyer schenkte Albrecht ein schmales Lächeln. »Ihr habt vielleicht nichts zu fürchten.«
    »Selbst wenn dieser Christoph einer der Meinigen gewesen wäre – es würde mir nichts nützen«, gab Albrecht trostlos zurück. »Denn Anna ist gefallen – beinahe an meiner Seite.«
     
    Das weiche Waldgras war überall rot gesprenkelt. Die Flecken leuchteten; sie sahen aus wie Blut ...
    Anna Elisabeth strengte die Augen an. Sie selbst schien auch mit diesem Rot besudelt, aber sie fand keine Wunde an ihrem Körper – nur eine Beule am Hinterkopf, die übel schmerzte. Unweit von ihr graste ein gesatteltes Maultier, sorgfältig die roten Gräser vermeidend.
    Anna Elisabeth horchte. Nirgends ein Laut, nur die Vögel zwitscherten ... und die Sonne schien im Sinken ...
    Wo war sie? Wie war sie in diesen Wald gekommen? Mühsam versuchte sie ihre Gedanken zu sammeln. Neben ihr regte sich etwas. Da lag jemand auf der Seite ... Balzer. Er blickte sie mit glanzlosen Augen an.
    »Was tun wir hier?«, fragte sie ihn verwirrt.
    Er lächelte sein nichtsnutziges Lächeln. »Nun ist er gefallen, dein Edelherr«, kam es wie ein matter Hauch von seinen Lippen, »und ich kann dich trotzdem nicht gewinnen ...«
    »Was?« Anna Elisabeth verstand nicht.
    »Ein Armbrustbolzen hat mich erwischt«, flüsterte Balzer. »Ist es nicht zum Lachen? Einmal im Leben hatte ich die Möglichkeit, das Glück zu packen zu kriegen, und jetzt ...«
    »Was redest du denn da?«, fragte sie verwirrt. Dann flammten plötzlich Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Ein großes falbes Pferd ... Albrecht stürzte, versank in einem wüsten Chaos von kämpfenden Lanzknechten ...
    »Ich mach’s nicht mehr lange, Mädchen«, wisperte Balzer, »du bist auf dich selbst gestellt ... kann dich leider ... nicht weiter begleiten ...«
    »Was redest du denn da?«, wiederholte sie verständnislos.
    »Glaub mir«, hauchte er mühsam, »ich hab Erfahrung ...« Er stieß ein tonloses Lachen aus, das sie seltsam berührte. »Lange genug hab ich mein Fell verkauft ... an die verschiedensten Herren ... und als ich’s satt hatte und mir ein Nest bauen wollte ...« Er lachte noch einmal. »Es hat mich doch getroffen«, fügte er leise hinzu. »Einmal Lanzknecht, immer Lanzknecht ... und das auch noch ... für eine aussichtslose Sache ...«
    Sie betrachtete ihn genauer. Aus seiner Brust ragte ein kurzer hölzerner Schaft hervor, unter dem der Stoff seines Wamses blutdurchtränkt war. Ein dünner dunkler Strom sickerte unaufhörlich an seiner Seite hinab und hatte neben ihm im Gras schon eine beträchtliche Lache gebildet.
    Hastig bückte sie sich und versuchte, vom Saum ihres Hemdes einen Streifen abzureißen.
    »Lass gut sein«, lächelte Balzer, »du brauchst deine Kleidung
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